Baxter Dury - Allbarone

Heavenly / PIAS / Rough Trade
VÖ: 12.09.2025
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Zynisch hinter Glas

Baxter Dury sitzt am Tresen und schaut uns an, als wüsste er längst, wer wir sind. "Allbarone" ist ein nächtliches Gespräch, bei dem der Pegel steigt – aber keiner laut wird. Hätte er ein Ölgemälde als Cover seines neuen Albums zu wählen, es wäre Hoppers "Nighthawks": grelles Licht, müde Gesichter, jemand starrt ins Leere. Lakonisch elegant. "Allbarone" trägt genau diese Nacht in sich – und am Ende stehen auch wir vor der Glasscheibe ebendieser Bar, die noch geöffnet hat.

Dury, der Brite mit sonorem Bariton und lässigem British-Sprechgesang-Schick, kultiviert erneut die Mischung aus Ironie und Scharfsinn, die seine Texte so eigentümlich macht – und erstaunlich oft komisch. Ein Humor, trocken wie Gin, aber mit Nachhall. Wer so genau beobachtet, darf kurz grinsen, bevor er trifft. Die Themen sind urban: Einsamkeit, Existenzialismus, der Rausch des Nachtschwärmens. Dazu die typischen, tragenden Bassläufe – eine Konstante, die sich durch sein gesamtes Werk zieht.

Neu ist die Deutlichkeit, mit der "Allbarone" in Richtung Pop schwenkt. Verantwortlich zeichnet sich Paul Epworth, der die Platte zusammen mit dem Musiker in den Church Studios in Nordlondon produzierte und Durys Welt mit glänzenderem Besteck ausstattet, ohne ihr ihre knarzige Eigenheit zu nehmen. Epworth ist kein Unbekannter, im Gegenteil: Er war unter anderem an Adeles "Rolling in the deep" beteiligt, produzierte das stilprägende "Silent alarm" von Bloc Party und lieferte einen der besten Cee-Lo-Green-Remixe überhaupt ab – seine Version von "No one's gonna love you" (im Original von Band Of Horses) ist eine hymnische, beatgetriebene Miniatur, die zwischen Soul und Indie brennt und in Kombination mit dem dazugehörigen intensiven Musikvideo mitten ins Herz trifft. Diese Expertise lässt er nun auch in Durys Kosmos einfließen. Der Titel des Albums selbst spielt auf die britische Bar-Kette All Bar One an, von der es aktuell 56 Filialen gibt – standardisierte Orte der geselligen Vereinzelung, wie geschaffen für Durys Blick. Besonders deutlich wird die gesellschaftskritische Zuspitzung im siebten Track "Return of the sharpheads", in dem er ein scharf umrissenes Bild jener gesichtslosen Instagram-Masse zeichnet, die in genau solchen Bars zu beobachten ist. Der Text lässt keinen Zweifel an der Zielrichtung: "You're just a bunch of soul-fuckers / Who rate yourselves / You're just a bunch of soul-fuckers / In beige lapels / I'll sit back and admire / how much you hate yourself".

Die ersten drei Stücke setzen klar auf Elektronik. Danach wirkt vieles, als sei der Bass live eingespielt – oder glänzend programmiert. Gleiches gilt für das Schlagzeug in "Mockingjay": Mensch oder Maschine, egal – das Resultat groovt. "Alpha dog" lehnt sich an die Siebziger an; warme Analogsynths, darüber wie ein Kommentarband Durys Stimme. "The other me" huscht als kurze, filmische Vignette vorbei und weckt Assoziationen an Spionagestreifen der Sechziger-Jahre, gestützt durch den gezielten Einsatz von Bläsersamples, die das Bond-Flair noch verstärken. "Mockingjay" wiederum bezieht seine Energie aus der Verbindung zur Hauptfigur der "Die Tribute von Panem"-Reihe. Der Revoluzzer als Selbstinszenierung. Kritik an kapitalistischer Großinszenierung – gleichzeitig namensgebender Spotttölpel als Sinnbild Baxter Durys Selbst?

"Allbarone" lässt uns in dieser hell erleuchteten Nacht stehen. Musik für den Moment, in dem man von draußen durch die Scheibe schaut, sich selbst im Glas spiegelt; irgendwo im Bild sitzt Hopper, zeichnet die Skizze seiner nächsten Idee. Und wir? Sind kurz vorm Reingehen, kurz vorm Heimgehen.

(Jasmin Klemm)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Allbarone (feat. JGRREY)
  • Schadenfreude
  • Hapsburg
  • Return of the sharp heads

Tracklist

  1. Allbarone (feat. JGRREY)
  2. Schadenfreude
  3. Kubla Khan
  4. Alpha dog
  5. The other me
  6. Hapsburg
  7. Return of the sharp heads (feat. JGRREY)
  8. Mockingjay (feat. JGRREY)
  9. Mr W4
Gesamtspielzeit: 34:37 min

Im Forum kommentieren

Armin

2025-09-24 21:04:47- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

MickHead

2025-09-12 12:02:28

Gaesteliste.de: Platte der Woche

https://gaesteliste.de/2025/09/12/review/baxter-dury-allbarone/

MickHead

2025-09-12 09:24:18

Musikexpress 5/6

https://www.musikexpress.de/reviews/baxter-dury-allbarone/

Rolling Stone 4/5

https://www.musikexpress.de/reviews/baxter-dury-allbarone/

MickHead

2025-09-12 09:09:57

Jetzt komplett bei Bandcamp:

https://baxterdury.bandcamp.com/album/allbarone

MickHead

2025-09-09 20:27:02

Letzter Song vor dem Release "Mockingjay"

https://youtu.be/6X_4egp4ufM?si=nAmDOsyFzEuE0eHj

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