Agnetha Fältskog - My colouring book

WEA / Warner
VÖ: 26.04.2004
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Dancing Queen

Vor vielen Jahren, bevor Schweden sich als Pop-Exporteur profilierte, kam aus dem Land der Elche und Regale exakt eine Band: ABBA. Die verkauften damals allerdings mehr Platten als heute die gesamte Musikindustrie der Bundesrepublik. 1984 war Schluß - und jedes der vier Bandmitglieder hatte mehr auf dem Konto als heutzutage mancher Staat. Von daher war es sicher nicht das Geld, das Sängerin Agnetha Fältskog damals zu einer Solokarriere anregte. Ihr letztes Album ist jedoch auch schon wieder 17 Jahre her, und so war die Öffentlichkeit nicht schlecht überrascht, als sie ein neues Werk ankündigte. Agnetha geht jedenfalls auf Nummer sicher und übt sich in der Interpretation anderer Leuter Lieder. So kann hinterher niemand behaupten, früher habe sie aber viel bessere Sachen gemacht.

Die Songauswahl beschränkt sich auf die Titel, die die kleine Agnetha hörte, als sie noch in Bullerbü wohnte und von der großen weiten Welt träumte. Egal, ob "Fly me to the moon" (im Original von Doris Day gepiepst) oder "Past, present and future" von den Shangri-Las - Frau Fältskog singt, was ihr gefällt. Und vor allem: wie es ihr gefällt. Die Arrangements kommen zumeist mit voller orchestraler Wucht daher, aber leider ohne jede Spur von Ironie. So klingt "When you walk in the room" mit seinem aufdringlichen Gebimmel gerade so, als hätte Phil Spector eine weitere Christmas-Charity-Single produziert. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Produzenten hätten Agnethas Stimme nicht viel zugetraut und sie deshalb unter einem Wust von Streichern, Bläsern und Chören begraben. Was ein wenig verwunderlich ist, produzierte und arrangierte die gute Frau doch zu weiten Teilen selbst.

"The end of the world" von Skeeter Davis ist zweifelsohne immer noch ein großartiger Popsong, aber wenn das Cover dem Original nichts hinzuzufügen hat, greift der Nicht-ABBA-Fan doch lieber zu letzterem. Was nicht heißt, daß "My colouring book" ein minderwertiges Album wäre; es tut nur erschreckend wenig zur Sache, wer da überhaupt singt. Zwar erinnern besonders die langgezogenen Vokale immer noch an Agnethas früheres Wirken, was den Zuhörer dennoch kaum zu erfreuten Ooohs und Aaahs veranlaßt. Angesichts der Worte wie "Homage an die Künstler, die mich inspiriert haben" und "Soundtrack einer vergangenen Zeit" schreit das glatt nach einem "Ziel verfehlt!". Was die einzelnen Lieder für die Sängerin bedeuten, erschließt sich nur selten. Bei "Fly me to the moon" ist die Verehrung für Doris Day dann aber so stark rauszuhören, daß Fältskogs Interpretation fast zur Imitation verkommt. Kolleginnen wie Joni Mitchell haben da vorgemacht, wie all das besser geht.

Aber auch einige ABBA-Fans werden enttäuscht sein: Statt gutgelauntem Disco-Sound erwarten sie hier melancholische Swing- und Jazz-Klänge, die viel zu oft mit geradezu absurdem Zuckerguß daherkommen. Würde es sich hierbei nicht um die ehemalige Sängerin einer der berühmtesten Bands der Welt handeln, würde "My colouring book" außer hauptberuflichen Fahrstuhl-Beschallern kaum jemanden interessieren. No thank you for the music.

(Lukas Heinser)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • If I thought you'd ever change your mind
  • The end of the world

Tracklist

  1. My colouring book
  2. When you walk in the room
  3. If I thought you'd ever change your mind
  4. Sealed with a kiss
  5. Love me with all your heart
  6. Fly me to the moon
  7. Past, present and future
  8. A fool am I
  9. I can't reach your heart
  10. Sometimes when I'm dreaming
  11. The end of the world
  12. Remember me
  13. What now my love
Gesamtspielzeit: 42:05 min

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