Zsá Zsá - Thirst trap
Ventura / Future ClubVÖ: 26.09.2025
Vorspiel
Klären wir vielleicht zuerst, warum einem Zsá Zsá Inci Bürkle so bekannt vorkommt. Ihr Sprungbrett war die Schauspielerei, etwa als junge Gretchen Haase in "Doctor's Diary" oder Trude von den "Wilden Hühnern". Danach folgten noch einige TV-Rollen und erste musikalische Anläufe, aber so richtig präsent in der Medienlandschaft wurde die 30-Jährige erst wieder in den letzten Jahren, und das auch eher für ein jüngeres Publikum. Denn ihre Musik ist wie maßgeschneidert für TikTok-Timelines, mit verruchten Hooks auf markanten Instrumentals, die wie ein Mash-up aus besserem Hyperpop und einfachen Rap-Elementen klingen – die gebürtige Pforzheimerin selbst nennt das übrigens selbstbewusst Hyperrap. Jetzt gibt es dazu ein erstes Album, wobei "Thirst trap" so kurz gehalten ist, dass die Bezeichnung Debüt-Tape wohl treffender wäre. Genau hier liegt auch der Hauptkritikpunkt an einer Platte, die eigentlich Lust auf viel mehr macht.
Bei zehn Tracks, alle kürzer als drei Minuten, wirkt es natürlich mehr wie eine Spielerei statt wie ein Longplayer. Gehört hier zur Ästhetik dazu, diese dient gleichzeitig als Existenzberechtigung dafür, warum das überhaupt was hermacht. Tatsächlich schafft Zsá Zsá nämlich mit "PG Freestyle" etwas fast Unmögliches, nämlich auf Deutsch (!) zu einem Drill-lastigen Beat von Overshiaat erotische Lyrics relativ anspruchslos und doch würdevoll rüberzubringen. Mag sein, dass die neue Deutschrap-Generation unsere Erwartungen so weit runtergeschraubt hat, aber es reicht tatsächlich, dass Bürkle in jedem dieser Mini-Songs eine gewisse Aura ausstrahlt, für die eine Ikkimel oder Ski Aggu mehrere Tracks Anlauf bräuchten. Dazu kommen diese verdammten Ohrwurm-Hooks, so knackig, dass "Bad bunnies" keine richtigen Parts braucht, um ein Hit zu sein. Starke Arbeit auch vom Produzenten Replay Okay, der bis auf ausgerechnet den Höhepunkt "PG Freestyle" überall beteiligt ist.
Abgesehen von einer angemessenen Länge fehlt hier leider ab und zu noch das Gespür dafür, wie man eine wasserdichte Tracklist baut. Im Closer "Raris & Rovers" überzeugen zwar das Storytelling und die Lockerheit, doch irgendwie passt die Reggae-Stimmung weder zu den vorherigen Tracks, noch den gar nicht mal so heiteren Lyrics. Und mit "Trackstar" gibt es leider auch eine Nummer, deren Hook eher nervt als berauscht. Alles davor klingt dafür interessant oder anregend, mal aufgrund der durchweg starken Produktion, häufiger aber durch diesen gewissen Charme in Bürkles Stimme, mit der sie auf "Tip top" Ansagen verteilt, in "Saddie" Enttäuschung zu Selbstermächtigung verwandelt oder bei "Stop" keinen roten Faden hat und trotzdem Sinn ergibt. Weil – und das unterscheidet sie von anderen Schauspielerinnen, die nach Drehschluss noch ein paar Beats vollrappen wollen – sie im besten Sinne ihren ganz eigenen Film schiebt. Dazu gehört dann wohl auch so ein unfertiges, doch leichtfüßiges Werk wie diese Small-Size-Platte, die mehr Hunger als satt macht. Wie es schon im Opener heißt: "Ich hab' für Dich keine Zeit / Ich schieß' Dich ab, Baby, das ist der Vibe" – okay, dann läuft das hier jetzt im Loop, bis es irgendwann ein richtiges Album gibt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Bad bunnies
- PG Freestyle
Tracklist
- Er kriegt mich nicht
- Bad bunnies
- Stop
- Tip top
- PG Freestyle
- Saddie
- Bestie
- 36°
- Trackstar
- Raris & Rovers (Na na na na)
Im Forum kommentieren
KarlLiebknecht420
2025-11-04 10:00:49
Richtige Bewertung. Hat eben eine Energie, die man belohnen sollte, gleichzeitig aber etwas hemdsärmelig noch.
Goldrichtig im Vergleich zu Ikki oder diesem Möchtegern SkiAggu
manukaefer
2025-10-10 10:39:25
"Fick dich, und alles was du sagst" - Textzeile des Jahres
Regenmacher
2025-10-10 10:31:31
Hab mir mal den mindestens dritten oder vierten Account hier gemacht, um zu antworten. Sollte vielleicht mal meine ganzen Usernames sammeln ...
@Arne: Sehr nice, dass das mit Bhad Babie jemandem auffällt. Hab es mit Absicht aber nicht erwähnt, weil dann müsste man so gut wie alle Deutschrap-Produktionen der letzten zeit durchgehen. Gab es auch auf dem Chuba-Album, wo bspw. ein Song von Grimes musikalisch und sogar im Video gecovert (?) / nachgemacht wurde, ohne Credits natürlich.
Ich finde auch nicht, dass das Fetty Wap Namedropping deplatziert ist, im Gegenteil sogar etwas erfrischend, einfach weil die Querverbindung so unerwartet kam. Und jahrelangen Trends in der Produktion hinterherzulaufen ist halt für mich der deutsche Standard, das ist mehr, als man in diesem Land erwarten kann leider. Könnt ihr Staiger fragen. ;)
@Böhnemann: Hatte mit Taylor Swift nix zu tun und finde Zsa Zsas Album einfach deutlich besser als das letzte von Nina Chuba. Es hat mehr Ecken und Kanten, will weniger gefallen, und genau das macht es für mich zumindest viel interessanter. Abgesehen von der besseren Produktion, die Instrumentals auf Thirst Trap sind fantastisch gepickt. Das hat mir wiederum bei Chuba gefehlt, wo paar Fragmente von verschiedenen Genres genommen und relativ lieblos zusammengeschmissen wurden.
Ich mache mal den Fantano: Y'all know this is just my opinion, right?
Arne L.
2025-10-09 13:16:30
@Jens Böhnemann Versteh ich, aber wir richten uns als Autor:innen ja nicht nach den Bewertungen der anderen Alben, sondern bewerten das Album mehr oder weniger "im luftleeren Raum" und Swift und Zsá Zsá zu vergleichen ist ja auch irgendwie nicht nötig. Aber kann einem natürlich aufstoßen, klar. Würde Nina auch deutlich über Zsá Zsá sehen.
Jens Böhnemann
2025-10-09 13:12:13
Um mal ein bisschen aufzuräumen:
Nina Chuba 6.1/10
Zsa Zsa 5.2/10
Taylor Swift 7.1/10
also
knappe 7
6
knappe 8
oder wenn man hart bewertet einen ganzen Punkt runter für alle.
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Spotify
Threads im Forum
- Zsá Zsá - Thirst trap (31 Beiträge / Letzter am 04.11.2025 - 10:00 Uhr)
