Placebo - Black market music
Hut / VirginVÖ: 09.10.2000
This bleeding heart
Das Album nach dem großen Durchbruch stürzte in der Vergangenheit so manche Rockband ins kreative Verderben, auch wenn es zunächst nicht danach aussah. Im Falle von Nirvana war der Erfolg von "Nevermind" sicherlich nur einer von vielen Gründen, die zu dem Drama führten, dessen Ausgang uns allen bekannt ist. Doch auch Bands wie die Smashing Pumpkins, Pearl Jam oder Live zog es nach dem Erfolg zurück in die Isolation, und Ed Kowalczyk oder Billy Corgan suchten ihr Heil im Spirituellen und Abstrakten. Abstrakt waren Placebo schon immer. "Every you every me" verkörperte mehr als nur ein unbeschwertes Liebeslied und der "Pure morning" war verhangen mit blutroten Wolken. Das mediengerechte Image der Band und die griffigen Statements wie "You don't care about us" war daher eine ausgezeichnete Fassade, um allzu neugierige Fragen nach ihrem wahren Innenleben abwehren.
Auf "Black market music" nun wird die Suche nach offensichtlichen Hits schon nach kürzester Zeit erfolglos eingestellt werden. An prägnanten Riffs und verwirrenden Seltsamkeiten vom Schlage "Nancy boy" fehlt es nicht. Dennoch erreichen die neuen Stücke weder die Eingängigkeit ihrer Vorgänger, noch erschließen sie sich beim ersten Hören. Der Schock sitzt zunächst tief. Allerdings ist es vollkommen vermessen, das Vorgängeralbum als Vergleich heranzuziehen. Ein Album wie "Without you I'm nothing" schreibt eine Band wie Placebo vermutlich nur einmal in ihrer Karriere, während die allermeisten Acts ihr Leben lang nur davon träumen. "Black market music" bezieht seine Faszination nicht aus irgendwelchen schnelllebigen Hits, denn davon gibt es mit "Days before you came" lediglich einen einzigen, der auch vergangenen Zeiten entstammen könnte.
Selten ist die Veränderung so deutlich wie auf "Spite & malice", wo Justin Warfield (One Inch Punch) gerappte Akzente setzt. Wenn "Special K" oder "Haemoglobin" oberflächlich als Up-Tempo-Hymnen an die Tür klopfen, machen sie sich in der Seele später als verworrene Klagelieder breit. Tränenreiche Elegien wie "Passive aggressive" oder "Narcoleptic" lassen vermuten, daß Molko in Gedanken zwischenzeitlich tausend Tode gestorben ist und rufen Schwarzseher wie The Cure oder Depeche Mode ins Gedächtnis. Insbesondere die düster-depressive Stimmung von deren Album "Songs of faith and devotion" zieht sich wie ein Faden durch "Black market music", und wenn in "Passive agressive" von "My bleeding heart" die Rede ist, so ist dies mehr als nur eine hohle Metapher. "Black market music" braucht sich dank seiner Geschlossenheit vor nichts und niemandem zu verstecken - und tut dies dennoch unaufhörlich. "I wrote this novel just for you" heißt es noch etwas unsicher im wunderschönen "Blue American" bis im "Commercial for Levi" berührend auch die letzten Dämme brechen: "I understand the fascination / I've even been there once or twice / But if you don't change your situation / Then you'll die" warnt Molko und fleht immer und immer wieder "Please don't die". Die Welt bleibt außen vor und Brian Molko gewährt nur im Intimen tiefe Einblicke. Die einstige "Music for the masses" erteilt nun all denen eine Absage, die die Seifenblase Placebo dankbar angenommen hatten und versuchten, sie zu ihren neuen Idolen zu stilisieren. Der letzte Lichtstrahl ist dem Dunkel gewichen und die tiefschwarze "Teenage angst" erwachsen geworden.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Days before you came
- Blue American
Tracklist
- Taste in men
- Days before you came
- Special K
- Spite & malice
- Passive agressive
- Black eyed
- Blue American
- Slave to the wage
- Commercial for Levi
- Haemoglobin
- Narcoleptic
- Peeping Tom
Im Forum kommentieren
boneless
2023-11-21 21:36:03
"Second sight" und "Bitter end" übrigens >>> "Days before you came" + "Special K"
Nie im Leben! Was hast du denn geraucht? :D
Ich müsste SWG aber tatsächlich mal wieder hören, könnte sein, dass die besser gealtert ist als ich denke.
Konsul
2023-11-21 19:29:59
Übrigens soll nächsten Monat ein Live Box Set mit 4 Discs erscheinen. Nur € 114.99 :)
https://placebo.tmstor.es/product/125378
ijb
2023-11-21 17:30:13
Bei "Black Market Music" kann ich eigentlich keine Highlights ausmachen... Vielleicht wäre "Blue American" ein ganz kleines Lowlight, kann die Platte grad aber nicht hören, muss jetzt in eine ausführliche Skype-Besprechung.
ijb
2023-11-21 17:27:19
@MACHINA
Haha, ja das hab ich vorhin auch gedacht.
Sorry for ablenkung. Ich hatte tatsächlich nur auf die kleinen Meinungsverschiedenheit auf der vorigen Seite antworten wollen, ob oder warum "Sleeping With Ghosts" besser oder schlechter ist als "Black Market Music". Für mich ist das sehr eindeutig. :-)
The MACHINA of God
2023-11-21 17:26:40
"Second sight" und "Bitter end" übrigens >>> "Days before you came" + "Special K"
Generell mag ich die "Rocker" hier kaum. Eher die düsteren und ruhigeren Sachen.
Highlights:
Taste in men, Passive aggressive, Black-eyed, Slave to the wage, Narcoleptic
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