The Offspring - Conspiracy of one
ColumbiaVÖ: 14.11.2000
Sturm im Wasserglas
Wenn einem 1994 plötzlich wieder hordenweise Halbwüchsige mit ampelfarbenen Haaren entgegen kamen, so konnte das exakt zweierlei Gründe haben: Der unwahrscheinlichere von beiden war, daß die Bengel einen zu tiefen Blick in die Plattensammlung ihrer zu Urzeiten unheimlich aufständischen Eltern geworfen haben. Viel naheliegender aber schien, daß sie auf den Trendzug aufgesprungen sind, der wie aus dem Nichts plötzlich wieder Charts und Jugendkultur erfaßte. An dessen Spitze standen seinerzeit The Offspring und Green Day, die mit "Self esteem" und "Basket case" amtliche Hits im Reisegepäck hatten. Eine neue Art von "Punkrock without attitude" war geboren, die fehlende Coolness und halbgare Rebellionshaltung durch Massenkompatibilität wieder wett machte. Nach dem großen Hit und mehrerer mäßig origineller Alben wurde es still um beide Bands. Während Green Day der zweite Tophit hierzulande bis heute versagt blieb, kam für Offspring mit "Pretty fly (For a white guy)" der Goldesel wieder zurückgetrabt. Mit dem Erfolg ging zwar auch der letzte Rest ihres Rufs flöten, doch bewiesen The Offspring damit eindrucksvoll, daß sie noch mit den Rotzlöffeln der noch neueren Schule mithalten können, wenn sie sich mindestens genauso unverschämt eingängig wie 'A' oder unverblümt-albern wie Blink 182 präsentieren.
Obgleich die Tracklist von "Conspiracy of one" es dem flüchtigen Blick Glauben machen möchte: sehr viel verändert hat sich seit 1994 nicht. Nach dem trotzigen "Come out and play" von "Smash" eröffnet ihr neues Album nun das flockige "Come out swinging", was als Songtitel wohl doch besser auf dem neuen Green Day-Album aufgehoben wäre. Keinen geringeren Etikettenschwindel tischt uns "Dammit, I changed at all" auf. Auch wenn die Poppigkeit des Vorgängers zumindest in Spuren wieder abgelegt wurde, macht "Conspiracy of one" weiter, wo "Americana" aufgehört hat: Schmissige Melodien und schneidende Gitarren in Kombination mit einem Frontmäher, der die Bezeichnung "Sänger" weniger denn je verdient hat. Wenn dann das eine oder andere feinmotorischere Stück auf "Conspiracy of one" abgetretene Pfade verläßt, macht sich gerade Dexter Holland als wunder Punkt von The Offspring bemerkbar: Auch wenn gerade in der Vergangenheit mehr als nur der eine oder andere Song stärker war als Dexters Zerstörungswut, kann sein rotziges Organ einem ausgefeilten Song zu leicht die Schärfe nehmen, die manchen Kompositionen ohnehin schon fehlt. Gerade in diesen Momenten steht die Band plötzlich allein auf weiter Flur und gibt der unentschlossenen Tiefstapelei des Albumtitels damit ihren Sinn zurück.
Wer sich allerdings noch nie daran störte und so bereits alle anderen Alben von The Offspring ins Herz geschlossen hat, wird auch "Conspiracy of one" dankbar die Tür öffnen. Denn für den einen oder anderen Moment der kindlichen Freude sind The Offspring immer noch gut. "Living in chaos" bringt im Nu die Wände zum Wackeln, "One fine day" legt den obligatorischen zweiminütigen Schunkel-Kracher vor, während sich "Want you bad" oder "Million miles away" eine gemütliche Sitzecke in die Ohrmuschel stellen, um sich häuslich einzurichten. Rot sehen wird die Spießerfraktion allerdings wegen "Conspiracy of one" nach 1977 und 1994 bestimmt kein drittes Mal. Denn wenn The Offspring sich schon verständlicherweise weigern, den Kollegen von Green Day auf ihrem konsequenten Weg zum Pop behäbig zu folgen, sollten sie sich beim nächsten Mal zumindest darauf besinnen, daß die Akkorde Vier bis Sechs noch lange kein Feuer unterm Punkrock-Arsch ersetzen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Want you bad
- Living in chaos
- Denial, revisited
Tracklist
- Intro
- Come out swinging
- Original prankster
- Want you bad
- Million miles away
- Dammit, I changed again
- Living in chaos
- Special delivery
- One fine day
- All along
- Denial, revisited
- Vultures
- Conspiracy of one
- Huck it
Referenzen
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