Pearl Jam - Live at Benaroya Hall - Oct. 22, 2003

J / BMG
VÖ: 26.07.2004
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Vom Hocker

Es war durchaus schwierig, unmöglich fast schon, im Archiv von Pearl Jam noch etwas zu finden, das eine Veröffentlichung verdient. Schließlich wurden erst im letzten Weihnachtsgeschäft die gesammelten Outtakes und Raritäten als "Lost dogs"-Compilation rausgehauen. Schließlich erschien mit "Live on two legs" das erste große Live-Album schon 1998. Schließlich veröffentlicht die Band seitdem in Eigenregie alle Nase lang oder auch mal gleich im Dutzend Live-Doppel-Alben ihrer Auftritte, um den Bootleggern die Arbeit zu ersparen und die Komplettisten arm zu machen. Und ohnehin bekommt bei einem Blick auf die Discographie der Band selbst der standhafteste Telefonbuchverleger extreme Schweißausbrüche.

Insofern hielt sich der Jubel eher in Grenzen, als die Kunde von "Live at Benaroya Hall - Oct. 22, 2003" bekannt wurde. Wer sollte dieses vor 2500 Zuschauern in Seattle entstandene Livealbums noch brauchen? Moment. Das Internet ist voll von Fans, die das Konzert als das bewegendste der Band überhaupt bezeichnen. Und: Es ist ein Unplugged-Auftritt. So richtig mit Stühlen auf der Bühne, Akustikgitarren und intimster Atmosphäre. Fast wie früher, als die "MTV Unplugged"-Serie Hochsaison hatte. "Live at Benaroya Hall - Oct. 22, 2003" ist sozusagen ein Update des dortigen Pearl-Jam-Auftritts von 1992, der als Bootleg oder Videomitschnitt in unzähligen Regalen steht.

Nicht minder wichtig: Pearl Jam nehmen sich Zeit. 24 Songs enthalten die zwei CDs, davon dauert kaum einer unter fünf Minuten, die meisten sogar deutlich länger. "Daughter" wird zum geduldigen Kammerspiel, "Immortality" zur einnehmenden Sinnfrage, "Black" zum langen Leidensweg, und das im Original schon wunderschöne Victoria-Williams-Cover "Crazy Mary" funkelte nie heller. Natürlich trägt sich das Konzept nicht über die kompletten zwei Stunden, kehrt in manchen leisen Momenten vor dem Heimlautsprecher Langeweile ein, kratzen manche neueren Songs am Mythos. Aber es tut gut, Pearl Jam mal wieder so entblättert zu hören, und Eddie Vedder hat vielleicht von seiner Wut, aber überhaupt nichts von seinem Charisma verloren.

Zu den meisten Songs muß eigentlich nichts gesagt werden. Wer dieses Album kauft oder sich auch nur dafür interessiert, hat vermutlich sämtliche Alben der Band im Schrank stehen. Und vermißt vermutlich auch nicht die Gassenhauer "Alive", "Jeremy" und "Better man". Viel interessanter sind da schon die immer wiederkehrenden Überraschungen, die Pearl Jam mit jedem ihrer Auftritte bereiten. Aus akustischen Gründen bleibt das "Rockin' in the free world"-Cover aus. Aber: Bob Dylan wird mit dem bedrohlichen "Masters of war" die Ehre erwiesen, Johnny Cash mit "25 minutes to go", und das hinlänglich bekannte Ramones-Cover "I believe in miracles" ist auch immer wieder für ein erstauntes Stirnrunzeln gut. Zudem wurden die Anwesenden an jenem 22. Oktober 2003 Zeugen der Live-Uraufführung des verschollenen "Fatal" und des "Big fish"-Soundtrack-Beitrags "Man of the hour". Und, und, und. Aber ob das genügt, um die Veröffentlichung zu rechtfertigen? Oder gar die über die offizielle Homepage erhältliche 4-LP-Box zu erstehen? Für Fans keine Frage. Die haben in ihrer begehbaren Pearl-Jam-Schrankwand sicher noch ein Plätzchen frei.

(Armin Linder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Nothing as it seems
  • Immortality
  • Black
  • Crazy Mary
  • Daughter

Tracklist

  • CD 1
    1. Of the girl
    2. Low light
    3. Thumbing my way
    4. Thin air
    5. Fatal
    6. Nothing as it seems
    7. Man of the hour
    8. Immortality
    9. Off he goes
    10. Around the bend
    11. I believe in miracles
    12. Sleight of hand
    13. All or none
    14. Lukin
  • CD 2
    1. Parting ways
    2. Down
    3. Encore break
    4. Can't keep
    5. Dead man
    6. Masters of war
    7. Black
    8. Crazy Mary
    9. 25 minutes to go
    10. Daughter
    11. Encore break
    12. Yellow ledbetter
Gesamtspielzeit: 127:00 min

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