The Ting Tings - Home
Wonderful / Townsend / BertusVÖ: 06.06.2025
Zu sich gefunden
"That's not my name" oder "Shut up and let me go": Hände hoch, wer bei diesen Hits aus dem Jahr 2008 nicht sofort mitsingen kann oder mithüpfen möchte. "We started nothing" enthielt schon ein paar rotzfreche Kracher. Doch anschließend klappte leider ... wenig. Ein zu verkrampftes zweites Album, dem ein Umzug nach Ibiza und eine vom dortigen Disco-Funk beeinflusste Platte folgte, die komplett floppte. Und dass es später noch ein viertes Album mit eigenwilligen Bassmusiktracks gab, ist sicher nicht nur dem Rezensenten komplett entgangen.
Und nun sind The Ting Tings in diesem Zeitalter der Comebacks wieder da und klingen plötzlich nach Fleetwood Mac? Was ist da los bei Katie White und Jules de Martino? Die beiden sind eben längst raus aus dem Riot-Grrrl-Alter, da hätte ein versuchter Aufguss des Debüts seltsam geklungen. Außerdem mag man ihnen den einen oder anderen musikalischen Fehlversuch ankreiden, wohl aber kaum, dass sie nicht immer wieder etwas Neues versucht hätten. Mittlerweile haben White und de Martino auch bestätigt, dass sie seit vielen Jahren ein glückliches Paar und seit ein paar Jahren Eltern einer Tochter sind, und all das führte eben "Home". Der Titel beschreibt es mit nur einem Wort treffend. So sehr in sich ruhte diese Band wohl noch nie.
Die beiden charakterisiert der Mut, sich komplett in eine Sache zu stürzen. Von Salford bei Manchester ins wilde Berlin zu ziehen, von dort in eine Finca auf Ibiza. Mit einem Trailer von L.A. aus für Spontangigs die Westküste herunterzufahren. Nach dem Ansehen einer YouTube-Aussteiger-Serie ein Boot zu kaufen, darauf zu leben – um dann festzustellen, dass Babystillen und permanentes Sichübergebenmüssen nicht direkt harmonieren. Nachzuhören in "Mind hunter", also die Bootsgeschichte, nicht das Übergeben. Dieses konsequente Ausprobieren zieht sich durch die Diskografie, nur dass es nun erstmals seit dem Debüt wieder funktioniert hat.
"Home" ist eine wunderbar warm klingende Platte zum Einkuscheln. Eine Offenheit für Sounds der 70er vorausgesetzt. Für Westcoast-Pop, Yacht-Rock, Dire Straits, The Eagles – und ganz vorn Fleetwood Mac. The Ting Tings klingen so weit weg von allem, was sie bisher gemacht haben, dass die Idee einer Veröffentlichung unter anderem Namen im Raum stand. Was soll’s? Ein paar Altfans mögen sich abwenden, neue werden dafür hinzukommen. Die Songperlen wie "Good people do bad things" genießen dürfen, das gleich zu Beginn die meisten "neuen" Elemente vereint. Vor allem die Harmoniegesänge – hier singt Katie den Großteil, während Jules nur im Hintergrund ergänzt, später bekommt er deutlich größere Anteile. Dazu die knopflereske Gitarre vom erfahrenen Studiomusiker Jo Webb, die mehrere Songs bereichert. Ein Saxofonsolo hier, ein anderer Gitarrengast da, ein Arrangeur für die Gesangsharmonien dort, den Rest erledigen White und de Martino selbst.
Wie das sich unwiderstehlich im Ohr verankernde "Dreaming". Oder den "Goodbye song", der neben einem herrlichen Moog-Moment neue Qualitäten im Storytelling zeigt. White singt vom Arbeiter Jonny, der Geld spart, um seinem eintönigen Leben zu entfliehen, dann steigt de Martino aus Jonnys Perspektive ein, das hat Klasse. Ab der Albummitte sind vielleicht ein, zwei der folkigeren Stücke nicht so spannend wie der Rest, aber meistens findet sich doch noch ein nettes Detail. Und das finale "Down" mit seinem Wechsel von Lagerfeuerromantik zu sanften Pink-Floyd-Anflügen ist nochmal ganz groß. The Ting Tings sind angekommen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Good people do bad things
- Dreaming
- Goodbye song
- Down
Tracklist
- Good people do bad things
- Dreaming
- Home
- Goodbye song
- Winning
- In my hand
- Song for Meadow
- Mind thunder
- Danced on the wire
- Down
Im Forum kommentieren
Grizzly Adams
2025-06-21 19:33:08
Zu sich gefunden, schreibt Thomas in der Rezi.mag sein. In jedem Fall komplett anders als das, was ich erwartet habe. Gerade läuft der insgesamt 4. Durchgang dieses Albums. Allein das ist für mich schon ein Merkmal, dass es so schlecht nicht sein kann. ;-) Referenzen sind tatsächlich Fleetwood Mac und Dire Straits. Und vermutlich mag ich es darum wirklich sehr. Ein absolut fluffiges Album, welches mit dem Debüt, das ich auch mag, so gar nichts mehr zu tun hat. Bin mit „Home“ sehr zufrieden. Ist definitiv auf meiner Liste der „Must hear“-Alben in 2025. und dabei eine schöne und sehr angenehme Überraschung.
Sick
2025-06-15 20:11:52
Also das ist jetzt so gar nicht inovativ. Aber für diese Band dann doch überraschend. Und die Songs sind trotzdem richtig gut. Ein schönes Sommeralbum. Gefällt sehr.
MickHead
2025-06-06 08:53:04
Komplette Playlist bei YouTube:
https://youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_mZKSbGzIOZgmFErPuBWMOg6TyvvRYjNeg&si=xd5-OxIdvP-WJSBu
Socko
2025-06-05 23:34:52
Mag.ich
Armin
2025-06-05 19:06:38
Das ist musikalisch eine ganz andere Band, ja.
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