Lali Puna - Faking the books
Morr / Hausmusik / IndigoVÖ: 05.04.2004
Bauchladen
Da unten in Weilheim hat das alles mal angefangen. Mit Dreadlocks und Gitarren. Ein Jahrzehnt und noch etwas mehr ist das her. Viel Zeit, die von ein paar wenigen sehr klugen Männern und Frauen genutzt wurde, um in kaum mehr überschaubaren Kreuz-und-quer-Konstellationen jede erdenkliche Nische abzugrasen, die jenseits von platter Gebrauchsmusik existiert. Hardcore, Metal, Electronica, Jazz, Rock, Pop und alles, was noch irgendwie dazwischen geht. Letztes Jahr ist die ganze Sippe durch Europa gereist. Ein ausgemachter Triumphzug, ein einziges, gnadenloses, völlig legitimes Zur-Schau-stellen der eigenen Vielfalt und Klasse. "Weilheim auf Achse" haben sie den Ausflug spitzbübisch genannt. Größer kann das alles eigentlich gar nicht mehr werden.
Weitergehen will es aber trotzdem. Deshalb jetzt: Vorwärtsdrang, gekoppelt mit Rückbesinnung. Das neue Notwist-Album, erzählt man sich, es soll gar wieder rocken. Aufgenommen wird es Ende '04. Und Lali Puna schieben sich solange schon mal dazwischen. Valerie Trebeljahr und ihre drei Helfer, die natürlich auch noch in ein paar anderen Bands Helfer oder Chefs sind, haben wir in bester Erinnerung, weil sie 2001 "Scary world theory" gemacht haben. Ein Album mit kleinen, verwinkelten, nie verkopften, aber immer schönen Elektronik-Konstruktionen. Nun kommen sie mit "Faking the books". Ein Album mit kleinen, verwinkelten, nie verkopften, aber immer schönen Elektronik-Konstruktionen. Und: richtigen Instrumenten drauf.
Es war wohl das erste Anliegen von Valerie Trebeljahr, ihren Tracks diesmal mehr Freiheiten zu lassen, alles ein bißchen offener und lebendiger zu machen. Im Titelstück mischt sich deshalb Markus Achers verschlurftes Gitarrenspiel unter maschinelle Geräusche und pumpende Bässe. "Call 1-800-FEAR" und "Micronomic" sind sogar lustvoll scheppernde Indietronic-Minihits. Und im geradezu rasanten "B-Movie" haben sich Gitarre und 4/4-Schlagzeug schon das erste Mal ausgetobt, bevor der Laptop überhaupt nur hochgefahren ist. "Faking the books" begegnet der Gemütlichkeit seines Vorgängers mit beinahe sportlichem Tatendrang. Und die viele frische Luft tut ihm ziemlich gut.
Zwischen neugefundener Bewegungsfreiheit und wiedergefundenem Spaß an den alten Instrumenten bleibt aber auch auf dieser Platte noch genügend Platz für abstrakte Klangforschung und minimale Soundschwelgerei. Es sind allerdings gerade jene zurückgenommenen Tracks, die oft nur noch von Valerie Trebeljahrs getuscheltem Singsang zwischen Flüstern und Murmeln beisammengehalten werden. Mit der traumwandlerischen Selbstsicherheit des Vorgängers, können die leisten Töne diesmal nicht mehr Schritt halten - "Faking the books" ist die schwächste Platte seit langer Zeit aus Weilheim. Aber das ist keine Kritik an Lali Puna, sondern ein Kompliment für all die Menschen, die dort Musik machen. Und das Cello da am Ende von "Crawing by numbers". Das ist natürlich ein Wunder.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Faking the books
- Call 1-800-FEAR
- Micronomic
- Crawling by numbers
Tracklist
- Faking the books
- Call 1-800-FEAR
- Micronomic
- Small things
- B-Movie
- People I know
- Grin and bear
- Geography-5
- Left handed
- Alienation
- Crawling by numbers
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Lali Puna (13 Beiträge / Letzter am 26.02.2019 - 10:43 Uhr)
- Lali Puna - Two windows (6 Beiträge / Letzter am 31.08.2017 - 23:21 Uhr)
- Lali Puna - Our inventions (13 Beiträge / Letzter am 10.04.2010 - 21:50 Uhr)