Korn - See you on the other side
Virgin / EMIVÖ: 02.12.2005
Kopflos
Das Ende einer Beziehung ist oft mit Schmerzen verbunden. Zumeist mit seelischen, manchmal aber auch mit körperlichen. Man erinnere sich an das Ende von Take That. Da wurde geweint, geflucht und sich gefreut. Das Ende der ersten Ära Backstreet Boys wurde eher lautlos eingeläutet. Ein stilles Schweigen im Wald der massenkompatiblen Radioberieselung. Andere Zugpferde ließen sich vor den Karren spannen: Zuletzt vernahm man gar einen von Schnewittchens Zwergen mit roter Kappe im Dudelradio, der irgendwas von "Behind blue eyes" trällerte. Das nervte und war wahnsinnig unwichtig. Die Idee der Entwicklung von Boygroups zu wilden Rockern mußte überdacht werden. Denn das Genre hatte seine Relevanz längst überlebt. Der New Metal seine Blaupause auch. Das Räderwerk geriet ins Stocken. Im Jahre 2005 gehört dies zum empirischen Wissen. Um dies zu erkennen, braucht man Köpfchen. Die Gruppe Korn hat ihres verloren. Und das hört man.
Brian "Head" Welch ist Christ geworden. Sein Glaube verweigerte eine weitere Zusammenarbeit mit seinen heidnischen, pornofilmdrehenden Kumpanen. Wo Head sein Kreuz zur Beichte trägt, strecken Korn ihre verdorbenen Mittelfinger in die Höhe. Sie geißeln das Allstarproduzententeam The Matrix, welches durch produktive Koalitionen mit Popgiganten wie Britney Spears oder Ricky Martin in die inhaltliche Leere gerutscht ist, sowie Atticus Ross, der neben P!nk auch schon Nine Inch Nails betreute.
Die helfenden Regelschieber lassen ihren Input deutlich hören. Der Background ist Industrial. Die Melodieführung poppig. Richtig: Das ist ausgelutscht, und zwar bis zur letzten Faser. Da ein kräftiges Riff, hier ein slappender Bass, dort eine bombastische Produktion. Umorientierung recht und schön, das hat schon bei Slipknot funktioniert, und das wollten wir längst von Korn hören. Aber wenn diese Fear-Factory-für-Arme-Neuausrichtung die einzig mögliche Alternative ist, hätte man es vielleicht doch vorgezogen, wenn Korn nach "Untouchables" und "Take a look in the mirror" weitere zehn Platten mit ihren uralten Standards gefüllt hätten. Tracks wie die mittelmäßige Single "Twisted transistor", das schrecklich uninspirierte "Hypocrites" oder das Popstück "Coming undone" ziehen die Langeweile wie Kaugummi aus den Mündern der 14jährigen EMP-Katalog-Leser. Mit "Getting off", das Korn vielleicht "kompromißlos" nennen würden, wir aber nur "melodiearmes Geprügel", überreizt man dann schließlich die Geduld.
Man will die Flinte schon ins Korn werfen, doch es kommt anders. Und zwar mit dem für Kornsche Verhältnisse überraschend mutig arrangierten Ausklang der Platte. "Seen it all" zeigt mit sechs Minuten Länge und verwischter opulenter Instrumentierung zumindest interessante Ansätze. Und der folgende, ganz ohne Gitarrenbreitseite auskommende Schlußtrack versetzt die Augenbraue in Spannung. Versuchen wir es mal mit einer Hypothese: Würde "See you on the other side" mit dem letzten Track "Tearjerker" als Opener ins Rennen gehen, hätte selbst das geschulte Ohr eines der immer rarer werdenden Fans Probleme, die Erzeuger dieses mystischen, brodelnden und emotionalen Stückes zu erraten. Danach wären alle überrascht und würden denken: "Och, na da wird sicherlich wieder was draus. Gut, daß der Welch endlich in den Sack gehauen hat." Jaja, Veränderung und so. Pustekuchen. Korn werden ihre Hypothek wohl nicht mehr abbezahlen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Tearjerker
Tracklist
- Twisted transistor
- Politics
- Hypocrites
- Souvenir
- 10 or a 2-way
- Throw me away
- Love song
- Open up
- Coming undone
- Getting off
- Liar
- For no one
- Seen it all
- Tearjerker
Im Forum kommentieren
The MACHINA of God
2021-04-30 18:42:48
Zum Ende hin richtig interessant das Album. Aber halt nur da. Sonst wie immer: kloppt ganz gut.
Eurodance Commando
2021-04-30 18:02:16
Das Video ist das beste, was Korn je gemacht haben.
Der Anfang vom Ende.
Felix H
2021-04-30 17:28:59
Das Video ist das beste, was Korn je gemacht haben.
KingAdRock
2021-04-30 11:44:10
Twisted Transistors ballert auch ganz gut. Und dazu dieses herrliche Video: "This Song ain't about booty, it's about transistors"
The MACHINA of God
2018-11-28 18:12:16
It's funky, it's heavy, it's dark, and sometimes, industrial-tinged. Working with so many different people and everything, it's made it out to be a really well-rounded album of a lot of different things. It's definitely Korn, it's definitely groove-oriented. But it's our most experimental album to date. We're very excited. We're all sitting around, when we listen to it, looking at each other going, 'I can't believe that's us.' I think people are really going to dig it.
Das meint JOnathan Davis. Bei "I can't believe that's us" mussste ich schon echt lachen.
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