Opeth - Ghost reveries
Roadrunner / UniversalVÖ: 29.08.2005
Brückenschlag
Death Metal und Prog: zwei Pole, wie sie gegensätzlicher nicht sein können. Alleine schon aufgrund der gängigen Vorurteile, die die beiden Lager hegen und pflegen. Dumpfes Gerödel mit Vocals, die für den Laien eher an den Auswurf eines Kettenrauchers im Endstadium erinnern versus selbstverliebtes Gefrickel auf großhirnverknotenden Konzeptalben, die eh niemand außer der Band selbst versteht. Wenn überhaupt. Und das soll gemeinsam funktionieren? Nun, Opeth stellen eben dieses seit Jahren hinlänglich unter Beweis. Auch wenn sie auf den beiden letzten Alben "Deliverance" und "Damnation" diese Pole fein säuberlich voneinander trennten.
Nun war es in der musikalischen Entwicklung der Schweden sicherlich nicht von Übel, daß Bandkopf Mikael Åkerfeldt und Steven Wilson (Porcupine Tree) so dicke Kumpels sind. Nicht zuletzt sein Einfluß war es nämlich, der diese faszinierende Symbiose zur Vollendung brachte. Nach drei gemeinsam produzierten Alben hat Åkerfeldt nun jedoch genug gelernt, um "Ghost reveries" selbst produzieren zu können.
Doch wie bei Porcupine Tree hat auch bei Opeth ein Umdenken von der Banddiktatur zum Teamwork stattgefunden. Und erstaunlicherweise klingt bereits der Opener "Ghost of perdition" mehr nach Porcupine Tree als alles, was gemeinsam mit Wilson produziert wurde. Immer wieder zerrissen von Death-Eruptionen, wird eine atmosphärische Dichte aufgebaut, die ihresgleichen sucht. Dann wieder zuckersüße, gar psychedelische Keyboard-Parts wie die aufgehende Sonne nach einem Gewitterschauer. Fragil wie Morgentau auf Spinnengeweben. Doch das Unwetter ist noch nicht weit weg, wie die entfernt noch grollenden Riffs deutlich werden lassen. Und die dazugehörigen Schauer manifestieren sich als wohlige Gänsehaut beim beeindruckten Hörer.
Die stilistische Fülle, die Opeth im Jahre 2005 an den Tag legen, ist beinahe beängstigend. Von Schweineorgel und traumtheatralischer Breakfülle bei "The baying of the hounds" bis zum floydesken Gewaber bei "Atonement" reicht die Bandbreite der Schweden. Überhaupt "The baying of the hounds": Wer eine Referenz benötigt, was den Sound dieser Truppe ausmacht, bekommt hier ein All-in-One-Paket. Und da das Beste bekanntlich zum Schluß kommt, wird bei "The grand conjuration" noch einmal ein höchst appetitliches Dessert aus düster-beschwörendem Säuseln, fauchender Orgel und knusprigen Riffs angerührt. Mit beinharten Growls als Beilage. Daß eine Band den Spagat zwischen eigentlich unvereinbaren Stilen überhaupt versucht, ist schon beachtenswert. Gelingt dies aber in einer Fulminanz wie bei Opeth, ist dies nur als meisterhaft zu bezeichnen. Ganz egal, was Nevermore oder Arch Enemy unlängst vollbracht haben: "Ghost reveries" ist nicht weniger als das Metal-Album des Jahres. Respekt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The baying of the hounds
- The grand conjuration
Tracklist
- Ghost of perdition
- The baying of the hounds
- Beneath the mire
- Atonement
- Reverie / Harlequin forest
- Hours of wealth
- The grand conjuration
- Isolation years
Im Forum kommentieren
regger
2024-08-28 15:18:11
Opeth sind so eine Band die ich als Metalbegeisterter (mittlerweile seit 25 Jahren) immer vor mir hergeschoben habe.
Jetzt ist denk ich die Zeit gekommen mich tiefer mit Opeth zu befassen. Die Ghost Reveries fängt schön langsam an sich in meine Gehörgänge zu "fressen". Für ein Urteil benötige ich aber noch etliche Durchläufe.
Huhn vom Hof
2023-11-28 18:12:20
Winterzeit ist Opethzeit. Am liebsten mit "Ghost Reveries", "Watershed" und "Blackwater Park".
Affengitarre
2019-06-10 00:05:30
Die habe ich ja mittlerweile wirklich lieben gelernt, die "Ghost Reveries". Variabel, stimmingsvoll, schöner Flow. Auch wenn nicht jedes Experiment funktioniert (diese merkwürdigen Orgeln am Anfang von Track 2 irritieren mich sehr), ist es doch ein wirklich packendes Erlebnis. Da muss ich mich mal weiter in die Band hineinarbeiten, aber was als nächstes? Die "Blackwater Park" ist naheliegend, aber die bekommt mich immer noch nicht so sehr. Die Kluft zwischen den harten Parts mit den heavy Riffs und Gebrüll auf der einen Seite und dann die leisen Akustikgitarrenparts mit weinerlichem Gesang auf der anderen ist mir irgendwie zu groß. Auch fehlt mir insgesamt ein wenig die Variabilität. Vielleicht die "Watershed"?
elder one
2018-12-16 17:23:28
da würde ich der Blackwater Park nochn paar Durchläufe gönnen, dann wird es klick machen.
ich habe bis incl. der Heritage opeth rauf und runter gehört, alle Alben für klasse befunden.
aber Blackwater Park, Still Life und Morningrise waren dann die top3 von den 10 Alben.
Pale Communion und Sorceress fallen bei mir total durch, langweilig.
Seit 4 Jahren keinen Opeth Song mehr gehört.
Affengitarre
2018-12-14 19:59:00
Lerne das Album gerade kennen und finde es ziemlich stark. Habe zwar schon eine ganze Weile die "Blackwater Park" (wird ja oft als deren bestes Album gehandelt), aber die hat mich nie so richtig gepackt. Dieser extreme Kontrast zwischen den harten und soften Passagen fand ich da immer recht unpassend und aufgesetzt, hier ist das schon deutlich stimmiger umgesetzt. Schön proggig, ein schöner Albumfluss. Ja, die hat was. Danach versuche ich mich mal an der "Watershed".
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