Die Kleinen Götter - Der Schatz der Riffpiraten
Mossbeach / Al!veVÖ: 19.09.2005
Zeit für Atheisten
Im Rahmen unserer losen Reihe "Plattentests frischt die Allgemeinbildung auf" wollen wir uns heute mal mit den Göttern der Antike beschäftigen. Griechen und Römer hatten ja bekanntlich eine ganze Reihe von Göttern. Allgemein bekannt ist Jupiter, der Göttervater. Neptun ist der Gott der Meere, Venus die Göttin der Liebe und Bacchus der Gott der Völlerei. Bisher unbekannt sind die Götter der Langeweile und Uninspiriertheit. Sie wurden und werden eher selten angebetet (Ausnahme: wenn Hera Lind einen neuen Roman schreiben will oder Bon Jovi ein neues Album aufnehmen), deswegen bezeichnet man sie umgangssprachlich auch als Die Kleinen Götter.
Der Bodensee ist zu Recht nicht gerade als Epizentrum der Subkultur bekannt, aber das wollen vier junge Herren ändern. Schon das jugendbuchmäßige Artwork der CD gibt einen Vorgeschmack auf das, was 14 Songs offensichtlich machen: Diese Jungs haben die Kreativität mit großen Löffeln gefressen - leider, ohne vorher auf das Mindesthaltbarkeitsdatum zu achten. Denn was hier auf den Hörer losgelassen wird, ist ungefähr so unterhaltsam wie ein Abend mit Fips Asmussen.
Die Musik liegt irgendwo zwischen Punkrock und Indie und rauscht ohne größere Widerhaken durch die Gehörgänge. Was "Der Schatz der Riffpiraten" aber zu einer echten Besonderheit macht, sind die Texte, denen man leider nicht entgehen kann, wenn man der deutschen Sprache mächtig ist. Gut, Reime müssen nicht zwangsläufig sein in Zeiten der Postpostmoderne. Und auch pubertäre Kritzeleien wie "Misty May" kann man mit viel Wohlwollen noch als irgendwie ironisch gemeint auffassen. Aber was sich Sänger Till Grusche hier ausgedacht hat, geht auf keine Kuhhaut mehr. Dafür auf die Nerven.
"Diese Welt hat schon viel Elend gesehen", heißt es in "Tage wie diese", und dieser Satz ist zwar durchaus korrekt, bereitet aber nur notdürftig auf das vor, was uns auf diesem Album noch erwartet. In jedem Jugendzentrum dieser Republik wird man mindestens eine Schülerband finden, deren dritte Probe spannender ist als dieser Tonträger, dessen beste Songs das Prädikat "langweilig" verdienen. Der Rest ist einfach anstrengend bis unverschämt.
Natürlich kann man sich vorstellen, daß es auch diesmal wieder Cordhosenträger mit Trainingsjacken geben wird, die das alles wahnsinnig distanziert und ironisch finden. Diese ganzen Querverweise auf die Popkultur und so, das hat es ja seit Tocotronic 1995 nicht mehr gegeben. Aber das war eigentlich auch ganz gut so.
Highlights & Tracklist
Highlights
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Tracklist
- Unsterblich
- Louis
- GlaubeLiebeHoffnung
- Springen
- Hotel mit Meerblick
- 1976
- Misty May
- Tage wie diese
- R.B.Y.P.
- Wenn Annika träumt
- Kleine Sterne
- Investieren, Baby
- Nur für dich
- Seattle ist tot
Referenzen