Face Tomorrow - The closer you get

Reflections / Soulfood
VÖ: 28.06.2004
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Treffer versenkt

Es gibt Vorlagen, die muß man einfach verwandeln. Keine Entschuldigungen. Keine Erklärungen. Keine sonstigen Ausflüchte. Die Chance muß genutzt und der Treffer versenkt werden. Ganz egal, ob der letzte Paß nun von der eigenen Mannschaft kommt oder es unverhoffterweise gar ein Gegenspieler besonders gut mit einem meint. Das gilt für hochbezahlte Fußballer genauso wie für am Hungertuch nagende Rezensenten. Vor dem Tor sind sie alle gleich.

Daß in dem hier vorliegenden Fall der unfreiwillige Vorlagengeber obendrein noch aus dem in diesen Tagen ganz in Orange gehüllten westlichen Nachbarland kommt, verleiht dem Ganzen nicht nur zusätzliche Brisanz, sondern erhöht gleichzeitig auch den Druck auf den Schützen. "You remind me of someone else." Sechs simple Wörter eines Refrains, mit dem Jelle Schrooten, seines Zeichens Sänger und Songschreiber der holländischen Alternative-Hoffnung Face Tomorrow, nicht nur einem klasse Lied die sprichwörtliche Krone aufsetzt, sondern vermutlich ohne es vorgehabt zu haben, auch bei aufmerksamen Zuhörern und Schreiberlingen offen Türen einrennt.

Und obwohl Namedropping ja nun wahrlich nicht der Weisheit letzter Schluß ist, wäre es fahrlässig, den Ball nicht aufzunehmen und mit A Perfect Circle, Muse und At The Drive-In zumindest ein paar Strategen zu nennen, die alleine schon zeigen, wie schwierig es ist, für Face Tomorrow die passende Schublade zu finden. Aber muß ja auch nicht sein. Das niederländische Quintett beweist zwei Jahre nach seinem Debüt "For who you are" auch auf dem Nachfolger "The closer you get" großen Mut zur Vielfalt, ohne dabei den roten Faden zu verlieren. "What's wrong?" Gar nichts. Ganz im Gegenteil.

Mit "Back to the starting line" wagen die Mittzwanziger einen Opener, den sonst vermutlich nur Maynard James Keenan hinbekommen hätte, würde er auf progressiven Hardcore stehen. Vertrackt vor sich hinwabernd, weiß der Song sich von Sekunde zu Sekunde zu steigern und eine gehörige Spannung aufzubauen, die mit der rifflastigen und äußerst catchy gewordenen Hitsingle "Sign up" in Nullkommanix explodiert. Eine Band, zwei Stücke - und ein Gegensatz, wie er größer nicht sein könnte. Und doch so exemplarisch für alle zwölf Tracks. Nimmt man dazu noch "My world within", bei dem Schrootens Organ in Bellamysche Spähren abdriftet, ist die Verwirrung perfekt. Trotzdem oder gerade deswegen werden die allesamt äußerst atmosphärisch, gefühlsbetont und druckvoll gestalteten Stücke so schnell nicht langweilig, sondern geben immer neue Entdeckungen preis.

"So give it your best shot." Und letztlich freuen sich beide. Schütze und Vorbereiter.

(Jochen Gedwien)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sign up
  • My world within
  • Prop and stay

Tracklist

  1. Back to the starting line
  2. Sign up
  3. Reflection
  4. Feel free
  5. My world within
  6. All you do
  7. Prop and stay
  8. Paralysed
  9. Last chapter
  10. Once again
  11. Disappointment
  12. Sunny side
Gesamtspielzeit: 51:47 min

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  • Face Tomorrow (14 Beiträge / Letzter am 13.07.2008 - 01:10 Uhr)