
At The Drive-In - Relationship of command
Grand Royal / Virgin / EMIVÖ: 18.09.2000
Das Tor zur Hölle
Kennen Sie den schon? "Fährt ein Mann ans Fast-Food-Restaurant und sagt: 'Zwei Cheeseburger und eine Portion Pommes!'" Nicht doch! Der Witz geht an dieser Stelle nicht etwa weiter oder findet gar irgendwann mal ein Ende. Es ist gar keiner! Denn At The Drive-In sind anders als der freundlich grinsende Herr vom Hamburgergrill um die Ecke: "Relationship of command" zieht jeden an den Haaren in den Strudel und prügelt einem alles um die Ohren, was die Küche der Vorhölle hergibt. Songtitel wie "Catacombs", "One armed scissor" oder "Quarantined", lassen schon vermuten, daß bei At The Drive-In die Emotionen offen und die Nerven blank liegen. Die Befürchtungen, daß man sich mit dem neuen Majordeal im Rücken und Ross Robinson als Produzent im Studio dem Kommerz hingeben würde, waren ohnehin unbegründet und werden von "Relationship of command" weggeblasen wie ein Kartenhaus: "Es ist schon immer ein harter Kampf gewesen. Doch nachdem wir jetzt ein wenig mehr Beachtung finden, müssen wir uns gegen die Hochnäsigkeit der Punkszene wehren" wettert Shouter Cedric Bixler und zeigt der Konkurrenz, wie "Authentizität" wirklich geschrieben wird.
Daß er dabei immer noch klingt wie Zack de la Rocha durch den Fleischwolf gedreht, ist nichts Neues. Zunächst mag dies störend wirken, aber nach drei bis vier Durchläufen denkt keiner mehr an solche Kleinigkeiten. At The Drive-In sind die Anti-Stars von heute und die Stars von morgen. Daß auf "Rolodex propaganda" ausgerechnet der nimmermüde Iggy Pop zu einem Gastauftritt kommt, ist symptomatisch: Die Ideale der alten Punkhelden gepaart mit der Energie der neuen ergibt endlich wieder eine ehrliche Art von Crossover, die sich um mehr dreht als dicke Autos und dünne Frauen. Von Blödelbarden wie Blink 182 und den versammelten Adidas-Kaspern ist diese Platte ungefähr so weit weg wie Iggy vom Seniorenheim. Die Verzweiflung ist echt und kommt von jemandem, der ohne sich umzudrehen auf den Abgrund zutaumelt und sich ein letztes Mal wütend aufbäumt. "This syringe will take a lifespan / It's filled with bait and tackle / Try and catch us if you can". Dem Teufel einen Stinkefinger. "Relationship of command" macht nicht glücklich, garantiert nicht und geht gerade deswegen so tief. "If the clock keeps ticking away / Will time be hesitated of all the minutes that were taken away?". Irgendwann steht die Zeit doch still und das Herz hört auf zu schlagen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Pattern against user
- One armed scissor
- Invalid litter dept.
- Quarantined
Tracklist
- Arcarsenal
- Pattern against user
- One armed scissor
- Sleepwalk capsules
- Invalid litter dept.
- Mannequin republic
- Enfilade
- Rolodex propaganda
- Quarantined
- Cosmonaut
- Non-zero possibility
- Catacombs
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The MACHINA of God
2020-02-24 22:09:56
"HEY! YOU!"
Ja, perfekter Abschluss. Dachte bis gerade, der wäre überall drauf.
javra
2020-02-24 22:06:17
Einer meiner Lieblingssongs ist hier eigentlich Catacombs, welches leider nur auf manchen Ausgaben als Bonus drauf ist und eigentlich ein ziemlich gutes Brett als Closer gewesen wäre
fakeboy
2020-02-24 09:16:53
Mars Volta ist Gefrickel, das ich heute nicht mehr anhören kann. Relationship of Command hingegen ist ein zeitloser Klassiker, da stimmt einfach alles: der Drive, der scharfe Sound, der Popappeal der meisten Songs. Irgendwo weiter oben fiel der Vergleich mit Nevermind. Passt ganz gut: eine Band auf der Höhe ihres Schaffens, die ihre an sich sperrige Musik bestmöglich verpackt und somit einer breiteren Hörerschaft zugänglich macht.
The MACHINA of God
2020-02-23 17:28:37
Antemasque ist ein Witz gegen ATD-I.
Und probier es mal. Meine große Liebe ist ja auch Mars Volta, aber gerade "Relationship" ballert schon einiges weg.
Corristo
2020-02-23 16:58:10
Da ging es anscheinend manch einem so. Als damals auf VIVA II "One Armed Scissor" lief, konnte ich da auch wenig damit anfangen. Hatte damals simplere Hörgewohnheiten und das klang alles so schief für mich. Und den Titel fand ich in jugendlicher Schlaumeierhaftigkeit auch bekloppt: "Wenn es nur aus einem Teil besteht, kann es doch gar keine Schere sein und ich find das weder lustig noch besonders geistreich."
Aber nachdem ich vor einiger Zeit endlich den Zugang zu The Mars Volta gefunden habe (grade vorhin wieder gehört), könnte mir ATDI mittlerweile eigentlich auch gefallen. Kann mir zwar nicht vorstellen, dass es ernsthaft an TMV rankommt, aber es könnte dennoch ziemlich gelungen und wahrscheinlich besser als Antemasque sein.
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