Osees - Abomination revealed at last
DeathgodVÖ: 08.08.2025
Dreck reinigt den Magen
John Dwyer ist so ein Typ, der einfach nicht stillsitzen kann. Während andere Bands nach rund dreißig Jahren Karriere entweder auf den Altersheim-Modus umschalten oder Konzeptalben über den Klimawandel einspielen, bringt der Kalifornier unbeirrt ein Album nach dem anderen raus, als ginge es ums Überleben – und macht darüber hinaus auch noch jeden wahnsinnig, der seine Tonträger gerne alphabetisch ins Regal sortiert. Osees – oder Oh Sees, Thee Oh Sees, OCS, je nachdem, wann man gerade einsteigt – sind trotz des haarsträubenden Umbenennungswahns so etwas wie ein Beständigkeitsfaktor im Chaos der Garage-Szene. Egal, wie oft der Name auch gewechselt wurde: Laut war's immer irgendwie, seltsam sowieso. "Abomination revealed at last" fügt sich da nahtlos ein – und macht gleichzeitig einiges anders. Dwyer verzichtet diesmal weitgehend auf manche überdrehten Studio-Experimente, die in den letzten Jahren nicht immer nur fasziniert, sondern zuweilen auch ermüdet haben. Stattdessen: zwölf Songs in 35 Minuten. Kompakt, verdichtet, wie ein genau platzierter Handkantenhieb auf die Halsschlagader. Keine Balladen, kein verspieltes Intermezzo, kein "Lasst uns mal was mit Saxophon probieren". Nur Energie, Schmutz und leidenschaftliches "Gib-ihm".
Der Opener "Abomination" startet sofort mit einem atemlos stolpernden Hardcore-Metal-Punk-Hybriden, der mit schrill-atonalen Riffs und wüstem Gebrüll selbst gestandene Vertreter des Auf-die-Zwölf-Genres à la Hüsker Dü zu Kuscheltruppen degradiert. "Sneaker" wirft funky Bassläufe und kantige Gitarreneinwürfe so gekonnt zusammen, als hätten Devo und Pere Ubu beschlossen, gemeinsam im Proberaum ein paar Erfrischungen einzunehmen. Was durch den einen oder anderen verkürzten Takt sowie bizarre Synthie-Eskapaden in der Bridge noch zusätzlich Energie freisetzt. "God's guts" klingt wie eine Kreuzung aus Black Flag und Pixies, während "Infected chrome" wiederum den Horrorfilm-Moment der Platte repräsentiert – irgendwo zwischen Flipper und 45 Grave, gespenstisch und leicht trashig, im Niemandsland zwischen Sci-Fi-Soundtrack und Geisterbahn. Und Osees machen einfach weiter: "Ashes 2" schraubt die Gitarren noch eine Spur höher, während Dwyer klingt wie Wolfman Jack auf Speed. "Fight simulator" lässt Westcoast-Punk-Feuerwerke abbrennen, "Glitter shot" kippt Glam-Gothic-Attitüde in die Mixtur. Wer auf der Suche nach subtilen Zwischentönen ist, kann gleich weiterklicken – die Platte kennt definitiv nur den Vorwärtsgang.
Das Beeindruckende daran: Dwyer und seine wechselnden Mitstreiter wirken hier so frisch und lebendig wie lange nicht mehr. Nach über zwanzig Jahren und gefühlt hundert Alben ist "Abomination revealed at last" so nah am klassischen Punk-Ideal, wie es Osees (oder so) seit Ewigkeiten nicht mehr waren. Kein intellektuelles Konzept, kein verkopfter Überbau. Einfach laute, dreckige Songs, die alles mitreißen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Wer die Band schon mal gehört hat, weiß ziemlich genau, worauf er sich einlässt. Aber die Mischung aus roher Direktheit und ungebändigter Spielfreude macht "Abomination revealed at last" zu einem der besten und zugänglichsten Einstiege in die wundersame Welt von John Dwyer seit Jahren. Für Neulinge ein perfekter Ausgangspunkt, um sich seitwärts durch das Portfolio zu fräsen, und für Fans ein willkommenes Statement: Diese Band kann immer noch reiner Krach sein – und das auf eine ziemlich großartige Weise.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sneaker
- Glue
- Fight simulator
Tracklist
- Abomination
- Sneaker
- God's guts
- Infected chrome
- Glue
- Ashes 2
- Coffin wax
- Ashes 1
- Fight simulator
- Protection
- Glass window
- Glitter-shot
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Snail
2025-09-25 15:54:26
:) hab immer noch eine angeknackste Rippe vom Konzert im August ... freu mich auf das Album.
Armin
2025-09-24 21:06:10- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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