Stereo Total - Do the Bambi

Disko B / Hausmusik / Indigo
VÖ: 28.02.2005
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Rehbraten

In guten Momenten erinnern Stereo Total mit ihrer Kindergarten-Kirmes-Musik auch auf "Do the Bambi" an Größen wie Plastic Bertrand ("La douce humanité", "Hunger!") oder gar an die Berliner Kollegen vom Jeans Team ("Cinémania"). Letztere hatten mit ihrem aktuellen Album "Musik von oben" allerdings etwas geschafft, das Françoise Cactus und Brezel Göring offensichtlich gar nicht anstreben: musikalische Weiterentwicklung auf der Suche nach dem guten Song/Track. Nun könnten Pseudoavangardisten und Trashjünger ja einwenden, sich stilistisch treu zu bleiben sei ein Wert an sich im popkulturellen Unterhaltungsgeschäft. Was jedoch niemals solche Taten rechtfertigen darf. Man meint, Fräulein Menke und Hubert Kah seien wieder über uns gekommen und quälten uns mit Stücken wie "Ich bin nackt" oder "Partymädchen gefoltert".

Durchaus positiv bleibt zu vermerken, daß Frau Cactus sich zumeist ihrer Muttersprache bedient, was diesen latent frankokommödiantischen Aspekt etwas in den Hintergrund treten läßt. Dafür suhlt sich der Herr Göring um so ausgiebiger in einem Horrorkabinett an NDW-Synthieklängen und Drummachines, daß es nur so eine Qual ist. Was auf "Musique automatique" vor drei Jahren noch durchaus einen eigenen Charme entwickelte, geht nunmehr ziemlich auf die Nerven. Diese "Mischung aus Kitsch und Kaputtsein" (Bandzitat) klingt an vielen Stellen schlichtweg zu beliebig, zumal die einzelnen Songs ohne Sinn und Verstand aneinandergereiht daherkommen. 19 Stück davon werden dadurch zur nicht zu bewältigenden Konsumarbeit.

Daß die Platte "Do the Bambi" heißt, mag der Vorliebe unserer beiden Undergrounddisco-Veteranen für Abstruses und Naives geschuldet sein. Doch ist der Titeltrack zudem glücklicherweise auch eines der besten Stücke auf dem ganzen Album, kommt angenehm minimalistisch daher, versucht nicht, durch eine Fülle an Worten zu wirken und entwickelt einen netten Groove. Ähnlich wirkungsvoll erweist sich eigentlich nur noch "Das erste Mal", wobei hier die Schwelle zum Nervtöten in manchen Takten beinahe erreicht und überschritten wird.

Aber so ist das wohl mit diesen beiden Lieblingen aller Langzeitstudierenden in den Fächern Design und Psychologie. Jede Provinz-Fachschaftsparty wird mit ihrem Berliner Sound zur großen Bühne, ein jedes kleine Clubkonzert bekommt durch die beiden einen dadaistischen Laufsteg gezimmert. Schon allein die Erinnerung an die unzähligen verstörten Gesichter, als Stereo Total vor drei Jahren den Opener für die Strokes-Konzerte in Deutschland gaben, als die versammelte VIVA-Generation dachte, sie sei in der Muppetsshow gelandet, läßt Wehmut aufkommen über so viel Stagnation, nein Regression. Wirklich schade.

(Joerg Utecht)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Do the Bambi
  • Das erste Mal

Tracklist

  1. Babystrich
  2. Do the Bambi
  3. Ich bin nackt
  4. Cinémania
  5. Vive le weekend
  6. Das erste Mal
  7. La douce humanité
  8. Les lapins
  9. Hunger!
  10. Ne m'appelle pas ta biche
  11. Orange mécanique
  12. Tas de tôle
  13. Europa neurotisch
  14. Partymädchen gefoltert
  15. Cannibale
  16. Helft mir
  17. Mars rendezvous
  18. Troglodyten
  19. Chelsea girls
Gesamtspielzeit: 54:49 min

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