Mínus - Halldór Laxness

Smekkleysa / Bad Taste SM / Sony
VÖ: 19.04.2004
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Flammendes Inferno

Moshende Polarbären, dicke Lärmgewitter bei minus zwanzig Grad. Geordneter Lärm im atonalen Chaos. Irgendwo ja schon ziemlich seltsam. Das ist jetzt ja alles auch schon wieder drei Jahre her. Mit "Jesus Christ Bobby" verstörten Mínus kein Millionenpublikum und erst recht keine labilen Gemüter. Aber jene, die mental bereit und vor allem stark genug waren für Holzhämmerer im rasenden Masturbationswahn. Sowas schürt natürlich erst einmal Erwartungshaltungen für Kommendes.

Und so erwischen einen Mínus mit diesem "Halldór Laxness", benannt nach einem isländischen Literatur-Nobelpreisträger, prompt auf dem ganz falschen Fuß. "Boys of winter" offeriert die Blaupause für eine Dreiviertelstunde Tour de force, wie es sie in diesem Jahr noch nicht auf die Lauscher gab. Fette Riffs, die in ihrer dreckigen Kompaktheit schon fast was von Entombeds "Wolverine blues" oder Helmets "Meantime" haben. Death'n'Roll. Dargeboten von fünf Isländern, die sich ulkig Krummi, Frosti, Bjarni, Bjössi, and Þröstur nennen. Und eine Stimme ans Mikrophon stellen, die klingt wie Mike Patton auf Steroid. Uff. Schwer verdaulich? Geht so.

Verstörend ist das jedenfalls nicht mehr. Aber schon noch schön laut. "Angel in disguise" heißt jetzt eine dieser aufgeräumteren Knaller, die mehr denn je losballern. Obwohl sie deutlich simpler gestrickt sind, als es "Jesus Christ Bobby" je zugelassen hätte. Weniger zermürbend kommt da auch Heftiges wie "Who's hobo" dahergepoltert. Indes: Die Wirkung erfolgt mit ähnlicher Intensität. Das Resultat gestaltet sich da schon ein wenig anders: Kopfnicken statt Kopfkratzen.

Catchy Melodie verdrängt artsy Dissonanz. Das funktioniert. Und wie! Bereits auf der zunächst vermeintlich kargen Oberfläche lauert die Substanz. Denn verquere Krach-Eskapaden und Seltsamkeiten schieben Mínus immer wieder gekonnt und vor allem gewollt dazwischen, um die entfachte Höllenglut nicht auf Sparflamme dahindarben zu lassen. Man beachte nur einmal das beschwingt röhrende Jazz-Saxophon in "The long face". Die können halt irgendwie auch nicht anders. Gut so.

In "Insomniac" läßt man es sogar hübsch bedächtig angehen. Und kurz vor Toreschluß verängstigt man in "Last leaf upon the tree" noch mit herrlich krude verzerrtem Zuckgerguß und dem verstörendem Frauengoldkehlchen von Katiejane Garside. Gerade die Tatsache, daß unter der allerderbst rockenden Kruste auch noch eine zweite Ebene existiert, die mehr will, als bloß zu schwitzen, macht "Halldór Laxness" dann auch wieder zu etwas ziemlich Besonderem. Monströs wie Sau.

(Sven Cadario)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Boys of winter
  • Who's hobo
  • Angel in disguise
  • The long face

Tracklist

  1. Boys of winter
  2. Who's hobo
  3. Romantic exorcism
  4. Angel in disguise
  5. Flophouse in nightmares
  6. Here comes the night
  7. The long face
  8. My name is cocaine
  9. The ravers
  10. I go vertigo
  11. Insomniac
  12. Last leaf upon the tree
Gesamtspielzeit: 43:36 min

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boneless

2022-07-17 18:55:15

Letztens mal wieder aus dem Cd-Regal geholt und direkt umgepustet worden. Hat absolut nichts von seiner immensen Durchschlagskraft verloren und dieser Gitarrensound ist schlicht geil. Dazu nur Hits, allein Who's Hobo... und eigentlich der ganze Rest. Und das Cover ist weiterhin die coolste Darstellung einer Rockband überhaupt.

XTRMNTR

2018-06-13 11:00:51

War wirklich eine verdammt starke Platte damals. Schön durchgeknallt.
Muss ich mal wieder auflegen.

Felix H

2018-06-13 10:58:50

Das Album ist immer noch soo gut. Schade, dass der Nachfolger eher enttäuschend uninspiriert war.

Erwin

2009-09-15 23:40:04

Offensichtlich

Lyxen

2008-01-16 12:33:24

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