Broadcast - Tender buttons

Warp / Rough Trade
VÖ: 04.10.2005
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Vorgeknöpft

Mit ihrem Debüt "The noise made by the people" bewiesen Broadcast seinerzeit, daß nicht nur Knöpfchendreher (und das sei jetzt absolut nicht despektierlich gemeint) wie Aphex Twin oder Squarepusher auf Warp rauskommen können. Im dem damals noch eindeutig auf instrumentale Elektronika spezialisierten Roster des Labels stachen und würden Broadcast noch heute heraus stechen, wenn es nicht mittlerweile Maximo Park gäbe. Doch wir schweifen ab. Dennoch hat sich seit dem letzten Album "Haha sound" klanglich einiges getan.

Geblieben sind auch die schönen Post-The-Cure-Gitarren, deren zeitweilige Feedbacks fast schon das wärmste Element in Broadcasts Sounduniversum darstellen. Die Synthesizer bei Stücken wie "Black cat" oder "Corporeal" klingen dagegen den Einstreuungen eines Mobiltelefons bei der Netzsuche zum Verwechseln ähnlich. Während allerdings auf den vorherigen Veröffentlichungen noch live eingespielte Drums für den ein oder anderen Wirbel sorgten, setzten die mittlerweile zum Duo geschrumpften Broadcast auf "Tender buttons" fast ausschließlich auf minimalistischste elektronische Beats. Alles zusammengenommen basteln Trish Keenan und James Cargill mal wieder eine entrückt anmutige, psychedelische Soundcollage, in der nun Keenans Gesang bewußt noch ein wenig mehr in den Mittelpunkt rücken.

Das paßt durchaus zum thematischen Kontext, denn "Tender buttons" ist recht introspektiv geraten. Keenans Texte, die sie mittels Automatic Writing verfaßte, sind von Traumlogik durchdrungen. Leitmotiv dieser psychologischen Betrachtung ist laut Keenan, das Loslassen von der eigenen Vergangenheit. So geht das schwermütige "Subject to the ladder" doch glatt als Beispiel für Bekenntnislyrik durch. "Black cat" hingegen thematisiert, ähnlich wie Edgar Allen Poes gleichnamige Kurzgeschichte, einen durch Schuldkomplexe hervorgerufenen Persönlichkeitszerfall.

Starker Tobak, aber es geht auch anders. Zwischendurch gerät man anhand der satirischen Betrachtung eines amerikanischen Soldaten als virilen Supermann in "America's boy" durchaus mal ins Schmunzeln. Und überhaupt sollte man "Tender buttons", vielleicht Broadcasts bis dato schwierigstes Album, nicht so bierernst nehmen und einfach nur genießen. L'art pour l'art anstatt Katharsis. Auch Keenan und Cargill dürfen sich freuen, denn auf dem Weg zum dritten Album haben sie zwar ihren Schlagzeuger verloren, aber nichts an Qualität eingebüßt.

(Martin Stenger)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I found the fragrance
  • Black cat
  • America's boy
  • Corporeal

Tracklist

  1. I found the fragrance
  2. Black cat
  3. Tender buttons
  4. America's boy
  5. Tears in the typing pool
  6. Corporeal
  7. Bit 35
  8. Arc of journey
  9. Michael a grammar
  10. Subject to the ladder
  11. Minus 3
  12. Goodbye girls
  13. You and me in time
  14. I found the end
Gesamtspielzeit: 40:38 min

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