Nina Chuba - Ich lieb mich, ich lieb mich nicht

Jive / Sony
VÖ: 19.09.2025
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Buzzwords im Reverb

Dass Texte über Nina Chuba fast immer die Begriffe "Hype", "Gen Z", "Zeitgeist" oder irgendwas mit Generation anstreifen, ist Teil des Problems. Denn das ist zu schnell auserzählt, so wie auch ihr Sophomore-Album mit dem unangenehm-sperrigen Namen "Ich lieb mich, ich lieb mich nicht". Dass wir hier die volle Ladung "Nina" um die Ohren geschmissen kriegen, müsste der Kinderchor im Intro nicht mal so übermotiviert herausschreien, das Konzept drängelt sich auch so genug auf. Wie es der Titel suggeriert, dreht sich vieles um Selbstzweifel versus Selbstliebe; kann man zwar so machen, aber das allein als roter Faden ergibt noch kein ansprechendes Konzept. Dazwischen viel Pathos, Leichtigkeit, ganz viel mit Liebe sowie betonte Coolness. Dazu durchgängig diese vom Rap entlehnte Erhabenheit, die hier allerdings auf den Pop/Rock-Beats oder Ausflügen in die Welt der 80s-Synthies, Bossa Nova oder Dancehall-Arrangements nicht immer ins Bild passt. Da es Nina Katrin Kaiser hier jedoch erfolgreich gelingt, auf der Erfolgswelle von "Glas" bzw. "Wildberry Lillet" weiterzusurfen, kann sie künstlerisch momentan eh tun und lassen, was sie will – was sie auch exakt so selbst besingt.

Um fair zu bleiben: Die 26-Jährige hat natürlich was drauf, dazu einen brauchbaren Flow und eine noch bessere Stimme, die nur leider selten relativ clean klingt, wie teils bei "Wenn das Liebe ist" – einen Bezug zum Glashaus-Klassiker gibt es übrigens leider nicht oder überhaupt interessante Zeilen. Dafür halt schöne Vibes, die wiederum generell das Beste sind, was die Platte hergibt. Chuba und das Produktionsteam, unter anderem bestehend aus Aside, Flo August oder Borek, wissen sehr genau, wie man gewisse Stimmungen erzeugt, das ist nicht der Punkt. Es bleibt halt vieles erwartbar: So verkörpert "Ende" natürlich den obligatorischen Abgesang einer Beziehung, "Rage Girl" die textlich wie instrumental aufgedrehte Girlpower-Hymne oder "So lange her" einen melancholischeren Closer über Heimweh und die Zeit vor dem Fame. Und so hält ausgerechnet "Jung, dumm und frei" am wenigsten, was der Titel verspricht, denn es drängt sich einfach zu sehr auf, dass hier viel durchkalkuliert wurde – leider.

So richtig runde Momente bleiben meist aus; "Kilimanjaro" geht aber als sonnige Untermalung für Frischverliebte durch, wenn man vom cheesy Unterton mal absieht. Der wiederum nimmt bei "Überdosis" jedoch derart Überhand, dass sich hin und wieder die Frage stellt, ob diese ausufernden Klischees auf fast allen Songs der Platte hier auch zum Konzept gehören sollen. Dann wäre "Unsicher" zum Beispiel ein richtig interessanter Track, statt bloß eine Aneinanderreihung von Ich-Sätzen übers Jungsein auf diesmal dezent ernsteren Beats von Flo August. Und die Flamenco-Gitarre bei "Vergessen" – kein schlechter Song übrigens – taugt als vielversprechender Ansatz zu Kaisers durchaus ernstzunehmender Performance; nur fehlt nicht nur hier entweder ein fähiger Ghostwriter oder ihr selbst einfach noch die Fähigkeit für spannendes Songwriting. Es wäre zu abgedroschen, jetzt irgendwas von kurzer Aufmerksamkeitsspanne beim Zielpublikum und über Generation TikTok zu schreiben oder mit anderen einfallslosen Phrasen zu kommen – es geht um mehr. Für solch einen Superstar-Status hätte ein zweites Album schlichtweg mehr Substanz verdient.

(Maximilian Baran)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Kilimanjaro
  • Vergessen

Tracklist

  1. NINA
  2. Wenn das Liebe ist
  3. Jung, Dumm & Frei
  4. Jeeep
  5. RAGE GIRL
  6. Üderdosis
  7. Unsicher
  8. 3 Uhr Nachts
  9. Lululemonsqueezy
  10. Fucked Up (feat. makko)
  11. Malediven
  12. Mama Shoot
  13. Kilimanjaro
  14. Vergessen
  15. Ende
  16. Rückspiegel
  17. Fahr zur Hölle
  18. ILMILMN (Skit)
  19. So lange her
Gesamtspielzeit: 47:39 min

Im Forum kommentieren

KarlLiebknecht420

2025-11-04 09:49:14

Sehr gute Kritik von meinem Lieblingsautor hier!

Arne L.

2025-10-23 11:57:13

Hier sind auch noch mal ein paar Gedanken zum Thema Pop-Kritik von Jens Balzer, da kommen Juliane Liebert und Nina Chuba auch vor:

https://www.zeit.de/2025/45/kritik-taylor-swift-pop-rezension-journalismus?freebie=7f2a7347

Ochsensemmel

2025-10-16 02:54:39

Ist süß? Was ist das denn?

Mr Oh so

2025-10-16 02:50:41

Der Titel wurde ja in der Rezi kritisiert. Ich muss sagen, ich finde den richtig stark.

Arne L.

2025-10-15 17:55:56

Hab das Album gerade noch mal durchgehört und find's doch besser als nach dem ersten Eindruck. Vieles macht Spaß, ist süß und bei manchen Zeilen muss ich schmunzeln. Wäre wohl doch eher bei einer 6/10.

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