Murder By Death - Egg & dart

Murder By Death / Many Hats
VÖ: 13.06.2025
Unsere Bewertung: 9/10
9/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Gehen, wenn's am schönsten ist

Ciao, tschüss und auf Wiedersehen! Man kann sich auf hunderte Arten verabschieden. Manche Verabschiedungen sind witzig und für den Moment gemeint, wie ein boomerhaftes "bis Tschüsseldorf". Manche sind zwischen Tür und Angel ins Großraumbüro geworfen. Und manche schmerzen ganz, ganz doll, weil sie eventuell für immer sind. Murder By Death machen Schluss und sagen auf ihrem zehnten Studioalbum in elf Songs "goodbye", "farewell" und "so long". Und das ist wunderschön und schmerzt gleichzeitig ganz, ganz arg.

Wer sie bis heute noch nicht kennt, dem sei die Rockband aus Bloomington, Indiana, fix so erklärt: staubige Geschichten aus den ländlichen Gegenden der USA. Rasierklingen, Grenzgänger, düstere Wolken und Tod. Aber eben auch: ganz viel Herz und eine sehr humorvolle Band außerhalb der Musik. Dazu die Stimme von Sänger Adam Turla, die selbst den härtesten Hartkäse in Stücke raspeln könnte, und das mystische Cello seiner Partnerin Sarah Balliet. Für "Egg & dart" spielen die Musiker*innen dasselbe Lied noch mal und verabschieden sich auf einem Höhepunkt. Da ist zum Beispiel die Ballade "Sorry", die durch Cello und Saloon-Piano den gleichen Effekt erzeugt, als würde man einen Sack Zwiebeln schneiden. Die Liebe ist da, doch sie reicht nicht aus und bricht das Herz mit den Worten: "It has come our time to part, for I can only give you half my heart / To carry on would be unkind / I love you, I'm sorry, and goodbye." In "So long" ist dieses Herz dann schwer wie eine Kugelhantel: "Why is it so hard this time?"

Die Single "Wandering" wiederum ist eine direkte Ode an die Fans. Sie ist ein gefühlter Meridian aller Versionen von Murder By Death und wird auf der Abschiedstour ein Schunkelmoment sein, bevor Turla im letzten Drittel seine Stimme hebt und sicher das ganze Publikum mit einstimmt. Aber es gibt auch beschwipste Augenblicke, wie das schwungvolle "Lose you", das mit einem tanzenden Synthie überrascht. Und natürlich erzählt die Band auch wieder geisterhafte Geschichten, wie in "No matter now". Irgendeine Seele muss auf einem Album von Murder By Death immer mindestens verloren gehen oder gleich ums Überleben kämpfen. Das dramatische Outro des Songs spannt fast den Bogen zum ersten Album "Who will survive, and what will be left of them?". Dieser Backkatalog – ein Fest!

"Letter to the editor" sagt zu einer sehr speziellen Sache auf Wiedersehen und schreibt einen Brief an die Zeitung, die man nie wieder lesen wird. Ein kurioser Höhepunkt im Schaffen der Band. "If" gibt sich noch mal leise und verkündet: "If I loved you, I don't now / Somewhere a line was crossed somehow / So I put those feelings way up on the shelf / At least that's what I tell myself." Ein klassischer Fall von Verleugnung und ein weiterer Stich ins Herz, wenn Turla all seine Gefühle in seine Stimme presst, die seit über 20 Jahren keinen Deut gealtert scheint – weil sie eben eh schon immer alt und weitgereist klang. Aber die Reise geht nun zu Ende. Der finale Song "Black velvet cloak" schwingt sich aufs Pferd, reitet ein letztes Mal episch in den Sonnenuntergang und wird mit fast sechseinhalb Minuten zur großen Geste. Ein letzter Seelenvulkanausbruch von Turla, und Balliet darf noch mal ihr herausragendes Können am Cello zeigen. Man zieht den Hut, wischt sich die Tränen aus dem lächelnden Gesicht und hofft, dass das Loch, das die Band hinterlässt, mit der Zeit kleiner wird.

(Arne Lehrke)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sorry
  • Lose you
  • If
  • Black velvet cloak

Tracklist

  1. Searcher
  2. Believe
  3. Wandering
  4. Sorry
  5. Ick
  6. Letter to the editor
  7. Lose you
  8. So long
  9. No matter now
  10. If
  11. Black velvet cloak
Gesamtspielzeit: 45:02 min

Im Forum kommentieren

Gomes21

2025-06-19 14:20:07

„who will survive and what’s left of them“ ist auch ne tolle platte, ich muss mal wieder ein bisschen hören

Kontermutter

2025-06-19 13:55:20

Vielleicht bin ich auch ein bisschen langsam heute, mag sein. ^^

The MACHINA of God

2025-06-19 13:50:17

@Kontermutter:
Ok, ich dachte wirklich, der Witz wäre sowas von offensichtlich, aber scheinbar nicht.

Klaus

2025-06-19 13:36:02

Einen besseren Song als den Closer kann man zum Abschluss kaum bringen.

Kontermutter

2025-06-19 13:35:02

"In bocca al lupo" ("Im Zweifel für den Wolf")

Das ist nicht ganz richtig.
"bocca" ist der Mund.
"In den Mund des Wolfes gehen" ist hierzulande quasi "Hals- und Beinbruch!" - etwas Waghalsiges machen.

Ontopic: Gott, hab ich Bock darauf!

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum