Nada Surf - The weight is a gift

Barsuk / City Slang / Rough Trade
VÖ: 05.09.2005
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Bettenburg

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Musik von Nada Surf ist natürlich für einiges zu gebrauchen. Ganz und gar nicht gut wirkt sie sich aber jetzt gerade auf unsere Arbeitsmotivation aus. Draußen hat der Sommer zu einem letzten Aufwärtshaken ausgeholt, drinnen eiert der Ventilator leidlich bemüht vor sich hin. Und gleich kommt "Scrubs" im Fernsehen. Folgender Vorschlag also: Ihr surft jetzt erstmal alle hübsch rüber zur unlängst geschriebenen Rezension zu "Plans" von Death Cab For Cutie, lest den ersten Absatz und ersetzt die letzten vier Worte im Geiste durch "Nada Surf", okay? Komme dann gleich mit Cocktails für alle wieder.

Äh, okay. Nun aber. Als Entschuldigung für akute Lustlosigkeit im Unterwasserhauptquartier von Plattentests.de soll bitte gelten: Nada Surf haben sich in den letzten drei Jahren ja auch nicht gerade ein Bein ausgerissen. Und außerdem macht es viel mehr Spaß, ihre neue Platte "The weight is a gift" zu hören, als über sie zu schreiben. Nach dem Rundum-Glücklich-Paket von einer Pop-LP, das das anfangs schamlos unterschätzte "Let go" in 2002 war, haben sie nun alle Geräusche auf einem Album versammelt, die eine baumelnde Seele machen kann. Musik für Faulpelze und Bettmenschen. Zum Glück aber auch inklusive Kissenschlacht.

Das Ungemütlichste an "The weight is a gift" ist eigentlich schon sein Auftakt. "You've been pouring in a concrete bed", singt Matthew Caws und weiß natürlich ganz genau, daß man es sich auch dort sehr bequem machen kann. Mit dem Vorwärtsdrang eines Rückwärtsgangs schrammen die Stromlosen los. "To find someone you love / You gotta be someone you love" fügt Caws hinzu und klingt eher mittelmäßig überzeugt. Aber dann rollt plötzlich diese wundersame E-Gitarre über alle Trägheit hinweg. Der Song bleibt einfach an ihr kleben. Und wir sind im Spiel.

"Do it again" ist ein Teamplayer, dient eher als Anlauframpe für "Always love", die große, berauschende Hymne des Albums. Wie alles auf "The weight is a gift" ist auch dieser Song höchstens vordergründig naiv oder gar oberflächlich. Eigentlich läßt er sogar sehr tief blicken ins Innenleben von Caws, dem Stolperer und Taumler, der viel Mist abgekriegt hat in den zwölf Jahren, die es seine Band nun gibt. Aber da ist eben auch immer diese Leichtigkeit, mit der sich der 38jährige mittlerweile in seinen Zweifeln und Neurosen zurechtfindet, von denen es Gott weiß genügend zu besingen gibt. Selbst "Spiel mir das Lied vom Tod" würde als Nada-Surf-Cover wohl wie ein Schulterklopfer klingen.

Es gilt also: Wer nicht bereit ist, hin und wieder auch den zweiten Boden dieser elf Lieder zu wischen, wird sich ziemlich leicht damit tun, "The weight is a gift" als grillabendliche Spätsommer-Platte zu verkennen. Es mag diesmal insgesamt etwas weniger hoch hergehen als noch auf "Let go", aber ganz gleich, ob Nada Surf nun mit dem windigen "Imaginary friends" den alten Zeiten hinterher powerpoppen, der Platte kleine Marginalien wie "In the mirror" anheften oder sie sich mit "Your legs grow" beinahe bis in die Unsichtbarkeit zurückziehen - richtig falsch kann diese Band schon lange nichts mehr machen. Und wer Matthew Caws wirklich zuhört, kriegt eben auch noch einige der ehrlichsten und schönsten Geschichten erzählt, die das Leben so schreibt.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Concrete bed
  • Always love
  • Imaginary friends

Tracklist

  1. Concrete bed
  2. Do it again
  3. Always love
  4. What is your secret
  5. Your legs grow
  6. All is a game
  7. Blankest year
  8. Comes a time
  9. In the mirror
  10. Armies walk
  11. Imaginary friends
Gesamtspielzeit: 38:30 min

Im Forum kommentieren

Petr

2019-08-11 21:13:25

"Do It again" wird so dermassen unterschätzt...diese Wechsel, der dreistimmige Gesang, diese Meldien, grossartig!

finde auch, die zweite Hälfte fällt etwas ab, aber auf dem Album sind definitiv vier meiner 10 liebsten Nada Surf-Songs drauf.

jo

2019-08-11 20:34:52

Ja, das mit den "Geschwistersongs" sehe ich ähnlich (wenn auch eher in Richtung "Lucky"). Aber ich mag "Weight" insgesamt etwas lieber als den Nachfolger. Klingt für mich trotz des tollen Vorgängers so, als wären ihnen die Songs leicht von der Hand gegangen. Das gefällt mir.

hideout

2019-08-11 19:58:31

Hm, der Opener, "What is your secret" und "Blankest year" sind doch tolle Songs, zu denen es auf "Let go" und auch "Lucky" entsprechende Geschwistersongs gibt. :)

The MACHINA of God

2019-08-11 19:41:32

Mochte immer nur "Always love", "Your legs grow" und "Comes a time". Wohl mit der letzten mein unliebstes Nada Surf-Album.

hideout

2019-08-11 19:22:58

1.Concrete bed 8/10
2.Do it again 6/10
3.Always love 9/10
4.What is your secret 8/10
5.Your legs grow 6/10
6.All is a game 7/10
7.Blankest year 8/10
8.Comes a time 6/10
9.In the mirror 7/10
10.Armies walk 6/10
11.Imaginary friends 6/10

Die zweite Albumhälfte fällt schon ein wenig ins Hintertreffen, insgesamt ein wenig schwächer als "Lucky" und nicht auf Augenhöhe mit "Let go". "Always love" ist hier mein Songhighlight. 7/10

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