Octoberman - Chutes
IshmaliaVÖ: 27.08.2025
Goldener Oktober
Man kann den Herbstanfang auf ganz unterschiedliche Art und Weise zelebrieren. Wer sich unters Volk mischen will, der besucht die saisonal unvermeidlichen Superspreader-Events wie die Frankfurter Buchmesse oder das Oktoberfest. Man kann aber auch ebenso gut (oder vermutlich deutlich besser) zu Hause vor dem Kaminofen sitzen, einen staubigen Médoc entkorken und sich an erbaulicher Musik delektieren, während draußen vor dem Fenster bunte Blätter von den Bäumen segeln und die Kastanien mit einem sanften "Pock!" auf Autodächer plumpsen. Den wahrscheinlich besten Soundtrack für solche Momente der Einkehr und den Herbst 2025 dürfte das neue Album der kanadischen Band Octoberman liefern. "Chutes" wurde live on tape produziert, also im direkten Zusammenspiel aller beteiligten Musikerinnen und Musiker – und ohne weitere Overdubs direkt auf einer analogen Zwei-Zoll-Bandmaschine eingefangen.
Das ist vortrefflich gelungen. Octoberman schaffen es, mit perlenden Gitarren und handgemachter Instrumentierung reichlich herbstliche Melancholie à la Go-Betweens heraufzubeschwören – aber ohne deren zuweilen etwas sehr ins Schwermütige lappende Tristesse Überhand nehmen zu lassen. Das liegt vor allem daran, dass das Schlagzeug wunderbar unaufgeregt laid-back spielt, dabei aber trotzdem zuverlässig groovt. Schon im Opener schrammelt sich einem die Band mit liebenswerter Wurschtigkeit und Wuscheligkeit ins Herz, Sänger Marc Morissette hat in seiner Stimme ein bisschen was von Stephen Malkmus, aber auch etwas leicht Kratziges wie bei J Mascis. Und am Schluss steigert sich der Song in eine schön krachige Coda – und erinnert damit an starke Momente von Teenage Fanclub ("Everything flows"). "Old names" wiederum atmet ein gewisses Country-Flair, welches aber durch das eingesetzte Schifferklavier zugleich auch eine leicht maritime Stimmung evoziert.
Der größte Verdienst dieser Scheibe ist aber, dass hier keine Sekunde Langeweile aufkommt, obwohl der Großteil der Stücke im eher getragenen Tempo und ohne überkandidelte Instrumentierung oder Studioeffekte daherkommt. Alle Songs werden vollständig auserzählt – ohne dabei jedoch Zeit zu schinden oder unnötige Selbstzitate abzuliefern. Manchmal ist in drei Minuten halt alles gesagt. Was hier besonders überzeugt, ist das außerordentlich gelungene Songwriting. Nicht selten kann man zu Beginn gleich beim ersten Hören mitsingen, weil viele Stücke erst mal mit einigermaßen vorhersehbaren Akkordfolgen daherkommen. Spätestens im Refrain gibt es dann aber eine unerwartete Wendung oder sonstwie geartete Überraschungen. Und in Stücken wie "Marla" raut ein merkwürdiger Vintage-Synthie-Sound die Manufakturarbeit auf, streut gewissermaßen ein wenig "Umami" in den Sound. Octoberman gelingt es, dass man nach dem Hören erst glücklich im Sessel sitzt und ein wenig nachspürt – um dann sofort Lust zu bekommen, die Platte gleich nochmal von vorne zu hören. Ja, wer "Chutes" im Auto-CD-Spieler hat, der kann alleine mit diesem Album eine mehrstündige Fahrt über Landstraßen im Herbstlicht antreten, ohne dass der Wunsch nach weiterer Abwechslung vorkommt. Wir sagen: Allzeit gute Fahrt!
Highlights & Tracklist
Highlights
- Harry Nilsson
- Roger
- That Letter
- Ottawa River
- No forever
Tracklist
- Harry Nilsson
- We used to talk of death
- Roger
- Old names
- Return call
- That letter
- Austin
- Ottawa River
- Chutes of time
- No forever
- Marla
- Come people go
Im Forum kommentieren
Armin
2025-10-01 20:40:47- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
MickHead
2025-08-16 09:33:10
Die kanadische Indie-Folk/Rock Band "Octoberman" aus Vancouver, British Columbia, veröffentlicht am 27.08. (Digital schon am 13.08. erschienen), das mittlerweile 7. Studioalbum "Chutes". Es folgt auf "There You Were" von 2023.
Kaum zu glauben, das es noch keinen Eintrag zu dieser Band gibt!
Von Pitchfork als „Stephen Malkmus in seiner lockersten Form“ und von Uncut als „ein heiterer Elliott Smith oder Sparklehorse“ beschrieben, hat sich Octoberman in Kanada und im Ausland eine Kultanhängerschaft aufgebaut. Im Laufe der Jahre waren sie in Serien wie Grey’s Anatomy zu sehen, tourten international mit Künstlern wie Julie Doiron und Mount Eerie und entwickelten sich still und leise zu einem der beständigsten Folk-Rock-Kollektive des Landes. „Chutes“ mag ihr bisher nachdenklichstes Album sein – aber wie die besten ihres Katalogs entwickelt es sich ständig weiter.
"Chutes" bei Bandcamp:
https://octoberman.bandcamp.com/album/chutes
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- Octoberman - Chutes (2 Beiträge / Letzter am 01.10.2025 - 20:40 Uhr)
