Dota - Springbrunnen

Kleingeldprinzessin / Broken Silence
VÖ: 27.06.2025

Ein Song reicht nicht

Im täglich erscheinenden Newsletter "Ein Song reicht" stellen prominente Personen ihre Lieblingssongs vor. Unter einer Bedingung: Das jeweils vorgestellte Lied muss von in Deutschland lebenden Musiker*innen stammen. Fußballerin Laura Freigang teilte hier etwa ihre Begeisterung für Levin Liams & OG Keemos "Bee Gees", Nichtseattle setzte "Denkmal" von Wir Sind Helden ein ebensolches. Olli Dittrich supportete den eigenen Sohn, Jonathan Henrich, und empfahl dessen Ballade "Golden child". Im Mai 2025 legte Autorin und Podcasterin Katharina Nocun den Leser*innen des Newsletters den Song "Die Funktionalisierer" ans Herz und begründete ihre Wahl in Thomas-Tuchel-Manier: "Und dazu singt sie noch so herrlich schön. Direkt schockverliebt gewesen." "Die Funktionalisierer" entstammt dem bereits 2006 veröffentlichten Album "Immer nur Rosinen" von Kleingeldprinzessin, wie sich Dota damals noch nannte. Es ist gar nicht so einfach, den Output der Sängerin Dorothea Kehr zu überblicken, da sie bereits in verschiedenen Formationen unterwegs war. Aktuell veröffentlicht die gebürtige Berlinerin mit ihrer Band unter dem Namen Dota. "Springbrunnen" ist, vier Jahre nach "Wir rufen dich, Galaktika", das siebte reguläre Studioalbum.

Im Springbrunnen will die Liedermacherin mit nackten Milliardären baden, wie man im gleichnamigen Song erfährt. Wem hier nicht unvermittelt ein durchgedrehter Südafrikaner durch den Kopf tanzt, für den besteht noch Hoffnung. Dass man diese sowieso niemals verlieren sollte, thematisiert "Alles glänzt / Die Hoffnung". In ihren Songs gelingt es der Sängerin, bleierne Alltagsmüdigkeit, Kapitalismus- und Gesellschaftskritik in leichte und humorvolle Bilder zu packen. Der erhobene Zeigefinger findet sich im Repertoire der 45-Jährigen nicht. Vielmehr nimmt sie ihre Hörer*innen liebevoll an die Hand und zeigt ganz sanft und behutsam auf die vielen Missstände und haarsträubenden Kuriositäten unserer Gegenwart. Wer sich bei YouTube-Hypes und TikTok-Trends regelmäßig denkt "Das ist ja gar nicht mal so geil", der findet sich im zappeligen "Ein gutes Buch" wieder. Neben der oberflächlichen Social-Media-Welt hadern Dota mit Greenwashing und bildungsbürgerlicher Gemütlichkeit. "Wenn Dir das reicht" stellt mit klugem Humor die Frage, was eigentlich aus der Rebellion geworden ist: "In der Chefetage ein paar Frauen und die Werbung schön divers / Immer auf Symbole schauen, als ob das schon ein Umsturz wär."

Weniger direkt und deutlich poetischer ist der Song "Die andere Seite", für den Dota einen Text des Berliner Liedermachers Manfred Mauerbrecher neu interpretieren. Die Band musiziert hier verspielt tänzelnd, mit Hammondorgel und Piano. Bei "Alle sind zurück in der Stadt" dominieren knallige Bläser, "Das wogende Meer" dagegen ist melancholischer Indiepop. Der Song beschreibt die Orientierungslosigkeit am Ende einer Liebesbeziehung. Auch bei "Ich und er" beweisen Dota, dass ein Liebeslied völlig kitschbefreit berühren kann: "Ich hab meine gebrochenen Arme um ihn gelegt / Und halt ihn, weil mein gebrochenes Herz zur Zeit für ihn schlägt." Im Juni 2025 wurde Frontfrau Dota Kehr die Ehre zuteil, ein weiteres Mal bei "Ein Song reicht" Erwähnung zu finden. Der Regisseur Martin Groß empfahl ihren Protestsong "Keine Zeit". Ein Song reicht von dieser tollen Künstlerin also ganz offensichtlich ganz und gar nicht.

(Andreas Rodach)

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