Alanis Morissette - So-called chaos

Maverick / Warner
VÖ: 17.05.2004
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Alter vor Schönheit

Der schlimmste Tag im Leben einer Frau? Wir Männer wissen das ja ganz genau und sagen deshalb: Ihr 30. Geburtstag. Marilyn Monroe hat es danach noch sechs Jahre ausgehalten. Janis Joplin hat es gar nicht erst soweit kommen lassen. Und alle anderen scheinen zunächst einmal vom Gefühl übermannt, daß ihr Leben von einem auf den anderen Tag zu Ende gegangen ist. Die Haut wird faltig, die Schwerkraft zieht am Busen und wenn man es ganz böse erwischt, verliert man sogar seine Haare. Alanis Morissette hat ihre deshalb vorsichtshalber schon mal abgeschnitten. Bei ihr ist es nämlich in knapp zwei Wochen auch soweit. Und vorher hat sie noch schnell ein Album gemacht.

Unserer vollfundierten These zufolge sollten wir Alanis nach "So-called chaos" also endgültig abschreiben können. Tatsächlich ist die nach Pamela Anderson zweitberühmteste Kanadierin aller Zeiten aber die Ausnahme zur Regel. Man hat ihr ja fast schon gewünscht, endlich so alt zu werden, wie sie schon immer dahergeredet hat. Wer nicht nur altklug, sondern auch alt ist, ist schließlich nicht mehr altklug, sondern klug. Klar soweit? Gut. Dann können wir ja nun damit rauskommen, daß Alanis' neue Platte den Rezensent nicht in die gleichen körperlosen Welten transzendentaler Esoterik transferiert hat, die er vor zwei Jahren noch nach einer Überdosis "Under rug swept" erkunden konnte. Und er findet das gut.

Alanis Morissette hören heißt auch diesmal wieder, in Erinnerungen zu schwelgen. Erinnerungen an die Neunziger. Eine Zeit, als jede Frau, die einen Bleistift halten konnte, in ein Tonstudio verschleppt und zur Aufnahme einer Female-Adult-Contemporary-Songwriter-Platte gezwungen wurde. Deshalb ist es aber auch gar nicht schlimm, daß auf "So-called chaos" ähnlich losgelegt wird, wie vor zehn Jahren mit "Jagged little pill". Jenes taugte schließlich noch was. Und wie sich "Eight easy steps" unverkrampft der '94er-Version eines erbosten Alanis-Rocksongs nähert, ist schon erstaunlich gut geworden. Nicht nur für eine Frau, die 29,99 Jahre alt ist.

Auch danach bleibt diesmal alles im Rahmen des Unpeinlichen. Die Texte sind natürlich wieder "sehr persönlich", halten sich aber fern von der Befindlichkeits-Poesiealbums-Poesie des Vorgängers. Und die Songs sind ordentlich bis gut, wenn auch wenig aufregender als ein '86er-"Emma"-Reissue. "Knees of my bees" ist die unumgängliche Indien-Verneigung, fällt diesmal als flottes Sitar-Gedudel aber durchaus passabel aus. Der Titeltrack ist die ebenso traditionell überlange Düster-Nummer, und "Everything" am Ende die klassische, schöne "So-bin-ich"-Single. Alles beim alten bei der Alten. Das Feuer ist natürlich lange aus. Aber wenn das jetzt so weitergeht, soll Alanis auch mit 30 ruhig noch Musik machen.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Eight easy steps
  • Everything

Tracklist

  1. Eight easy steps
  2. Out is through
  3. Excuses
  4. Doth I protest too much
  5. Knees of my bees
  6. Not alle m
  7. So-called chaos
  8. This grudge
  9. Spineless
  10. Everything
Gesamtspielzeit: 43:31 min

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