The Great Crusades - Welcome to the Hiawatha Inn
Glitterhouse / IndigoVÖ: 27.09.2004
Ausflug ins Gewisse
In den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts, besonders nach Ende des 2. Weltkriegs, setzt in den Vereinigten Staaten eine nicht unerhebliche Landflucht ein. Vor allem Schwarze aus den klassischen Plantagenregionen zieht es in die großen Städte im Norden. Hierbei bringen sie auch ihre Musik mit und erkämpfen sich dafür einen Platz in der neuen Umgebung. Neues entsteht: Der meist akustische Roots-Blues aus dem Mississippi-Delta wird vor allem in Chicago einer Verjüngungskur unterzogen und elektrifiziert. Menschen wie Muddy Waters oder Elmore James stehen exemplarisch für diese Entwicklung und legen den Grundstein für eine Musikszene, der auch hochglanzpolierte "Huldigungen" von Eric Clapton und Konsorten nichts anhaben können.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, daß die Liebe zum Blues auch heute noch vielen Musikmachern, die in die "Windy City" kommen, den Griff in die Saiten lenkt. Oder vielmehr die Art und Weise des Umgangs mit Musik, eine fast schon traditionalistische Herangehensweise, beeinflußt. Nicht das genialische Prinzip steht im Vordergrund, sondern ehrliches Handwerk. Den Beruf ernst nehmen und die Jungs aus den Fabriken, die allabendlich in die Kneipen kommen, mit einer guten Show unterhalten. In New York werden die angesagtesten Rockisten-Drogen unters Volk gebracht, in Chicago genügen wie ehedem Whiskey und Zigaretten. Und als Zeichen des eigenen Bewußtseins als Profi steht die obligatorische Bühnenkluft, der dunkle Anzug.
The Great Crusades halten gerne her als Beispiel für das beschriebene musikalische Proletariat. Vor vielen Jahren zog es die Jugendfreunde vom Land in die Stadt am Michigan-See. Seit 1998 haben die Vier nun mit "Welcome to the Hiawatha Inn" ihr viertes Album veröffentlicht, und es klingt wie der Ort, der Pate stand für den Titel: verrucht und voller Rauch. In der Luft schwirren alkoholgeschwängerte Geschichten von alten Zeiten, als Begriffe wie "Ehre" und "Geschäft" einander bedingten und Männer wie Capone hier verkehrten. Das Hiawatha Inn atmet offensichtlich einen guten Hauch dieser Zeit, die durch die Musik der Kreuzfahrer greifbar wird.
Die Stimme von Frontmann Brian Krumm erinnert in schwachen Momenten an Tom Waits. Musikalisch geht es direkter zu, Rock und Swamp und Punk stehen Pate. Getrieben vom besten Stand-Schlagzeuger der Welt - wer Christian Moder live erlebt, verspürt Mitleid mit dessen Instrument - schaffen Brian Hunt und Brian Leach den rhythmischen Rahmen für die textlichen und sologitarristischen Eskapaden des Herrn Krumm. Wenn er von kommenden und gehenden Frauen, durchzechten Nächten und obskuren Orten singt, tut er es niemals ohne vollen Körpereinsatz, der totalen Erschöpfung nahe. In nur zwei jeweils zwölfstündigen Sessions im Studio ist es der Band gelungen einzufangen, was ihre eigentliche große Stärke ist: Die aus einem perfekten Zusammenspiel entstehende Energie und die unbändige Lust an der Show ist jedem Track anzuhören.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Hiawatha Inn
- Drunkard on a drunkard's grave
Tracklist
- Who makes the voices stop
- Spinnin' head
- God gave me
- Elizabeth
- Pilsen
- Hiawatha Inn
- November
- I wish
- St. Christopher Street
- Badlands
- Drunkard on a drunkard's grave
- No lover to mourn
- I'll be over here
Referenzen