Drowning Pool - Desensitized

Wind-Up / Epic / Sony
VÖ: 01.06.2004
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Lederentchen

Ein derart in der Sackgasse steckendes Genre wie New Metal konnte den Tritt in die Weichteile wahrlich brauchen, den ihm Drowning Pool vor zwei Jahren verpaßten. Statt lediglich mit plumpen Raps und platten Riffs die eigene Angepißtheit abzufeiern, verschmolzen Drowning Pool echte Leidenschaften und ausgetüftelte Songs mit krachlederner Härte. Und durch Knallerhymnen wie "Bodies" oder "Tear away" eroberten sie ihr Publikum im Sturm. Doch gerade als sich die Band den Ruf eines Knüppelacts mit Hirn erspielt hatte, geschah das Unfaßbare: Dave Williams, von dessen einnehmender Stimme die Songs des Debütalbums "Sinner" vor allem lebten, lag eines Morgens tot im Tourbus. Herzmuskelschwäche. Kein klassischer Rockertod, und dennoch eine Tragödie für eine der beachtenswerteren Metalbands der letzten Jahre.

Aber keineswegs das Ende. Denn mit Jason "Gong" Jones fand der geschockte Rest des Vierers bald einen vermeintlich adäquaten Ersatz. Doch schnell hört man "Desensitized" an, daß Jones der emotionalen Tiefe Williams' nur selten das Wasser reichen kann. Dem branchenübliche Gerede von der besten und erstaunlichsten Arbeit, die Drowning Pool als Rockband abgeliefert hätten, lassen auch die mitunter standardisiert wirkenden Riffs und hölzernen Grooves ein wenig die Luft heraus. Dabei verheißt der ungemein zwingende Anfang noch einiges: Das Scheppern von "Step up" und das zornige Wummern von "Think" sind hochgradig schlechte Laune. Beinahe maschinell werden hier jedwede Sentimentalitäten zerlegt. Punktgenaues Getrümmer mit bedrohlich geschwollener Stirnesader.

Doch schon das folgende "Numb" zimmert nur noch beliebig. Übertrieben breitbeinig ohohot Jones hier in ein ziemliches Gedröhne, bei welchem sich seine Hintermänner nicht zwischen Hau-drauf und Tu-bloß-raffiniert entscheiden können. Bei Alibi-Weichzeichnungen wie "This life" oder "Love and war" wird's dann aber richtig ärgerlich. Sensible Aufarbeitung klingt anders: Triefige Chöre platschen auf bombastwilliges Instrumentarium. So fies gewollt klang das schon damals, als die Schwermetaller den Mainstream erobern wollten. Stiernacken mit Hundeblick braucht jedoch kein Mensch.

In Jones' Gesang läßt sich nur selten das Gefühl des Schmerzes und seiner Überwindung spüren, welches laut Band dem ganzen Album zugrunde liegt. Kein Wunder, er war ja damals auch noch nicht dabei. Der massive Hall auf seinem Organ ist auch nicht wirklich hilfreich. Dazu enttäuschen das gelegentlich mechanische Getrommel von Mike Luce und bisweilen arg eierndes Tongeleiter wie in "Forget", bei dem C.J. Pierce wohl tatsächlich vergessen hat, wozu Gitarrensoli eigentlich da sind: Höhepunkte setzen. Den Hörer bei den Eiern packen. Nicht einfach nur die Zeit herumbringen. So wummern Drowning Pool manchmal bedrohlich auf die Selbstdemontage zu. Zum Glück haben sich sich mit "Nothingness" und besonders dem feinen "Bringing me down" auch noch ein paar Beinahe-Popsongs versteckt, die von der Beliebigkeit ablenken. Hymnischer Donner mit süßsaurem Beigeschmack. Und gegen Ende schwillt Songs wie "Cast me aside" und "Hate" wieder ordentlich der Kamm. So rettet sich der leckgeschlagene Kahn also doch noch in den sicheren Hafen.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Think
  • Step up
  • Bringing me down

Tracklist

  1. Think
  2. Step up
  3. Numb
  4. This life
  5. Nothingness
  6. Bringing me down
  7. Love and war
  8. Forget
  9. Cast me aside
  10. Killin' me
  11. Hate
Gesamtspielzeit: 38:31 min

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