IQ - Dark matter
Giant Electric Pea / InsideOut / SPVVÖ: 21.06.2004
L'art pour l'art
Eigentlich ist ja der Artrock der siebziger Jahre tot und verrottet, an seiner Selbstverliebtheit zugrunde gegangen. Wer hört sich denn im Rotation-Zeitalter noch intensiv halbstündige Songs an? Und viel wichtiger, wer schreibt so etwas noch? Doch wohl nur noch Ewiggestrige und unverbesserliche Fanatiker. Zu letzterer Gruppe gehört das britische Quintett IQ, die seit etwa zwanzig Jahren Griffbrett- und Tastaturfiedelei am Leben halten wollen. Und wie bei einer selbsterfüllenden Prophezeiung sind IQ seit eben zwanzig Jahren fast ausschließlich Insidern bekannt. Das allerdings ziemlich nachhaltig.
IQ gehören nämlich zu den wenigen Combos, die den Bogen zwischen ausufernden Keyboard-Soli, krummen Takten und dichter Atmosphäre schlagen können. Ein Blick auf die Trackliste von "Dark matter" zeigt es: Fünf Songs in 52 Minuten, auch wenn drei der Songs in radiokompatibler Single-Länge vorliegen. Und tatsächlich bietet der Opener "Sacred sound" alles, was von einer solchen Band zu erwarten ist: mächtige Orgelwände, brillanter Sound, ein fieser, an Genesis' "Dance on a volcano" erinnernder 7/8-Takt. Solche Klänge entzücken den Fan, und der Rezensent spielt bereits mit dem Gedanken, das Album in die Referenzklasse zu befördern.
Doch leider sackt nach diesen furiosen ersten elf Minuten der Spannungsbogen in den Keller. "Red dust shadow" und "You never will" plätschern viel zu unspektakulär dahin, um einen ähnlich famosen Eindruck zu hinterlassen. Und für die erste Hälfte von "Born brilliant" wiederum müßte Roger Waters eigentlich Tantiemen erhalten, so offensichtlich sind die Parallelen zu "Welcome to the machine": maschinelles Fauchen gepaart mit einem tief pumpenden Synth-Baß. Was der eine als Plagiat abtun mag, gefällt wiederum dem anderen. Und außerdem sind ja Pink Floyd bekanntermaßen nicht die schlechteste Quelle für Inspirationen. Kernstück des Albums ist dann das knapp halbstündige "Harvest of souls", in dem der Einfluß der frühen Siebziger überdeutlich wird. Ein spannendes, abwechlungsreiches Werk, welches zwar nie langweilig ist, aber hier tatsächlich zu tief in den Artrock-Fundus greift. Genau so klang Genesis' Tony Banks vor dreißig Jahren, als sich "Selling England by the pound" als ewige Genre-Referenz in die Annalen des Prog meißelte.
Und so bleibt festzuhalten, daß "Dark matter" ziemlich großes Prog-Kino ist. Wenn nicht an manchen Stellen zu offensichtlich kopiert worden wäre, hätte man an dieser Stelle vielleicht vom Prog-Highlight des Jahres schreiben müssen. Somit bleibt dieser Titel Ayreons "The human equation" vorbehalten. IQ können sich jedoch trotz kleiner Mängel damit trösten, ein gutklassiges Album vorgelegt zu haben. In die MTV-Rotation wird "Dark matter" aber mit Sicherheit auch heuer nicht gelangen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sacred sound
- Born brilliant
Tracklist
- Sacred sound
- Red dust shadow
- You never will
- Born brilliant
- Harvest of souls
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hos
2006-12-16 11:45:15
ist auf jeden fall eines der besseren vö's von iq, gerade die älteren alben sind vollgestopft mit unsäglichem schrott. so richtig überzeugen konnte mich eigentlich nur die subterrania. halte dieses doppelalbum auch nach wie vor für deren stärkstes, auch wenn es nach hinten raus ein bisserl abfällt.
hmm. dann doch lieber marillion :)
rolle-rückwärts
2006-12-16 11:19:00
Nun ja. Noch nicht einmal ein mitleidiges "ich kenne sie nicht, aber ein fred mit einem eintrag wirkt so kümmerlich"posting.
Vergergessen zu erwähnen: 8.5/10
rolle-rückwärts
2006-12-15 16:47:19
Großartige Platte.
Sie ist mir gerade wieder eingefallen als Konsum im Marillionfred erwähnte, dass er die Platten dieser Band nicht mehr hören könne.
Das geht mir ähnlich, jedoch ist dies längst nicht bei jeder Neoprogband so. (bzw. Genesis für arme)
Die Stimme ist anfangs gewöhnungsbedürftig, der sound ähnlich bombastisch wie bei Marillion und dennoch kann ich das neueste Album dieser Band auch nach 2 Jahren immer wieder hören.
Besonders gemocht wird von mir das Stück: Born brilliant.
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