Mark Owen - How the mighty fall
EdelVÖ: 04.07.2005
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Würde man Musik und den Menschen dahinter allzu persönlich nehmen, dann wäre dies hier ein Verriß. Mark Owen und ich, wir hatten einfach ein Problem. Irgendwie ging das nicht. Wir beide und das Mädchen. Kennen gelernt hatte ich sie, da waren Take That schon nur noch die Hälfte wert, weil ein Fünftel weg war. Ich war trotzdem nur Marks Platzhalter. Ein recht bescheidener Vertreter meiner Zunft, um ehrlich wie bescheiden zu sein. Die Poster von ihm hingen an der Wand. Und wir drunter. Hörten seine Stimme, rauf und runter. Wenn wir küßten, küßte sie ihn. Wenn wir lachten, lachte sie mit ihm. Mark Owen war der Mann, der ich nie sein konnte. Ich hätte allen Grund, sein Album nun mit 3/10 abzuwatschen. Mache ich aber nicht. Bin ich Mann genug für. Man sollte Musik und den Menschen dahinter nicht allzu persönlich nehmen.
"And if you're wondering, do the years fly by too soon." Es ist einiges an Zeit vergangen. Für uns alle. Und jetzt bin ich es, der einigermaßen hin und weg ist. Besonders von seiner Stimme. Wenn Mark Owen im Opener "They do" stimmlich triumphiert, dann ist dies ganz große Popmusik. Nicht mehr der kleine Niemand-hat-mich-lieb-Mark mit Flipper-Tattoo kurz über der Unterhose. Stattdessen die musikalische Essenz vieler Lehrjahre. Mark legt viel Kraft, so viel Seele und so viel Emotion in sein Organ. Das darf man einfach nicht schlecht finden. Und dann diese Produktion. Klarinette, Klavier, Klasse. Stimmlich gewaltig ist auch "Stand" gelungen. Großer Pomp. Wieder Klavier. Wir weinen Flüsse und erinnern uns: "Love is all I ever wanted."
Ach Mark, du hast gut singen. "Sorry lately" macht in jener Gefühlslage weiter: "I feel so alive / Feels like I live forever." Sicher, es ist Kitsch. Aber ganz großer. Tadellos. Wie Mark Owen zum Finale "Come on" schmettert und die Trommel scheppert, und wie die Gitarren sich überschlagen. Selbst das schmissige "Makin' out" erschrickt nach drei Mal hören nicht mehr, sondern bleibt im Ohr. Dazu Popperlen wie das schwer an den pompösen gestenreichen Britpop von Starsailor erinnernde "Hail Mary". Dieses Telefonklimpern am Ende identifizieren wir, die wir uns ja zwangsweise oder freiwillig mit Take That beschäftigten, mühelos als das Tastengeklimper von "Babe". "Wasting away" rockt furchtlos und läßt sich nicht zu 100 Prozent auf Format pressen. Wir hören Coldplay, wir hören die Turin Brakes und Starsailor. Mark Owen. Du kannst sie alle haben, und du kannst wie alle singen.
Nur bei wenigen Stücken kommt Skepsis auf. "Waiting for the girl" schmerzt ein wenig im Ohr. Nach Robbies Swing-Intermezzo klingt dies doch allzu sehr nach dem Versuch, nun auch den Boogie-Woogie wieder zu popularisieren. Da, wo dann tatsächlich "Boogie" drauf steht, bei "Believe in the boogie", ist dann wieder was ganz anderes drin. Ein Popsong reinster Güte. Erste Single, nur zweite Sahne. Nur bedingt gelungen ist auch "3:15". Denn da zeigt Mark Owen seinem Ex-Bandmate Robbie tatsächlich mal kurz die Zunge. Poprock? Entertainerqualitäten? Tanz-Sound? Ätsch, kann ich auch. Passend dazu singt er "Don't come back no more". Apropos zurückkommen. Das ist das Stichwort, um wieder auf damals zu sprechen zu kommen. Denn irgendwann war Schluß. Nicht ich. Hätte ich nie übers Herz gebracht. Sie stattdessen. Eiskalt und schmerzlos. Kein Wunder. Sie hatte einen Neuen. Das Ding hieß Tamagotchi.
Highlights & Tracklist
Highlights
- They do
- Sorry lately
- Come on
Tracklist
- They do
- Sorry lately
- Makin' out
- Waiting for the girl
- Believe in the boogie
- 3:15
- Hail mary
- Wasting away
- Stand
- Come on
Referenzen
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