The Young Gods - Appear disappear

Two Gentlemen / Rough Trade
VÖ: 13.06.2025
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Kein Verstecken

2025 feiern The Young Gods einen runden Geburtstag. 40 Jahre sind sie nun schon dabei – so lange, dass die Redewendung "wie die jungen Götter" tatsächlich auf sie gemünzt sein könnte. Tatsächlich sind die Schweizer in bestimmten Kreisen hoch angesehen: So manche Koryphäe wie David Bowie, Mike Patton oder Trent Reznor zollte ihnen schon Respekt. Viel kann passieren in so einem Zeitverlauf und viel ist auch passiert beim Trio. Die Anzahl ihrer Alben und Projekte ist kaum zählbar, und für die Schubladen, in denen sie sich bereits bewegten, braucht es keine einzelnen Schränke, sondern ganze Wände davon. Sehr lange galten sie auch als die beste Rockband, die ohne Gitarren auskam, denn tatsächlich basiert ein guter Teil des Werkes auf Schlagzeugspiel und dem Einsatz von Samplern, die allerlei Instrumente täuschend echt abbildeten. Dazu singt seit Franz Treichler von jeher in seiner ganz eigenen, mal rauen, mal markant-ruhigen Art.

Zum Jubiläum nun das neue Werk "Appear disappear". Nach dem doch eher einen Kunstaspekt bedienenden "The Young Gods play Terry Riley in C" von 2022 bilden die zehn neuen Tracks ein reguläres Album, in dem die mittlerweile über 60-Jährigen um einiges jünger klingen. Zum Zerreißen gespannte und angerissene Saiten präsentiert direkt der titelgebende Opener, in nur knapp drei Minuten rumpeln die Schweizer recht zackig voran. Der Industrial der 1980er-Jahre, mitgelebt und -geprägt von diesen Herren, erhält hier eine Auffrischung. Abgelöst von einem Tribal-artigen Drumming, das "Systemized" eröffnet – dazu verkündet Treichler: "I'm not the enemy, I just feel like – systemized." Irgendwo steckt ihnen auch nach so vielen Jahren noch etwas Rebellion in den Knochen. Und anno 2025 heißt das auch, sich gegen die Technik beziehungsweise deren Fehlgebrauch aufzulehnen.

"Blue me away" ist nicht nur ein cleveres Wortspiel, sondern gerät zwischen explosiven Ausbrüchen zu einem melodiösen, feinen Rocksong, der in "Hey amour" – natürlich auf Französisch – in die Phase des Albums überleitet, in der der hypnotische Jam-Charakter der Aufnahmen deutlich zutagetritt. Thema Technik: Sie kann auch nützen, wie der Inhalt von "Blackwater" zeigt, welcher einer Aktivistin gewidmet ist, die in Echtzeit Polizeibewegungen in Hongkong während der dortigen Proteste aufzeigte. Eine besondere Stimmung hingegen beschwört "Intertidal", das wunderschön psychedelisch vor sich hinwabert, ehe "Mes yeux de tous" wieder die brachiale Industrial-Keule auspackt. Seine volle Größe entfaltet "Appear disappear" insbesondere zum Ende hin: Der groovende Basslauf von "Shine that drone" sucht seinesgleichen, zu Treichlers wie immer klarem Sprechgesang sägt sich dieses bedrohliche Grollen durch knapp sieben Minuten und gibt nur kurzzeitig einmal die Aufmerksamkeit an die lärmigen Zwischenspiele ab. Atmosphärisch unruhig wird es noch einmal in "Off the radar", welches in allerlei Elektronikspielereien feine Beats um die letzten Zeilen Treichlers an seine 2023 verstorbene Frau Helen versammelt. Ihr sind einige Texte dieses meisterhaften Spätwerks gewidmet, mit dem sich The Young Gods nun wirklich nicht verstecken müssen.

(Klaus Porst)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Blackwater
  • Shine that drone
  • Off the radar

Tracklist

  1. Appear disappear
  2. Systemized
  3. Blue me away
  4. Hey amour
  5. Blackwater
  6. Tu en ami du temps
  7. Intertidal
  8. Mes yeux de tous
  9. Shine that drone
  10. Off the radar
Gesamtspielzeit: 44:07 min

Im Forum kommentieren

JohnWesley

2025-06-28 14:52:43

Dieses Album gefällt mir deutlich besser als
"Data Mirage Tangram".
Ich hatte bei Erscheinen eine mp3-Version bei iTunes gekauft, leider mit fehlerhaften Dateien. Nach zirka 2 Minuten werden alle Songs unterbrochen und scheinbar von Anfang an wiederholt.
Bis heute gibt es offenbar keinen Austausch dieser kaputten Dateien. Hat jemand eine ähnliche Erfahrung gemacht und/oder weiss vielleicht sogar ob diese Schäden ganz aktuell behoben wurden?
Bei iTunes stellt man sich dumm und verweist auf den externen Anbieter.

Klaus

2025-06-25 14:40:00

Sehe gerade, dass sie am 16.11. auch in Berlin spielen. Wird überlegt, hätt Bock, aber ist die gefährliche Zeit, wo noch was anderes wichtigeres genau an dem Datum in den Weg kommen könnte.

Leneah

2025-06-24 19:03:55

Ihr neues Album ist wieder deutlich härter und erinnert mich teilweise an "L'eau Rouge" oder "T.V. Sky". Sie haben einen eigenen Sound geschaffen, den sie über die Jahre variieren. Sie beeinflussten damit Bands verschiedener musikalischer Richtungen.
Ich freue mich auf ihre Tour im Herbst.

vincent92

2025-06-21 19:49:31

Stimmt. Danke für die Korrektur :-)

Deaf

2025-06-21 18:45:05

40, nicht 25.

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