Erasure - Loveboat
MuteVÖ: 23.10.2000
Kuschelpop am Kaminfeuer
Wundern muß man sich ja schon, daß es Erasure heutzutage überhaupt noch gibt. Wurde das Debüt "Wonderland" von der britischen Presse Anfang der 80er schnell als weitere Eintagsfliege von Vince Clarke abgetan, bewies er mit Erasure doch deutlich mehr Durchhaltevermögen, als mit Depeche Mode, Yazoo, The Assembly und Robert Marlow zusammen. Mit Andy Bell als Sänger hatte er endlich seinen musikalischen Traumpartner gefunden. Selbst nachdem der kurze Ruhm der beiden nach ihrem kommerziell erfolgreichsten Werk "I say I say I say" immer schneller zu verblassen schien, was mit dem selbstbetitelten Album "Erasure" und dem folgenden "Cowboy" auch nicht verwunderlich war, setzten sie Ihre Partnerschaft nichtsdestotrotz fort.
Nicht, daß die letzten beiden Alben totale Katastrophen gewesen wären, aber so richtig überspringen wollte der Funke nicht mehr. Nur wenige Songs, wie etwa das phantastische "Don't say your love is killing me" erinnerten noch an die glorreiche Vergangenheit. Jetzt ist mit "Loveboat" zum Glück wieder alles anders. Das Album ist auf seine eigene Art und Weise ein kleines Meisterwerk geworden. Es fehlen zwar die offensichtlichen Hitsingles à la "Drama", "Run to the sun" oder "Star", die Erasure früher aus dem Ärmel schüttelten. Dafür beglücken sie uns mit einem wunderschönen, mit traumhaften Melodien angereicherten, ruhigen Album, das sich nicht nur an verregneten Sonntagen zum Kuscheln geradezu anbietet.
Man braucht ein paar Durchgänge, bis sich einem das volle Potential des Albums erschließt und man all die vielen liebevollen Facetten des auf den ersten Blick recht spröden Charmes für sich liebgewinnen kann. Was einem am Anfang noch als zu simpel, zu minimal erscheint, wächst bei jedem weiteren Anhören und gewinnt zunehmend an Größe und Dimension. Eine sehr angenehme, analoge Wärme, verstärkt durch Andy Bells gewohnt hervorragenden Gesang und vor allem durch die großzügige Verwendung akustischer Gitarren, fließt durch das Album. Stellenweise wirkt "Loveboat" gar so organisch, als wären überhaupt keine Synthesizer verwendet worden.
Schwer ist es, aus dem Album einen Song als "besonders gelungen" herauszupicken. Sollte man wirklich das hymnische "Where in the world" dem wohl einzigem Clubtrack, dem groovenden "Moon & the sky" vorziehen? Oder könnte man ohne schlechtes Gewissen den poppigen Eröffnungssong "Freedom" besser finden als das äußerst sentimentale und rührende "Mad as we are"? Das darf bezweifelt werden. "Loveboat" ist nicht unbedingt das richtige für den Clubgänger des 3. Jahrtausends geworden. Dafür wärmt es uns aber an herbstlichen Schlechtwettertagen wie ein knisterndes Kaminfeuer. Unvergleichlich schön.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Freedom
- Where in the world
- Mad as we are
- Here in my heart
- Moon & the sky
Tracklist
- Freedom
- Where in the world
- Crying in the rain
- Perchance to dream
- Alien
- Mad as we are
- Here in my heart
- Love is the rage
- Catch 22
- Moon & the sky
- Surreal
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