Richard Ashcroft - Lovin' you
RPA / VirginVÖ: 10.10.2025
Bei aller Liebe
Richard Ashcroft hat einen Lauf. Auf der triumphalen Comeback-Tour von Oasis darf er den Anheizer spielen, und die Stadiongesten liegen ihm. Klar, die Menge ist (bier-)selig, und er spielt überwiegend die Hits seiner alten Band The Verve, die sind sowieso unkaputtbar. Aber auch seine ab dem Jahresende startende Solotour durch große britische Hallen, gekrönt durch einen großen Outdoor-Gig im nächsten Sommer in London, nähert sich dem Sold-Out-Status. Er kann also karrieretechnisch gerade nicht klagen.
Andererseits hätte in den ersten Satz dieses Textes wohl ein “eigentlich“ gemusst. Denn in Ashcrofts Solo-Diskografie – und die ist immerhin auch schon 25 Jahre, fünf Alben plus Akustikplatte und dieses seltsame Nebenprojekt als RPA & The United Nations Of Sound dick – findet sich musikalisch mehr Schatten als Licht. Stand das Debüt "Alone with everybody" damals noch im gigantischen Schatten von The Verve und wurde dessen Klasse – “A song for the lovers“!, “I get my beat“!, “New York“! – daher auch auf Plattentests.de leicht verkannt, ging es bereits mit dem Nachfolger "Human conditions" stark bergab. Einzelne Perlen fanden sich jedoch auf jedem Album, notfalls konnte man sich immer noch in diese unnachahmliche Stimme einwickeln.
Knüpft nun “Lovin' you“ an den Aufwärtstrend an, den das schöne "Acoustic hymns vol. 1" und die gefeierten Live-Auftritte angedeutet haben, und macht Ashcrofts letztes Studioalbum, die Vollkatastrophe "Natural rebel", vergessen? Fangen wir mit etwas Positivem an: Die Produktion hat wieder mehr Saft. Das Alleinstellungsmerkmal – die Stimme! – geht nicht irgendwo im Soundbrei verloren, sondern steht klar im Vordergrund. Auch erfreulich: Der Künstler hat wieder mehr Mut, seine Komfortzone zu verlassen. Ob das Resultat dann als gelungen zu betrachten ist, darüber werden die Meinungen geteilt sein.
Das vorab veröffentlichte und das Album eröffnende “Lover“ ist ein gutes Beispiel. Die schnippenden Hip-Hop-Beats und das um ein Sample von Joan Armatrading gebaute Stück haben etwas Frisches, über die erschreckend schlichten Lyrics sei allerdings wie über die meisten Texte der Platte der Parka des Schweigens gelegt. Mit dem Titelsong schiebt Ashcroft den nächsten überraschenden Track nach. Erneut unter Verwendung von Fremdmaterial – hier wird ein Riff von Mason Williams mit modernen Loops und Anflügen von Drum and Bass kontrastiert. Den erstaunlichsten Song der Platte liefert jedoch ein Featuring ab, mit dem wohl niemand gerechnet hätte: In “I'm a rebel“ schneidert Mirwais Ashcroft einen satten Scissor-Sisters-Daft-Punk-Discokracher auf den Leib. Ziemlich irre, aber auch echt gut. Ebenso auf der Habenseite zu verbuchen sind das dynamische “Heavy news“, in dem diese kraftvolle Stimme endlich mal wieder einen flotten Rocker anschiebt, und das charmant auf Marching Drums dahingleitende “Crimson fire“.
Wer mitgezählt hat, kommt bisher auf fünf Songs, die Interessantes bieten, wenn auch nicht immer mit überzeugendem Ergebnis. Mehr werden es auch nicht. Der Rest schleppt die üblichen Balladen über die Zeit, wie Ashcrofts Soloalben sie immer und in zu großer Zahl beinhalten. Zu viel Country, zu viele Streicher, zu viel Wanderprediger-Pathos. Wer mag, kann zumindest dem zurückgenommenen akustischen Finale “Fly to the sun“ noch etwas abgewinnen. Aber insgesamt ist das alles doch wieder zu wenig. Sorry, Richard, we love you trotzdem irgendwie.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Heavy news
- I'm a rebel (feat. Mirwais)
Tracklist
- Lover
- Out of these blues
- Heavy news
- Oh l'amour
- I'm a rebel (feat. Mirwais)
- Find another reason
- Lovin' you
- Live with hope
- Crimson fire
- Fly to the sun
Im Forum kommentieren
The MACHINA of God
2025-10-25 16:14:15
Jo, gerade läuft es für hin und nun liefert er eben mal schnell eines der Highlights des Jahres ab.
Bei dir bin ich da aber überrascht. Meine These: Wäre eine der beiden Singles oder auch "I'm a rebel" von Coldplay, du würdest im dazugehörigen Thread rumwüten. :D
nörtz
2025-10-25 16:00:45
Jo, gerade läuft es für hin und nun liefert er eben mal schnell eines der Highlights des Jahres ab.
Socko
2025-10-25 15:22:58
Stimme ich zu
MickHead
2025-10-25 13:59:20
Marco Werner hat es mal wieder auf den Punkt gebracht!
https://youtu.be/w2ZuE2HnGto?si=cqoFe1P2u21AIa_8
Socko
2025-10-18 06:40:02
Ich finde das neue Album für vollkommen ok.Lovet ist auf Platte ebenso wie live,einfach großartig. Wie gesagt: istnnalter Schuh,einige Songs klingen wie schonmalgehört.Es wird auch nicht zu den Überalben des Jahres werden,hat aber seine Perlen.Gerade Lover und das Mirwaisding gefallen mir richtig gut..Offensichtlich sehen das sehr viele ganz anders als einige Grantler hier.Siehe derzeitiger Erfolg des Richie und siehe vor allem im übrigen auch sehr viele andere Reviews
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