Foreign Air - Such that I may glow

Nettwerk / Bertus
VÖ: 22.08.2025
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Nein, Mann, ich will noch nicht gehen

Erinnert sich hier noch jemand an die Zeit der späten Nuller- und frühen Zehnerjahre, als Indie-Pop seine Leidenschaft für Synthesizer (wieder-)entdeckte? Als Bands wie MGMT und The Naked And Famous die Welt übernahmen und sich für ein paar Jahre alles ziemlich leicht anfühlte? Man zu lokalen Phänomenen wie I Heart Sharks tanzte und in den Straßen und Verkehrsmitteln immer irgendwo noch etwas Glitzer aus den Clubs klebte? Nach den letzten Jahren fühlt sich das alles mittlerweile an, als sei es ein halbes Jahrhundert her. Als hätte die Welt sich in dreifacher Geschwindigkeit gedreht. Und die ursprünglichen Wegbereiter dieses Sounds aus den Achtzigern fühlen sich dementsprechend schon nach Altertum an. Plötzlich kommt in der dunkelsten Stunde ein US-amerikanisches Duo und erinnert uns zumindest ein Album lang an bessere Zeiten.

Foreign Air sind Jesse Clasen als Sänger und Gitarrist und Jacob Michael an Gitarre, Bass und vor allem Synths sowie der dazugehörigen Programmierung, denn damit hat er auf ihrem dritten Album "Such that I may glow" alle Hände voll zu tun. Um am Anfang aber noch nicht zu überfordern, kommt "Feels like nothing" erst mal gemächlichen Schrittes rein und baut seine Synthesizer auf. Hier und da glitzert ein Piano, und inhaltlich erinnert der Song daran, dass selbst in der Hochzeit des Indietronic nicht selten getanzt wurde, um den Frust abzuschütteln: "To believe in something / It's all we ever wanted / But it feels like nothing." "Save us" legt tempotechnisch deutlich zu, pitcht die Backing Vocals und bildet mit hektischen Drums und Strings einen direkten Gegenentwurf zum Opener. "Smile" erlaubt sich dann ein bisschen pathetischen Optimismus und packt mit einem fetten synthetischen Bass und tiefer Kickdrum. Während die Strophen mit einer Menge Groove drücken, öffnet sich der Song zum hellen Refrain: "Immortalized and held in our hands / With gold in our hearts / Never will we part." Das anschließende "Royalty" verabschiedet sich endgültig in den hedonistischen Rausch von damals, könnte so direkt aus 2008 importiert sein und öffnet den dunklen Schatten gar nicht erst die Tür: "In this house we still dream / We live like we're royalty."

Richtig kitschig im süßen Sinne wird es in "Awkward bones", einem Stück, das die Band selbst als "80s prom song" beschreibt. Man wird von einer naiven Melodie angeschmunzelt, und Clasen wechselt ins Falsett – ein Mittel, dass er auf Album Nummer drei nicht mehr so häufig nutzt, weil er es scheinbar oft als kreativen Ausweg empfand. Hier passt es aber vorzüglich zum Zuckerguss: "She is a wallflower, a wallflower in bloom / In a cloud of my scent / Cigarette perfume." Wie zum Ausgleich zeigt "The Heist (In the middle)" als weiterer groovender Song dann einiges an cooler Rockstar-Attitüde und bekommt von Bläsern Unterstützung. Foreign Air hören sich dank cleverer Programmierung quasi nie nach einem Duo an, sondern nach einem Raum voller Instrumente.

Im letzten Teil des mit rund 37 Minuten kompakt geschnürten Pakets von einem Album lehnt sich die Band musikalisch deutlich mehr in Richtung Achtziger. Da ist das ernste, im Zwielicht agierende "Maniac", das von Menschen an der Grenze ihrer Belastbarkeit erzählt, die nur einen Schubser brauchen, um auszuticken. Und vor allem ist da "The Hive", das am Darkwave kratzt und flirrende Synths und hallende Drums durch den Raum laufen lässt. Foreign Air erinnern immer wieder daran, dass selbst die schwach beleuchteten Kellerräume der kleinen Clubs keine hermetisch abgeriegelten Biotope sind und die Nervosität der Außenwelt eindringt: "Come time, we'll surface / Down to the wire / What should we do? / Tear down the walls, get out of the room?" Mit so einem Gefühl würde uns ein Album mit dem Titel "Such that I may glow" aber natürlich nicht entlassen. Deshalb steht der titelgebende Song auch am Ende, verzaubert mit einer süßen Gitarrenmelodie und guckt uns verliebt in die müden Augen: "I know I'm holding on forever / Such that I may glow / Your kiss so sweet, your lips on me." Es ist der letzte wohlschmeckende Kuss, bevor man zurück ins Jahr 2025 muss.

(Arne Lehrke)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Save us
  • Smile
  • The heist (In the middle)

Tracklist

  1. Feels like nothing
  2. Save us
  3. Smile
  4. Royalty
  5. Awkward bones
  6. The heist (In the middle)
  7. Maniac
  8. What’s wrong?
  9. The hive
  10. Such that I may glow
Gesamtspielzeit: 36:38 min

Im Forum kommentieren

Kontermutter

2025-10-02 14:26:11

Ich muss zusätzlich zu der Rezi nochmal auf

The Heist (in the middle)

aufmerksam machen. Wer mit so viel Sexappeal eine Zeile wie "I want to show you that I got an education, baby" singen kann, verdient Respekt.

Armin

2025-10-01 20:39:08- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?


Kontermutter

2025-08-25 19:35:44

Ich weiß noch nicht, wie ich es meiner Frau erkläre, aber ich fürchte ich bin verliebt. Gegen Ende verliert es leider etwas an Fahrt, aber so die ersten zwei Drittel – ALLES Banger.

MickHead

2025-08-22 11:10:33

Jetzt komplett bei Bandcamp:

https://foreignair.bandcamp.com/album/such-that-i-may-glow

MickHead

2025-08-18 09:43:29

Das 3. Studioalbum heißt "Such That I May Glow", und wird am 22.08. veröffentlicht.

"Such That I May Glow" bei Bandcamp:

https://foreignair.bandcamp.com/album/such-that-i-may-glow

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