Sunny Day Real Estate - The rising tide

Time Bomb / BMG
VÖ: 26.06.2000
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Gegen den Strom

Es ist schon ein Jammer mit den ausbleibenden Verkaufszahlen. Mit lästigem Erfolgsdruck und hohen Erwartungen hatten Sunny Day Real Estate schon vom Beginn ihrer Karriere an zu kämpfen. Sie wurden als die neuen Fugazi bezeichnet und hatten die Rolle der US-Emocore-Hoffnung schlechthin inne. Nach zwei fantastischen Alben ("Diary", "LP2") und Verkaufszahlen weit unter Soll gaben Sunny Day Real Estate auf und brachen auseinander. Während sich zwei der vier Mitglieder Dave Grohls Foo Fighters anschlossen, entwickelte sich Sänger Jeremy Enigk zum mehr und mehr überzeugten Christen und nahm unter diesem Eindruck ein gelungenes akustisches Soloalbum auf.

Die überschäumende Freude über die Rückkehr der einstigen Lieblingsband wird in Fankreisen aber leider nur von kurzer Dauer sein und schnell in Verwunderung umschlagen. Was ist denn hier passiert? Die Band knallt einem den Opener "Killed by an angel" entgegen, es kracht und es scheppert - und trotzdem passiert rein gar nichts. Wo ist sie hin, die Dynamik der frühen Sunny Day Real Estate? Nach dem Ableben der Band tauchten zunächst eine Menge neuer Bands auf, die alle klingen wollten wie Sunny Day Real Estate. Jetzt sieht es aus, als wolle die Gruppe um Jeremy Enigk wiederum genau diese Bands kopieren. Eine Kopie der Kopie also, aber das sowas nur ins Auge gehen kann und böse Folgen hat weiß man nicht erst seit der albernen "Copy kills music"-Kampagne.

Die ruhigeren Stücke wie "Rain song" oder "The ocean", die im früheren Kontext undenkbar gewesen wären, klingen wie Outtakes von Enigks Solowerk und sind traurigerweise dennoch die besten der Platte. Enigks christliche Erleuchtung schlägt sich nicht nur in der um ruhiger ausgefallenen Musik, sondern vor allem auch in den Texten nieder. Nicht selten fühlt man sich sogar an Altmeister Neil Young zu "After the goldrush"-Zeiten erinnert. Doch bevor allzuviel romantisch-hippieske Atmosphäre aufkeimen kann, wird sie auch schon von Jeremy Enigks prätentiösem Gesang zerstört. War seine Stimme früher intensiv und trotzdem nie zuviel des Guten, verirrt sie sich nunmehr zu oft ohne den Weg zurückzufinden in der jaulenden Kopfstimme, und läßt mitunter an einen räudigen Hund denken.

Daß sich Bands über die Jahre hinweg ändern dürfen, ja sogar müssen, ist klar. Im Falle von Sunny Day Real Estate endete die sogenannte Weiterentwicklung aber leider in der kreativen Sackgasse. Der kommerzielle Erfolg wird ausbleiben, da die alten Fans mit dem eingekehrten Mainstream-Sound und die neuen durch Enigks stimmliche Eskapaden abgeschreckt werden. Weniger wäre mehr gewesen, denn zu viele Emotionen können einen Song bekanntlich wie Parodie klingen lassen. So fehlt in der steigenden Flut ("The rising tide") diesmal mit Jeremy Enigk leider der nötige Fels in der Brandung. Wenn man durch die Oberfläche hindurckblickt, muß man auf der Suche nach dem perfekten Song leider sogar feststellen, daß sich bei Sunny Day Real Estate inzwischen nichts als die kreative Ebbe breit gemacht hat.

(Thomas O. Huber)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Rain song
  • The ocean
  • Tearing in my heart

Tracklist

  1. Killed by an angel
  2. One
  3. Rain song
  4. Disappear
  5. Snibe
  6. The ocean
  7. Fool in the photograph
  8. Tearing in my heart
  9. Television
  10. Faces in desguise
  11. The rising tide
Gesamtspielzeit: 52:06 min

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