Lydia Lunch - Smoke in the shadows

Breakin' Beats / Rough Trade
VÖ: 02.11.2004
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Walpurgisnacht

Lydia Lunch wurde dereinst als "Godmother of Alternative Rock" apostrophiert und zählt zu den Urgesteinen des New Yorker Undergrounds. Ende Siebziger und in den Achtziger Jahren war sie in der so genannten No-Wave-Bewegung an diversen Bands beteiligt, die dann Teenage Jesus & The Jerks, Eight Eyed Spy, Beirut Slamp, The Devil Dogs oder 13.13 hießen. Zu Beginn der neunziger Jalyhre verlegte sie sich dann verstärkt auf ihre Arbeit als (Video)-Künstlerin, Fotografin, Performerin bzw. Autorin. Sie gründete die feministische Spoken-Word-Plattform Widowspeak mit und ließ kaum eine Gelegenheit zum Brechen bestehender und vermeintlicher Tabus im weiten Feld der Kunst aus. Art-Pornofilme zum Beispiel.

Bei ihrer nun vorliegenden Rückkehr zur Musik präsentiert sie ein Dutzend düstere, meist spärlich und recht jazzig instrumentierte Songs, die eigentlich eher als vertonte Storys funktionieren sollten. Nach dem Spoken-Word-Lamento über das "Hangover hotel" folgt der dezent groovende Titeltrack "Smoke in the shadows", der nur durch erhellenden Flöten-Einsatz vor dem Abdriften in "unplugged" TripHop-Gefilde der düsteren Sorte bewahrt werden konnte. Als erste Assoziationen kommen dem Laien dann aber auch Norah Jones in tiefer Depression, Courtney Love auf Valium oder Nick Caves Oma beim Katerfrühstück nach durchzechter Walpurgisnacht in den Sinn. Oder auch die Bollock Brothers gepaart mit John Coltrane. Song zwei, "Johnny behind the deuce", schreckt dann mit Gitarrengeschrammel und plärrenden Saxophonen auf. "I love how you" schleicht wieder am Rande des Cool Jazz, "Touch my evil" geht dem Titel ebenbürtig wieder mehr nach vorne, nach hinten, quer und längs, während "Lost world" dann rosige Aussichten für alle allzu diskriminierten Anhänger des Glimmstengels entwirft: "Everbody smokes in hell." Und wie man nach dem beschriebenenen Einsatz von Tabak, diversen Drinks und etc. hinkommt, weiß sie auch schon: "Got a one ticket and it's just for you!"

Hinsichtlich der Aussagen über Alkohol und Nikotin erscheint Frau Lunch durchaus aus eine kompetente Ratgeberin zu sein. Das gesamte Schaffen wird von ihrer charakteristisch rauchigen, mal raunenden mal fast schreienden Stimme dominiert. Gone city" läßt ihrer Reibeisenstimme dann auch freie Bahn und verzichtet mal wieder vollkommen auf so etwas wie Songstrukturen. Spätestens der Abschluß "Hot tip" läßt dann das Ende dieses stellenweise doch recht enervierend geratenen Seelenstriptease verschmerzbar scheinen. Wer aber seine Freude an düsterem Storytelling findet und seine Fühler vielleicht ohnehin in Richtung Jazz der (geistig) freieren Sorte ausstrecken wollte, sollte vielleicht dieser Szene-Veteranin mal eine unruhige Stunde schenken.

(Peter Schiffmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Smoke in the shadows
  • Touch my evil

Tracklist

  1. Hangover hotel
  2. Smoke in the shadows
  3. Johnny behind the deuce
  4. I love how you
  5. Touch my evil
  6. Lost world
  7. Sway
  8. Gone city
  9. Blame
  10. Pass like night
  11. Portrait of the minus man
  12. Trick bab
  13. Hot tip
Gesamtspielzeit: 51:15 min

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