The Bled - Found in the flood

Vagrant / PIAS / Rough Trade
VÖ: 22.08.2005
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Weapons of mass destruction

Keine Kompromisse, keine halben Sachen. "Porcelain hearts and hammers for teeth" war die Devise des ersten The-Bled-Albums "Pass the flask". Und jetzt, daran läßt das ohnehin sehr bestimmte "Found in the flood" erst gar keine Zweifel aufkommen, jetzt darf man sich zu diesem unverwüstlichen Lebensleitspruch getrost noch ein "4 life" hinzutätowieren. Druckwellen aus Gitarre, Baß und Schlagzeug. Blutverschmiertes Geschrei aus Gottes letzter Kehle. Und dahinter auch noch fünf sachverständige Kids, Männer vom Fach sozusagen, denen ihre klugen Köpfe viel zu schade sind, als daß man sie unbedacht durch die nächstbeste Wand rammen würde. Wut und Wahnsinn? Müssen sein. Selbstzerstörung? Ist unabdingbar. Aber immer schön mit System, das alles bitte.

Mit Platten wie "Found in the flood" jedenfalls trennt man die Spreu vom Weizen. Wer Musik als lebensuntermalende Begleiterscheinung wahrnimmt, wird hier nicht mehr mitkommen - oder zerrissen auf der Strecke bleiben. Und wer tatsächlich an ihr interessiert ist, dem wird es nicht viel besser ergehen - auch wenn man dann wenigstens zu schätzen weiß, was auf diesem brennenden Manifest von einem Longplayer vor sich geht. Wie hier seziert und geschnibbelt wird mit Gitarrensaiten und Nietenhalsbändern. Wie ein böser, lauter Drummer seine Kochtöpfe langsam in den Boden stampft. Und nicht zuletzt, wie sich Shouter James Munoz immer wieder vor die rasenden Schnellzüge seiner Hintermänner wirft.

Überhaupt verdient der Mann einen Extra-Absatz. Er ist der erbarmungslose Anpeitscher bei The Bled, ein völlig aus dem Ruder gelaufener Wüterich, der sich suhlt und windet in Gift und Galle. Wahrscheinlich hat er immer einen Salzstreuer dabei, falls ihm mal jemand mit offenen Wunden über den Weg laufen sollte. Und doch ist er der Getriebene, der Gejagte in dieser Scharade aus Zweideutigkeiten, Paranoia und Panikattacken. Wie ein hungriger Chino Moreno zerrt er im überragenden Spiegelkabinett des mehrstöckigen "Antarctica" seine Wörter in die Länge. Ist auch dann nicht verloren, wenn er in den Atempausen seiner Band zum Singen gezwungen wird. Und stürzt sich trotzdem Sekunden später schon wieder ins Verderben, wie es andere nicht mal am Bungeeseil wagen würden.

Die Frage bleibt natürlich, wie man sich einem solchen Ungetüm nähren soll, das freiwillig niemanden an sich heranläßt und zwischen in all dem wüsten Holzhacken manchmal selbst schwer tut, den Überblick zu behalten. Sogar "My assassin", vermutlich deshalb zur Single erkoren, weil es die meisten Splitter abbekommen hat, als The Bled den Metalcore in die Luft gejagt haben, ist nicht viel zutraulicher als ein eingekesselter Säbelzahntiger. Das verhältnismäßig besonnene "Daylight bombings" hätte es dann zwar beinahe zur Hymne bringen können, offenbart im zweiten Versuch aber doch noch, daß eigentlich kein Song auf "Found in the flood" ätzender ist. Wir sind alle vom Aussterben bedroht, könnte die ungefähre Botschaft lauten. Und doch glaubt man jedes Wort, wenn Munoz im nächsten Stück "We're never gonna die" skandiert. Die sind wirklich nicht dranzukriegen.

Alle anderen können eigentlich nur den Kragen hochkrempeln, die Sache über sich ergehen lassen und darauf hoffen, so wenig wie möglich von der Suppe abzukriegen. Aber Vorsicht bitte: Nur weil sich das finale Schlaflied "I don't keep with liars anymore" ein kleines Späßchen erlaubt, bevor es zwischen TripHop, Glockenspiel und Akustikgitarren ausklingt, sollte sich noch lange niemand zu früh sicher zu fühlen. Denn man kann ja viel über The Bled behaupten. Aber Humor ist nicht ihr Ding. Hätten sie den auch noch, wären sie ja gar nicht mehr auszuhalten.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Antarctica
  • Daylight bombings
  • I don't keep with liars anymore

Tracklist

  1. Hotel Coral Essex
  2. Guttershark
  3. My assassin
  4. Antarctica
  5. She calls home
  6. Last American cowboy
  7. Daylight bombings
  8. Millionaires
  9. With an urgency
  10. I don't keep with liars anymore
Gesamtspielzeit: 78:10 min

Im Forum kommentieren

derBonJon

2005-12-14 02:04:20

Mmmmhh. Also, ich war auch wegen TFOT beim Bled - Konzert im Magnet. Von letzteren war ich dann auch hellauf begeistert, aber der Rest des Konzertes ließ doch einiges zu wünschen übrig:
Fear Before The March Of Flames fand ich nicht nur wegen des zwischenzeitlichen Mikro-Ausfalls - für den die Band natürlich nichts kann -enttäuschend.
Das klang einfach wie eine ganz schwache Version von Converge zu Jane-Doe Zeiten.
The Bled waren da schon gefälliger.
In den Momenten, wo sie ein wenig Melodie zuließen, konnte man erahnen, warum es eine Menge Leute gab, die wegen ihnen gekommen waren. Ansonsten reihte sich da ein Mosh-Part an den anderen, was meiner Meinung nach sehr schnell langweilig wird.
Bei den Mikro-Ansagen hörte sich die Stimme des Sängers recht vielversprechend an.
Schade, dass er zumindest live gesanglich - außer den Kreisch-Standards - nicht viel daraus gemacht hat.
Werde mir die Alben beim nächsten Besuch im Plattenladen trotzdem mal anhören. Man erlebt ja immer wieder unverhoffte Überraschungen.

only one way to god

2005-12-13 20:10:28

zu welcher musikrichtung würded ihr die unterordnen

only one way to god

2005-12-13 20:10:02

bzu welcher musikrichtung würded ihr die unterordnen

MVP

2005-12-10 15:13:59

mann ich weiss nich das album gitb mir an manchen stellen gänsehaut ohnegleichen...und dann kommt son schiefes grinsen auf meine gesicht...sehr geil.

sonic

2005-12-06 23:30:57

in keiner stadt, in trier ;-)

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