Tuxedomoon - Cabin in the sky

Crammed Discs / ZYX
VÖ: 13.09.2004
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Mondscheiner

Es war einmal vor langer, langer Zeit, als Großväterchen Punk so langsam, aber sicher das Zeitliche segnete, da brach die Zeit der Männer mit den Anzügen an. Oftmals geschminkte Männer, die keine Tränen zeigten. Und es ward kalt auf Erden, die Klänge wurden elektronisch, passend zur Angst vor dem baldigen Untergang durch atomare Rüstung oder andere Schrecken. Und die Menschen fragten sich: "Welchen Nutzen hat das alles?" - What use? Indeed.

Gute 25 Jahre, nachdem sich Tuxedomoon mit einer noch vom Punk beeinflußten New-Wave-Scheibe etablierten, zu denen heute noch in den üblichen verdächtigen Katakomben Grufties tanzen, die damals noch nicht geboren waren, gibt es nach sechs Jahren, einem Live- und einem Remix-Album nun neues Studiomaterial, Blaine L. Reininger an den Vocals inklusive. Tuxedomoon machen dabei dort weiter, wo sie aufgehört haben, auch wenn das in den genannten Tanzsälen vermutlich unbeachtet geblieben ist: Mit ihren starken Anleihen aus dem Jazz-Bereich, häufig gekoppelt mit eher unharmonischen Songstrukturen, sind ihre neuen Stücke (wie die meisten alten auch) näher am Fusion-Jazz als am New Wave.

Es ist mehr die Stimmung, welche die Musik verbreitet, als das Instrumentarium oder die Liedstrukturen, was an das Düstere der achtziger Jahre erinnert: Angesichts eines frisch wiedergewählten "wiedergeborenen Christen" als Präsident der USA, der seine egomanische Kriegslüsternheit mithilfe von Angstszenarien à la 9/11 zu kaschieren sucht, mag sich mancher durchaus wieder an apokalyptische Reiter erinnert fühlen, zu deren Auftreten Tuxedomoon durchaus passende Melodien beisteuern. Daß diesmal auch Dritte wie Tarwater oder Hell Einfluß auf das neue Album hatten, geht im gewohnten Mix von teils elektronischen, teils mit Bläsern und Klavier eingespielten Stücken ziemlich unter.

Leider hält es sich mit den Neuerungen auf "Cabin in the sky" in Grenzen. Da ist die Tatsache, daß sich gleich drei Stücke mit italienischem Titel und Text auf der Platte finden (Remixes nicht mitgezählt), noch am auffälligsten. Das ist insofern schade, als daß die Kompositionen zum Teil arg konstruiert und überanstrengt wirken. Ein Übermaß an Instrumenten und Effekten steht einem Funktionieren der Stücke so manches Mal im Weg, etwa wenn der elektronische Wind in "La piu bella reprise" die tieftraurigen Streicher verweht. Welch ein Gegensatz dazu das geradezu entspannt wirkende "Misty blue" oder das treibende "Luther blisset"! In Summe kann sich der altgediente Tuxedomoon-Fan darauf verlassen, daß er auch auf "Cabin in the sky" wiederfindet, was er sucht. Leute jedoch, die schon Radiohead Obskurität vorwerfen, werden hier nichts finden, was Ihnen gefallen könnte - was auch für die Katakomben-Besucher gelten dürfte. Egal: "No tears for the creatures of the night."

(Holger Schauer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • A home away
  • Misty blue
  • Luther blisset

Tracklist

  1. A home away
  2. Baron Brown
  3. Annuncialto
  4. Diario di un egoista
  5. La piu bella
  6. Cagli five-o
  7. Here 'til X-mas
  8. Chinese Mike
  9. La piu bella reprise
  10. The island
  11. Misty blue
  12. Luther blisset
  13. Annuncialto rebux
Gesamtspielzeit: 58:34 min

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  • Tuxedomoon (29 Beiträge / Letzter am 04.06.2024 - 09:37 Uhr)