01099 - Orange

Bamboo / Sony
VÖ: 26.09.2025

Was Kendrick sagt

"Ich bin eigentlich entspannt und zu jedem Menschen freundlich / Doch enterbe meinen Sohn, hört er 01099." Audio88 ist kein Fan des Dresdner Trios, das ist seit dieser Line aus seinem 2025 erschienen Track "Das Letzte" verbrieft. Woher die Abneigung des Rappers aus Cottbus kommt, liegt auf der Hand. Im Gegensatz zu ihm interessiert sich die selbsternannte Boygroup nämlich ganz sicher nicht für die Hip-Hop-Kultur. Die Sachsen machen Rap-Musik als glattpoliertes Lifestyle-Produkt und treffen mit ihren federleichten, generischen Tracks direkt ins Schwarze bei der Generation TikTok.

Dass 01099 seit mittlerweile sieben Jahren und fünf Alben mit ihrem Blendwerk durchkommen, ist die eigentliche Kunst. "Vibe-Musik" nannte Kollege Max das beim Vorgänger "Kinder der Nacht", und genau in dieses Fach kann man auch das neue Album "Orange" einsortieren. Die Inhalte der zwölf Tracks sind ausnahmslos völlig trivial, was in seiner Konsequenz eine bemerkenswerte Leistung ist. Bei 01099 geht es um ein Lebensgefühl, und das speist sich aus Späti-Parties, nächtlichem Rumcruisen auf dem E-Roller oder kicherndem Rundlauf um die Tischtennisplatte. Wenn nach Veröffentlichung dieser Rezension rauskommt, dass alle Texte auf "Orange" von einer KI geschrieben wurden, darf die Überraschung ob lyrischer Glanzstücke wie dem Song "Laufen" nicht allzu groß sein: "C'est la vie, Du weißt schon, ey / Blaue Stunde, kein Ziel, keine Eile / Große Runde, kleiner Kreis / Fitcheck, Autofensterscheibe." Über all dem verballerten Hedonismus schwebt oft eine leicht verkaterte melancholische Note, die vermutlich inhaltlichen Tiefgang simulieren soll.

Den sucht man auch beim Track "Nachtschicht" vergeblich: "Und wenn ich ehrlich bin, dann mag ich, wenn es kracht / Ich bin bi und fick' auch Deine Mutter, wenn es passt." Die Zeilen kommen vom Gast Ikkimel und hinterlassen ein großes Fragezeichen. Die ehemaligen Privatschüler Paul, Zachi und Gustav pflegen eigentlich ihr braves Image und betonen ständig, dass sie auf sexistische Inhalte in ihren Songs verzichten. Aber Überfliegerin und Feuilleton-Liebling Ikkimel, bringt Reichweite und das ist im Kosmos erfolgreicher BWL-Rapper sicher die wirklich harte Währung. Auch Schmusepanda Cro schaut als Streaming-Multiplikator bei "So heiß" für einen nichtssagenden Part vorbei.

Zwischen schwül-warme Hip-Hop-Beats von Branchengrößen wie Jugglerz oder Lucry & Suena mogelt sich auch immer mal ein Atzentechno-Track wie "Himmel Pink" oder "Eine Insel irgendwo". Bei der stampfenden Hit-Single "Halbtrocken" drängt sich der Eindruck auf, dass 01099 bei "Mucho gusto" von viko63 ganz genau hingehört haben. "Let's be clear, Hip Hop died again" rappte Kendrick auf dem diesjährigen Album von Clipse. Nach einer knappen halben Stunde 01099 kann man dem Großmeister aus Kalifornien leider nur beipflichten.

(Andreas Rodach)

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