R.E.M. - Around the sun

Warner
VÖ: 04.10.2004
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Der ganze Weg

R.E.M. - die Band aus Athens, Georgia, die Stadien füllt, unzählige Platten verkauft und in der allgemeinen Wahrnehmung trotzdem als ein Haufen aufrichtiger Außenseiter gilt. Nur wenige Künstler haben heutzutage einen vergleichbaren Status und veröffentlichen nach über 20 Jahren noch Alben, die gleichzeitig so neu klingen und doch eindeutig sie selbst widerspiegeln. Wer würde Michael Stipe nicht in den Stadtrat wählen oder mit Peter Buck bei einem Bierchen über Politik diskutieren wollen?

Nun also Album Nummer 13, das von der Vorabsingle "Leaving New York" feierlich eröffnet wird. Nach diesem typischen Auftakt stolpert man über die Elektrobeats von "Electron blue". Klingt hier noch für einen Moment "Reveal" durch, geht es bald noch viel tiefer in die Bandgeschichte. Mit seiner melancholischen Grundstimmung und den warmen Gitarren erinnert "Around the sun" vor allem an "Automatic for the people", das von vielen immer noch für das beste R.E.M.-Album gehalten wird - nicht ganz unberechtigt. Rocksongs wie zuletzt "All the right friends" oder "Bad day" sucht man vergebens - dafür kommt in "The outsiders" Rapper Q-Tip zu Wort. Das darf er, durchaus.

Als aufgeklärter Musiker hält Michael Stipe natürlich auch mit seinen politischen Ansichten nicht hinterm Berg. "Final straw" war bereits zu Beginn des Irakkriegs als Demo auf der Bandhomepage zu hören, und jetzt schallt es mitten im Präsidentschaftswahlkampf wieder: "As I raise my head to broadcast my objection / As your latest triumph draws the final straw / Who died and lifted you up to perfection? / And what silenced me is written into law". Was R.E.M. von anderen popkulturellen Nachwuchspolitikern unterscheidet, ist der Umstand, daß sie ihre Lieder nicht "Peace the fuck out" oder "American idiot" nennen müssen, um die Aussagen zu transportieren.

Womit wir beim ewigen R.E.M.-Thema wären: die Texte. Die Zeiten, als Stipe nur so vor sich hinnuschelte, sind ja lange vorbei, trotzdem versteht man immer noch nicht unbedingt auf Anhieb, worum es ihm geht. Vor überschnellen Interpretationen der Lyrics sollte man sich also hüten. Aber eigentlich ist es ja auch egal, worum es geht, Stipes Stimme allein hat nicht nur eine beruhigende Wirkung auf den Hörer. Sie klingt gar einnehmender denn je. "Make it all okay" ist ein Trennungssong? Kann sein. Ist aber in jedem Falle ein herrliches Lied in der Tradition von "Drive" oder "Try not to breathe".

Was "Around the sun" fehlt, sind die Instant-Hits. Die 13 Songs sind viel zu subtil, teils gar zurückhaltend, um die breite Masse anzusprechen. Aber sie bergen eine Nachhaltigkeit, wie es sie seit "New adventures in Hi-Fi" nicht mehr gab. R.E.M. können ja eh keine schlechten Alben machen (viele Bands wären froh, so etwas wie "Monster" hinzukriegen), insofern ist die Nachricht, daß "Around the sun" ein sehr gutes ist, kaum überraschend. Trotzdem bleibt es faszinierend, erneut festzustellen, daß dieser Band die Ideen immer noch nicht ausgegangen sind und ihre Musik immer noch state of the art ist. R.E.M. werden uns noch lange begleiten. Sonnenklar.

(Lukas Heinser)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Leaving New York
  • Make it all okay
  • Final straw
  • I wanted to be wrong

Tracklist

  1. Leaving New York
  2. Electron blue
  3. The outsiders (feat. Q-Tip)
  4. Make it all okay
  5. Final straw
  6. I wanted to be wrong
  7. Wanderlust
  8. Boy in the well
  9. Aftermath
  10. High speed train
  11. The worst joke ever
  12. The ascent of man
  13. Around the sun
Gesamtspielzeit: 55:15 min

Im Forum kommentieren

Huhn vom Hof

2024-10-04 20:07:21

"Leaving New York" ist für mich eine 10/10. R.E.M.-Songs altern generell sehr gut.

mrnovember

2024-10-04 18:28:53

Leaving New York 9
Electron Blue 8
The Outsiders 10
Make It All Okay 8
Final Straw 8
I Wanted To Be Wrong 7
Wanderlust 7
Boy In The Well 6
Aftermath 7
High Speed Train 6
The Worst Joke Ever 8
The Ascent Of Man 6
Around The Sun 7

Francois

2024-10-04 17:20:52

Facebook sagt, dass dieses Album schöne, runde 20 Jahre alt wurde.

Ich liebe Leaving New York. Bekritelt die Kritik, dass die Hits fehlen, so muss der Song zumindest die Ausnahme sein.
Electron Blue ebenfalls wunderbar. Kein schwacher Song.
Zu der Tour habe ich sie das erste und letzte mal gesehen. Einzigartige Band

jo

2020-04-08 20:39:24

Ja, bei "Radio Song" kommt es durch den Song an sich viel verspielter rüber. Das passt dann wiederum zur Band. Hier sollte es wohl "gewollt 'deep'" sein. War es aber nicht wirklich. Dabei ist das sonst ein ziemlich stimmiger Song.

The MACHINA of God

2020-04-08 20:28:38

Ach stimmt, auf den Liveplatten hätte ich auch einfach mal schauen können. :D

An sich mag ich Q-Tip bei "The Outsiders". Es passt nur so gar nicht zu R.E.M.

Ja, da stimme ich zu. Es passt leider gar nicht. Finde auf "Radio Song" ging das noch klar, aber hier... puh nee.

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