Ash - Ad astra
Fierce Panda / CargoVÖ: 03.10.2025
Nur dabei
Die Bestandsaufnahme sieht bis dato durchaus beachtlich aus: Über drei Jahrzehnte am Start, acht millionenfach verkaufte Studioalben, vier Live-Alben, fünf Compilations und rund sechzig Singles zeugen von einem gewissen Tatendrang. Von den knapp 2.000 Malen, an denen Ash die Konzertbühnen dieser Welt abgeklappert haben, ganz zu schweigen. Nicht übel. Zur Wahrheit gehört aber natürlich auch, dass für viele einzig die erste Schaffensdekade von Tim Wheeler & Co. relevant ist. Songs wie "Girl from Mars", "Angel interceptor", "A life less ordinary" oder "Burn baby burn" schwirren auch heute noch durch die Gehörgänge und funktionieren auf jeder Playlist. Danach waren die Nordiren zwar nie weg vom Fenster, aber eher nur dabei statt mittendrin. Nicht wenige haben Ash gedanklich zu den Akten gelegt. Doch statt "Ad acta" folgt nun "Ad astra".
Ob das Trio nur zwei Jahre nach "Race the night" damit tatsächlich nach den Sternen greift, darf trotz des pompösen und bedeutungsschwangeren Openers in Form der Strauss-Adaption "Zarathustra" durchaus mit einem Fragezeichen versehen werden. Dabei geht es gut los, folgt doch unmittelbar darauf mit "Which one do you want?" der nach Aussage von Drummer Rick McMurray perfekte Popsong und tatsächlich eines der Highlights des Albums. Ein Mix aus Melancholie, Sehnsucht und dem Gefühl, hin- und hergerissen zu sein, verpackt in zauberhafte Midtempo-Melodien im klassischen Stil der Band. Ebenfalls auf der Habenseite ist "Give me back my world" zu verbuchen, bei dem es in unverkennbarer Ash-Manier etwas mehr zur Sache geht. Klarer Indie-Rock-Gitarrensound gepaart mit einer gewissen Verträumtheit und strotzender Energie, die wohl auch vonnöten war, zumal Tim Wheeler diesen Song zu Beginn der Covid-19-Pandemie und nach Trennung von seiner Freundin geschrieben hat. Verlust und Entfremdung auf der einen, Hoffnung und Wiedererlangen der Kontrolle über sein eigenes Leben auf der anderen Seite. Noch eine weitere Schippe legen die drei Nordiren bei "Hallion" drauf. Treibende Gitarrenriffs, ein mitreißender Rhythmus und eine unbändige Spielfreude gehen direkt ins Ohr.
Und sonst so? Viel Mittelmaß bzw. eben nicht viel, an das man sich später nachhaltig erinnern würde. "Deadly love" kommt mit einem gewissen Wave/80s-Anstrich daher, während Stücke wie "Keep dreaming" und "Dehumanised" melodische Uptempo-Nummern sind, die an sich nicht verkehrt sind und Mitwippcharakter haben, die aber schneller aus den Gehörgängen verschwinden, als sie reingekommen sind. Gleiches gilt für den schunkelig-spacigen Rausschmeißer "Ad astra". Richtig schräg wird es eigentlich nur bei "Fun people", bei dem Graham Coxon von Blur mit polyrhythmischen Gitarrenriffs unterstützt. Klingt leider so, als wollte man um jeden Preis nicht wie Ash klingen. Die Rock'n'Roll-Coverversion des Calypso-Klassikers "Jump in the line" von Harry Belafonte ist in ihrem Ramones-Gewand auch nicht jedermanns Sache, aber geht zumindest voran. Wenngleich auch nicht bis ganz nach oben zu den Sternen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Which one do you want?
- Give me back my world
Tracklist
- Zarathustra
- Which one do you want?
- Fun people
- Give me back my world
- Hallion
- Deadly love
- My favourite ghost
- Jump in the line
- Keep dreaming
- Dehumanised
- Ghosting
- Ad astra
Im Forum kommentieren
jo
2025-11-02 11:36:58
Also, ich habe der Platte vielleicht auch etwas Unrecht getan. Gerade die erste Hälfte macht schon insgesamt viel Spaß. Für mich etwas stärker als die beiden zu routinierten Vorgänger.
HerrH.
2025-10-29 08:13:48
Meine natürlich die Hook bei "Deadly love" (-gegen die Stirn schlag-)
HerrH.
2025-10-29 07:53:00
Höre die aktuell sehr gerne nebenbei, freue mich zu Beginn schon auf die Klavier-Hook von "My favourite ghost" und die Señora bei "Jump in the line".
Wenn es Weezer nicht geben würde, hätte ich die seit den 90ern bestimmt mehr gehört und gemocht, aber Rivers ist und bleibt der Meister des Power-Pop!
Huhnmeister
2025-10-10 23:18:03
Dachte ja beim ersten zufälligen Hören während der ersten 30 Sekunden ganz kurz: „Was ist denn das? Etwa ein Smiths-Songs, den ich noch nicht kenne? Aber die Stimme ist doch nicht Morrissey. Aber wer dann? Den kennst du doch auch.“
MickHead
2025-10-10 23:07:05
Schönes Review von Marco Werner!
https://youtu.be/JBW2oSpqNgk?si=xuXLmeR_AqdgKEhA
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