Addison Rae - Addison

Columbia / Sony
VÖ: 06.06.2025
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Rae of light

"Tell me who I am", fordert Addison Rae gleich zu Beginn des mitreißenden Glitzer-Synth-Bangers "Fame is a gun". Ok, wir versuchen es mal. Addison Rae Easterling wurde im Oktober 2000 in Louisiana geboren und verdiente sich die schwammig-unschmeichelhafte Wikipedia-Schublade "American media personality", indem sie 2019 die weltweit fünfmeisten Follower*innen auf TikTok versammelte. Zwei Jahre später folgte ihr erster Vorstoß in die Musikwelt mit der gnadenlos verrissenen Single "Obsessed". Nun, noch einmal vier Jahre später, hat sich der Wind komplett gedreht. Rae erhielt durch ihr Mitwirken am "Von Dutch"-Remix ihrer Freundin Charli XCX nicht nur schon den Ritterschlag, bevor der "Brat"-Summer überhaupt losging, die Vorbotinnen ihres eigenen Debüts "Addison" schlugen im Nachgang selbst hohe Wellen – und das völlig zu Recht. Jene Platte ist nämlich ein geschmackvolles, stilsicheres und nie zu plattes Pop-Album, das seine Referenzen offen zur Schau stellt und gerade deshalb unheimlich viel Spaß bereitet.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass es Rae bei der Auswahl ihrer Vorbilder nicht unter "Pop-Speerspitze der letzten 30 Jahre" macht. So klingt die erste Single "Diet Pepsi" etwa so, als wäre Lana Del Rey zu "Born to die"-Zeiten kurz in einem Pastellteich abgetaucht. "Summer forever" formuliert diesen Vibe weiter aus, rührt so lange im Dauerfalsett in seiner Nostalgie, bis sich der gelb-orangene Schleier von selbst über die Augen legt. Die Farbassoziationen sind kein Zufall, schließlich legt Rae in Stand- und Bewegtbild großen Wert auf eine ästhetisch kohärente visuelle Präsentation. "Addison" ist in diesem Sinne ein Gesamtkunstwerk, das von vornherein gar nicht erst versucht, das Artifizielle des Pop zu verstecken. Nicht, dass persönliche Details nicht auch von selbst mal ins Tageslicht dringen. "Wish my mom and dad could've been in love / Guess some things aren't meant to last forever", heißt es etwa in "Headphones on", einem wunderbaren Stück Streicher-unterstützten Trip-Hops, das die Platte tiefenentspannt abschließt.

Den hier angedeuteten "Ray of light"-Sound beherrscht Rae ebenso mit Leichtigkeit, was vor allem "Aquamarine" mit Spoken-Word-Strophen und Trance-Groove unter Beweis stellt. "The world is my oyster, and I'm the only girl", erklärt sie hier selbstbewusst, doch in "Times like these" brechen sich Zweifel Bahn: "Am I too young to be this mad? / Am I too old to blame my dad?" Das ist atmosphärisch gar nicht so weit von FKA Twigs' "Eusexua" entfernt, das ebenfalls eine huldigende Brücke zu den späten Neunzigern und frühen Nullerjahren schlug. Passenderweise erinnert "High fashion" wiederum an die unterkühlten Art-Pop-Fragmente, die Taliah Barnett zu Beginn ihrer Karriere verspachtelte. "Addison" mag durch Produktions- und Songwriting-Beteiligung von Elvira Anderfjärd und Luka KIoser eng mit der Max-Martin-Schule verbandelt sein, eine komplett glattgezogene Hook-Schleuder ist es aber wahrlich nicht.

Wenn man dem Album auf hohem Niveau etwas vorwerfen will, dann nur, dass es sein wirkungsvollstes Pulver bereits vor Release verschossen hat und die restlichen Tracks nicht an die überragende Qualität der Singles herankommen. Dennoch fügen sie Raes Palette noch ein paar spannende Schattierungen hinzu. Da pflügt "New York" gleich zu Beginn durch die Hyperpop-Disco, während "In the rain" sensiblen R'n'B als Schutzkokon spinnt: "Wearing a smile on my face for protection / Turning my tears into gold." "Money is everything" ist musikalisch nicht der Rede wert, bringt Raes Selbstverständnis aber noch einmal mit sich überschlagender Stimme auf den Punkt: "I wanna roll one with Lana / Get high with Gaga / And the girl I used to be is still the girl inside of me!" Nicht mehr lange und Easterling wird selbst diejenige sein, die im Namedropping ehemaliger TikTok-Stars auftaucht.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Diet Pepsi
  • Aquamarine
  • Fame is a gun
  • Headphones on

Tracklist

  1. New York
  2. Diet Pepsi
  3. Money is everything
  4. Aquamarine
  5. Lost & found
  6. High fashion
  7. Summer forever
  8. In the rain
  9. Fame is a gun
  10. Times like these
  11. Life's no fun through clear waters
  12. Headphones on
Gesamtspielzeit: 33:28 min

Im Forum kommentieren

Armin

2025-06-18 20:42:58

Nette Platte, mein Highlight ist "Money is everything", da ist schon ne Menge drin in diesen rund zwei Minuten. Fieser Ohrwurm auch.

Unangemeldeter

2025-06-18 14:10:28

Ich muss ja sagen, dass bei ihr meine alten Pop-Abwehrmechanismen schon besonders hart reinkicken - dieses TikTok-Ding, dieser unbedingte Wille das next Popstargirlie/It-Girl zu werden, dieses Product Placement, alles ganz schrecklich.

ABER, teils ist das schon wirklich herausragend und auch spannend produzierte Musik. Das ganze Album würde ich niemals schaffen, dazu geht mir der gehauchte Gesang viel zu schnell auf die Nerven, aber in kleinen Dosen ist das eigentlich genau die Musik die ich mir für Formatradios wünschen würde. Eingängig, aber nicht völlig Schema F, teils abseitige Ideen massentauglich verpackt - prima.

Absolut keine Lust hätte ich da aber auf ein Konzert, das kann doch eigentlich nur ein schreckliches Publikum sein, das hauptsächlich für den eigenen Social Media-Account dort ist. Aber viel Spaß und berichte mal, joseon, wir sehen uns zumindest bei Annahstasia. ;-)

joseon

2025-06-18 11:52:06

Werde morgen mein Glück im Pre-Sale versuchen. Das Album läuft hier täglich.

MickHead

2025-06-17 21:04:52

Tour 2025

Sun September 07 2025 - BERLIN Uber Eats Music Hall (Germany)
Mon September 08 2025 - COLOGNE Live Music Hall (Germany)

Hierkannmanparken

2025-06-14 17:09:08

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