Wolf Parade - Apologies to the Queen Mary

Sub Pop / Cargo
VÖ: 28.10.2005
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Good news

"I'm not in love with the modern world." Nicht, daß man das nicht hören würde, aber Dan Boeckner muß es trotzdem nochmal betonen. So wie Wolf Parade vieles betonen müssen: Diese Band will nicht falsch verstanden werden, sie will, daß man ihr zuhört. Längst hat sich über den großen Teich herumgesprochen, daß die kanadische Indie-Szene das nächste große Ding ausbrütet, daß Isaac Brock, Mastermind von Modest Mouse, die Band persönlich so sehr schätzt, daß er sich hinter die Regler gesetzt hat. Da besteht die Gefahr, daß man vor lauter gespanntem Kribbeln gar nicht mehr richtig auf die Musik achtet. Ein Fehler, wie sich leicht zeigen läßt.

Dieses Kippelnde, diese Orgel, diese Unruhe; Wolf Parade machen hibbelig. Keine einfache Band, ein Klotz im Ohr, von dem man trotzdem schon nach dem ersten Hören weiß, daß man ihn bald lieben wird. Was es eigentlich ist, dieses gewisse Etwas, das die Band auszeichnet, ist schwer zu fassen und noch schwerer zu benennen. Es muß sich irgendwo in den kunstvollen Arrangements verstecken. Inmitten der weinerlichen Eingängigkeit, der skurrilen Parolenhaftigkeit, der trotzigen Schönspielerei. Widerborstig im besten Sinn fallen die Entschuldigungen an die Queen Mary aus. Und es drängt sich der Verdacht auf, daß in Montreal die Indie-Waisen an den Bäumen der öffentlichen Parks wachsen. Nur pflücken muß man sie wohl noch, die brillianten Songideen.

Wolf Parade haben sich jedenfalls reichlich bedient: Der Zitatenschatz des Indie-Pops wurde auf links gekrempelt. Hier klingt jeder Song so toll, daß es ihn sicher schon mal irgendwo gegeben hat. Hat es aber nicht, und das macht auch gar nichts! Denn jetzt ist er ja da, steht im Raum und macht sich unendlich breit. Theatralisch fährt "Same ghost every night" auf den Hörer hernieder, befreit sich "You are a runner and I am my father's son" aus seinen weitgespannten Komplexen: "I was a hero / Early in the morning / I ain't no hero / In the night." Wenn Wolf Parade den eigenen Tönen hinterherleiern, immer einen Schritt zu spät, ist das Slackertum. Wenn Dan Boeckners Stimme quengelig und quer über dem restlichen Arrangement stelzt, ist das großer Zirkus. Emotion läßt sich manchmal nur ausdrücken, wenn sie ungefiltert kommt, nicht on time, aber im rechten Moment.

Und trotzdem: Bei aller Versponnenheit folgen diese Songs den einfachen Mustern. Fallen bei jedem Hören leichter und machen umso mehr Spaß, je mehr man sich in ihnen auskennt. Man kann ihnen überall hin folgen, auch oder gerade auf die Tanzfläche. Gemeinsam zum Höhepunkt und nie wieder davon runter. Da seien wir Herrn Boeckner doch glatt mal dankbar, daß er die moderne Welt wohl auch in der nahen Zukunft nicht schätzen lernen wird.

(Thorsten Thiel)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Modern world
  • I'll believe in anything
  • This heart's on fire

Tracklist

  1. You are a runner and I am my father's son
  2. Modern world
  3. Grounds for divorce
  4. We built another world
  5. Fancy claps
  6. Same ghost every night
  7. Shine a light
  8. Dear sons and daughters of hungry ghosts
  9. I'll believe in anything
  10. It's a curse
  11. Dinner bells
  12. This heart's on fire
Gesamtspielzeit: 47:54 min

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saihttam

2024-05-24 00:44:07

Oh sehr schön! Habs auch in den letzten Wochen wieder richtig lieben gelernt, nachdem ich das Album sehr lange nicht mehr gehört hatte.

KeesPopinga

2024-05-23 23:38:24

Große Musik! Sehr gut gealtert. Ich hatte es fast vergessen…mindestens 9/10. Und „I‘ll believe in anything“ ist ein unfassbar großer Song!

saihttam

2022-01-21 12:07:30

Genau dieses Wechselspiel der beiden Sänger und Songwriter fand ich damals, als ich sie kennengelernt habe, auch so genial. Das war aber erst zu Zeiten von Expo 86. Hab das Album jetzt aber auch schon ewig nicht mehr gehört sollte ich mal wieder tun.

fakeboy

2022-01-20 21:15:00

Da schliess ich mich an. Shine A Light, Dear Sons And Daughters, This Heart's On Fire... Good memories! 9/10, da zieh ich mit. Super Platte, super Band. Vergess die komischerweise zwischendurch immer wieder. Die beiden Sänger sind sehr eigen und die Band setzt das geschickt ein, in dem sie sich fast immer abwechseln. Ein Song Spencer, ein Song Dan und bei jedem Song denke ich "DER ist der bessere Sänger" und dann beim nächsten "ach nein, DER ist der bessere Sänger". Ging mir auch live so bei den 2mal die ich sie gesehen habe.

Deaf

2022-01-20 20:19:35

Hatte das Album schon fast vergessen, aber ja, ist auch heute noch fantastisch und hat so viele Highlights. 9/10 kann man da durchaus zücken.

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