Nada Surf - The weight is a gift
Barsuk / City Slang / Rough TradeVÖ: 05.09.2005
Die Bettenburg
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Musik von Nada Surf ist natürlich für einiges zu gebrauchen. Ganz und gar nicht gut wirkt sie sich aber jetzt gerade auf unsere Arbeitsmotivation aus. Draußen hat der Sommer zu einem letzten Aufwärtshaken ausgeholt, drinnen eiert der Ventilator leidlich bemüht vor sich hin. Und gleich kommt "Scrubs" im Fernsehen. Folgender Vorschlag also: Ihr surft jetzt erstmal alle hübsch rüber zur unlängst geschriebenen Rezension zu "Plans" von Death Cab For Cutie, lest den ersten Absatz und ersetzt die letzten vier Worte im Geiste durch "Nada Surf", okay? Komme dann gleich mit Cocktails für alle wieder.
Äh, okay. Nun aber. Als Entschuldigung für akute Lustlosigkeit im Unterwasserhauptquartier von Plattentests.de soll bitte gelten: Nada Surf haben sich in den letzten drei Jahren ja auch nicht gerade ein Bein ausgerissen. Und außerdem macht es viel mehr Spaß, ihre neue Platte "The weight is a gift" zu hören, als über sie zu schreiben. Nach dem Rundum-Glücklich-Paket von einer Pop-LP, das das anfangs schamlos unterschätzte "Let go" in 2002 war, haben sie nun alle Geräusche auf einem Album versammelt, die eine baumelnde Seele machen kann. Musik für Faulpelze und Bettmenschen. Zum Glück aber auch inklusive Kissenschlacht.
Das Ungemütlichste an "The weight is a gift" ist eigentlich schon sein Auftakt. "You've been pouring in a concrete bed", singt Matthew Caws und weiß natürlich ganz genau, daß man es sich auch dort sehr bequem machen kann. Mit dem Vorwärtsdrang eines Rückwärtsgangs schrammen die Stromlosen los. "To find someone you love / You gotta be someone you love" fügt Caws hinzu und klingt eher mittelmäßig überzeugt. Aber dann rollt plötzlich diese wundersame E-Gitarre über alle Trägheit hinweg. Der Song bleibt einfach an ihr kleben. Und wir sind im Spiel.
"Do it again" ist ein Teamplayer, dient eher als Anlauframpe für "Always love", die große, berauschende Hymne des Albums. Wie alles auf "The weight is a gift" ist auch dieser Song höchstens vordergründig naiv oder gar oberflächlich. Eigentlich läßt er sogar sehr tief blicken ins Innenleben von Caws, dem Stolperer und Taumler, der viel Mist abgekriegt hat in den zwölf Jahren, die es seine Band nun gibt. Aber da ist eben auch immer diese Leichtigkeit, mit der sich der 38jährige mittlerweile in seinen Zweifeln und Neurosen zurechtfindet, von denen es Gott weiß genügend zu besingen gibt. Selbst "Spiel mir das Lied vom Tod" würde als Nada-Surf-Cover wohl wie ein Schulterklopfer klingen.
Es gilt also: Wer nicht bereit ist, hin und wieder auch den zweiten Boden dieser elf Lieder zu wischen, wird sich ziemlich leicht damit tun, "The weight is a gift" als grillabendliche Spätsommer-Platte zu verkennen. Es mag diesmal insgesamt etwas weniger hoch hergehen als noch auf "Let go", aber ganz gleich, ob Nada Surf nun mit dem windigen "Imaginary friends" den alten Zeiten hinterher powerpoppen, der Platte kleine Marginalien wie "In the mirror" anheften oder sie sich mit "Your legs grow" beinahe bis in die Unsichtbarkeit zurückziehen - richtig falsch kann diese Band schon lange nichts mehr machen. Und wer Matthew Caws wirklich zuhört, kriegt eben auch noch einige der ehrlichsten und schönsten Geschichten erzählt, die das Leben so schreibt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Concrete bed
- Always love
- Imaginary friends
Tracklist
- Concrete bed
- Do it again
- Always love
- What is your secret
- Your legs grow
- All is a game
- Blankest year
- Comes a time
- In the mirror
- Armies walk
- Imaginary friends
Im Forum kommentieren
jo
2024-09-19 16:03:18
Genau die Ordnung (Häuser=Original; Orange-Flower-Power-Style=Europa - fehlte wohl die Lizenz (?)).
The MACHINA of God
2024-09-19 15:59:06
Welche ist welche? Das mit den Häusern ist schön, das orange eher nicht.
jo
2024-09-19 15:52:57
Hatte ich immer ähnlich eingeschätzt, hat sich bei mir aber über die Zeit gewandelt. Für mich insgesamt die klar besseren Songs als auf dem Nachfolger. Eventuell auch knapp besser als "The Stars..."
The MACHINA of God
2024-09-19 14:03:25
Schicker Opener (besonders der Text) und mit "Always love", Comes a time" und "Your legs grow" drei Karriere-Highlights. Den Rest find ich etwas überbewertet und für mich ist das Album deutlich hinter Vorgänger, Nachfolger und auch "The stars". 7/10
Petr
2019-08-11 21:13:25
"Do It again" wird so dermassen unterschätzt...diese Wechsel, der dreistimmige Gesang, diese Meldien, grossartig!
finde auch, die zweite Hälfte fällt etwas ab, aber auf dem Album sind definitiv vier meiner 10 liebsten Nada Surf-Songs drauf.
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