Jeremias - Trust

Vertigo / Universal
VÖ: 30.05.2025
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Kontrolle ist besser?

Mpffrrrnschlhwwt. Huch, hat der Autor etwa einen Schlaganfall und ist auf die Tastatur gestürzt? Nein, aber danke der Nachfrage. Stattdessen ist das eine ungefähre Wiedergabe des Geräusches, das ein nuschelig durch die zusammengepressten Kauleisten singender Deutschpopmusiker macht. Ein weitverbreitetes Phänomen, und Jeramias-Sänger Jeremias Heimbach ist leider auch hier und dort davon betroffen. Zum Glück nicht permanent, und manchmal stört es auch gar nicht.

Die vier Hannoveraner sind eine dieser Bands, die gerne von jungen Menschen angehimmelt und von alten Kritikern verdammt werden. Angriffsflächen gibt es genug: diese befindlichkeitsfixierten Texte, der alltags- und spülmaschinentaugliche Allerweltspop und eben dieses gelegentliche Genuschel. Außerdem sieht diese, nun ja, Indie-Boyband einfach viel zu gut aus. Geht ja gar nicht. Einen veritablen Shitstorm hatten Jeremias im letzten Jahr auch noch auszuhalten. Das Thema – mutmaßlicher Machtmissbrauch durch einen Fotografen aus dem Bandumfeld – wollen wir hier nicht ebenso wenig vertiefen wie die Band auf "Trust". Und in dieser Hinsicht führt der Titel des dritten Albums etwas in die Irre.

Ansonsten haben sich Jeremias wohl zu Herzen genommen, dass der Vorgänger "Von Wind und Anonymität" von einigen als an manchen Stellen zu aufgebläht und mit zu viel Füllmaterial beladen empfunden wurde, was die im Kern guten Songs behinderte. "Trust" macht es wieder mehr wie das Debüt "Golden hour" – eine kompakte halbe Stunde und fertig. Eigentlich sogar fast zu kurz geraten, denn das alberne Intro "This is" und das kurze spanische Outro "Mamita" sind komplett überflüssig. Die zehn Songs dazwischen bieten dann aber doch viel Hörenswertes. Das unaufgeregte, wenig plakative Songwriting kommt an und kann sogar berühren, und eingängige Melodien beherrschen Jeremias besser als viele Artverwandte.

Da ist natürlich der melancholische Hit "Meer": viele Millionen Streams, Platz 4 in den Charts und ein weltumarmender Refrain zwischen AnnenMayKantereit und Coldplay. Daneben stehen weitere Songs mit ähnlichem Potenzial. Ein Stück wie das intensive und endlich mal druckvoll nach vorne rockende "Ein Mensch" steht der Band sehr gut. Gerne mehr davon! Der Titelsong überrascht mit Funk, "Reich" groovt mit lässiger Bassline gegen den zwischen Poesie und Mimimi schwankenden Text an. Dem dynamisch trommelnden "Sag mir was ich nicht weiß" fehlt es außer an Interpunktion an wenig, und "Ein Vogel" ist von Heimbach herausragend gesungen. Auch das elektronisch pumpende "Luna" beweist die vielfältigen Talente dieser Band. An anderer Stelle plätschert "Trust" etwas dahin, aber da steckt noch ein richtig großes Album in Jeremias. Wir werden das weiter beobachten, vertraut uns.

(Thomas Bästlein)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Meer
  • Ein Vogel
  • Ein Mensch

Tracklist

  1. This is
  2. Trust
  3. Sag mir was ich nicht weiß
  4. Pillen
  5. Meer
  6. Reich
  7. Ein Vogel
  8. Ein Mensch
  9. Luna
  10. Vorbei
  11. Fallen
  12. Mamita
Gesamtspielzeit: 30:33 min

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Armin

2025-06-19 09:33:38- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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