Kinski - Alpine static

Sub Pop / Cargo
VÖ: 11.07.2005
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Heißes Eisen

Chris Martin hat das Singen endgültig aufgegeben. Ja, ja, nur die Ruhe. Wir reden nicht von dem Chris Martin, der gerade versucht, zum größten Musiker der Welt aufzusteigen, eine Hollywood-Ehe am Laufen zu halten und nebenbei die dritte Welt zu retten. Unser Chris Martin hat bescheidenere Ziele. Er ist die treibende Kraft hinter der Seattler Band Kinski, die sich noch nie viel aus Stimmen und Texten gemacht hat, aber auf ihren bisherigen LPs trotzdem immer mal wieder damit rumexperimentierte. Und jetzt hat er eben keine Lust mehr darauf. Womöglich sogar, weil die Sache mit seinem Namen sich in Postrock-Kreisen zu einem nervtötenden Running Gag entwickelte. Jedenfalls: Auf "Alpine static" wird nicht gesungen. Und das ist nur konsequent.

Dafür gibt es aber Gitarren. In all ihren erdenklichen Formen und Lautstärken. Verbogene Gitarren, geradlinige Gitarren. Cleane Gitarren, verzerrte Gitarren. Feedback-Gekreische und Hardrock-Riffs. Kinski haben alles drauf auf ihrem dritten Album. Und schon im entfesselt aufspielenden Opener "Hot stenographer" wird das Meiste davon vorweggenommen. Ein Riff der fülligeren Sorte, umgarnt von allerlei Effekt-Fummeleien und schließlich Auslaufen in der Endlosschleife. Ist das nun eine degenerierte Classic-Rock-Band, die sich die falschen Pilze auf ihr Omelett gepackt hat? Oder sind das am Ende gar Postrocker, die irgendein kluger Bekannter auf Black Sabbath gebracht hat? Antworten werden folgen.

Zuvor macht "Alpine static" aber eine Entwicklung durch, wie man sie auch nicht alle Tage miterlebt. Was sich als ziemlich kompakte und zielsichere Jam-Session für Besserhörer anläßt, läuft nämlich doch zusehends aus dem Ruder. Die Songs brauchen mehr Zeit, um sich aufzurichten, durchleben längere Regenerationsphasen, scheitern des Öfteren nur noch knapp an der Zehn-Minuten-Marke. Und an Ozzy und Co. ist auch nicht mehr zu denken, wenn sich "All your kids have turned to static" erstmal als gefühlsduselige Halbzeitshow inszeniert hat. Lautsein ist out, Atmosphäre plötzlich Trumpf. So schnell kann das gehen.

Erst mit "The snowy parts of Scandinavia" kommt wieder Leben in die Platte. Das darf dann auch schon mal starten, als hätte ein Haufen schlecht gelaunter Roboter die Gitarren übernommen, solange es bloß später noch die Kurve kriegt. Und doch wird "Alpine static" gerade in dieser Phase immer spannender, weil fordernder, schwieriger und ehrgeiziger. Die Riffs zerbröseln schon, bevor sie losgetreten werden, das eben noch so turbulente Schlagzeug hält plötzlich vollkommen still. Man hatte sich das ja fast schon gedacht: Dieser Chris Martin ist nicht gerade der Typ, der mit Geschenken um sich wirft. Aber dann wiederum hört man sich solche Musik ja auch nicht zum Spaß an.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hot stenographer
  • The party which you know will be heavy
  • Passed out on your lawn
  • The snowy parts of Scandinavia

Tracklist

  1. Hot stenographer
  2. The wives of Artie Shaw
  3. Hiding drugs in the temple (Part 2)
  4. The party which you know will be heavy
  5. Passed out on your lawn
  6. All your kids have turned to static
  7. The snowy parts of Scandinavia
  8. Edge set
  9. Waka nusa
Gesamtspielzeit: 59:52 min

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