Gammalapagos - Happily ever after

Noise De Luxe / Broken Silence
VÖ: 17.10.2005
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Frontalangriff

Wir erinnern uns. Die Freude um die Singbarkeit der deutschen Sprache uferte in den letzten Jahren schier unendend aus. Spätestens Ende 2004 hat auch das allerletzte käsige Blättchen das Phänomen begriffen: "Unsere" Pop-Sternchen singen in jener Sprache, in der "wir" schreiben. Kollektiv liegt sich die bundesdeutsche Pop-Journaille neokonservativer Prägung in offenen Armen. Es ist also fast ein Anachronismus, wenn nun vier Burschen aus Leipzig in englisch texten und fernab von derzeitigen Pop-Idealen ein sperriges Biest von einem Album auf den Musikmarkt werfen. Gammalapagos heißt die Band und "Happily ever after" ihr Zweitling. Wobei sich ein Glücksgefühl hier mitunter bereits vor Ablauf der Spielzeit einstellen kann.

Da wäre zunächst einmal die Sache mit dem Bandnamen. Wir assoziieren: Galapagos - Schildkröte, na klar. Und Insel, richtig. Und dann das "ma" dazwischen: Ummagamma, oder so? Pink Floyd also. Deren Experimentierwahn scheint bei der Sound-Verortung gemeinsam mit der opulenten Wucht von Muse und dem Hang zum destruktiven Pathos von Radiohead Pate gestanden zu haben. Keine schlechten Referenzen, die Gammalapagos da zur Seite stehen. Und allesamt so erfreulich undeutsch. Solcherlei Musik durfte man diesjährig sogar beim Haldern-Pop-Festival bestaunen. Da traten die vier Jungs im Zelt als beste Newcomer auf.

"Happily ever after" beginnt mit "Panzer bitch" zornig. Eine bedrohliche Kulisse baut sich auf, der Baß rollt wie ein Orkan aus dem Hintergrund, und ein Schlagzeug kündigt Großes an. Dann die charakteristisch hohe Stimme von Jonas Fröbel. Der Name mutet für Wessis erst einmal wie der eines evangelischen DDR-Bürgerrechtlers an. Kurz werden wir also an die Ursprünge der Jungspünde erinnert. Nur um uns dann von furchtbar peitschenden Gitarrenriffs erschrecken zu lassen. Ein Songmonster. "Chicken out" beginnt dann zwar mit einer wohligen Akustikgitarre, mutiert aber spätestens nach ein paar Sekunden von der lieblichen Lege- zur kriegslüsternen Kampfhenne. Welche Wucht, welche Dynamik! Und immer bauen sie kleine Fallen in die Songs ein, hoch und verzerrt. Albträume für Tinnituskandidaten, feuchte Träume für Krautrock-Fanatisten.

Wenn Gammalapagos loslegt, dann wird die Melange all der Kunstfertigkeiten zu einer formidablen Drohkulisse, die jedoch mit fortlaufender Spielzeit ein wenig zu sehr an Monotonie gewinnt. Spannend ist es dennoch stets, wie sich die Instrumente drehen und winden und irgendwann erschöpft zu Boden sinken. Wie im flächigen Titeltrack "Happily ever after" mit wummernden Keyboards, die sich überlagern wie eine knochentrockene Lasagne. Oder im mit Stakkato-Gitarre startenden "It ain't what it isn't". Klasse Song. Wie auch "Astra crash" mit den Gitarren, die immer nur stupide geschrubbt werden. Kurzum: Würde dies alles nicht so martialisch und unfriedfertig klingen und wären nicht Gammalapagos so reizende Knaben, dann dürfte man bei "Happily ever after" glatt von einem Frontalangriff auf all jene Stimmen sprechen, die von Popmusik nur noch auf Deutsch schwärmen. Ein Album mit unfriedlichen Tönen ist es allemal.

(Sebastian Peters)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Happily ever after
  • It ain't what it isn't

Tracklist

  1. Panzer bitch
  2. Chicken out
  3. Push rewind
  4. Gucci
  5. Blood x-plosion
  6. Happily ever after
  7. It ain't what it isn't
  8. I'm a word
  9. Astra crash
  10. Alpha bolero
Gesamtspielzeit: 48:00 min

Im Forum kommentieren

Affengitarre

2018-11-26 23:02:00

Ja, auf jeden Fall. Closer läuft gerade direkt nochmal. :)

The MACHINA of God

2018-11-26 23:00:17

Dann gib sie ihm mal bei Gelegenheit.

Affengitarre

2018-11-26 22:59:36

Schöner Epischer Closer nochmal am Ende. Ja, hat mir gefallen, das Album, auch wenn es sicher noch ein paar Durchgänge braucht.

The MACHINA of God

2018-11-26 22:55:50

So. Finale.

Affengitarre

2018-11-26 22:54:03

Ja, schöner Groove, und coole Stimmung.

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