
Kaleo - Mixed emotions
Atlantic / WarnerVÖ: 09.05.2025
Unlucky Luke
"Ich bin mir sicher: Da ist für jeden Geschmack was dabei." Nanu, sind wir (immer noch) beim ESC? Mitnichten: Obiger, flauer Komm-ich-heut-nicht-komm-ich-morgen-Ausspuch zum vierten Kaleo-Longplayer stammt vielmehr von Frontmann Jökull Júlíusson alias JJ Julius Son höchstselbst. Arges Understatement, denn auch wenn die 2016er-Single "Way down we go" immer noch im Formatradio rotiert, handelte es sich doch um einen schmerzerfüllten Swamp-Blues aus dem Herzen der Verdammnis. Runter kommen sie immer – die Hölle wartet schon. Als hätten die nur kurzzeitig populären Welshly Arms statt Kreide eine Schüppe Dreck gefressen und das Ausspucken vergessen. Ehrensache, dass die Isländer "Mixed emotions" in Nashville, Tennessee produzierten, wo auch schon Editors ihr vielleicht gitarrigstes Album "The weight of your love" aufgenommen hatten. Dabei ist Júlíussons Stimme in ruhigeren Momenten Tom Smiths Bariton nicht unähnlich – die einzige Gemeinsamkeit beider Bands. Bei Kaleo geht es nämlich deutlich staubiger zu.
Island hin oder her: Hier liegt weitaus mehr Wüstenritt in der Luft, als wenn Dasha ihren Ex volltrunken in "Austin" zurücklässt und sich Shaboozey in der Kaschemme mit den harten Sachen ganz "Tipsy" fühlt. Zumal es um mehr geht, sobald der rau gecroonte Opener "Bloodline" samt kernigem Twang und sattem Schlagzeug das eigene Existenzrecht inmitten einer kalten Welt festgezurrt hat. Etwa um Schulmassaker in den Vereinigten Staaten oder um die Nöte von Geflüchteten. Es gibt viel zu tun, wie schon das Gewaltopfer beklagende "USA Today" belegt, das sich verhalten anschleicht und anschließend die Brandherde eines gespaltenen Landes mit Stromgitarren-Schocks illustriert. Subtiler gibt sich "Run no more", das in Zeilen wie "When I rise from the dark / Your eyes they won't judge me no more" und feinsinnigen Licks Partei für Einwander*innen am Rande der Gesellschaft ergreift und im zornigen Finale alles mit Wucht vor die Wand schmeißt. Nicht der Gipfel aller sozialkritischer Auseinandersetzung, aber umso tiefer empfunden.
Wer sagt da also, das Gegenteil von gut sei gut gemeint? Auch nicht schlecht jedoch: die Songs, in denen Kaleo die (Western-)Rocker so breitbeinig raushängen lassen, als würden sie schon immer in Texas leben und nicht erst seit 2015. "Rock n roller" lehnt sich in rabiatem Gestus sogar etwas zu weit aus dem Fenster, spiegelt aber vielleicht auch die eisige Heimat Mosfellsbær: Kaleo rocken hart, trinken womöglich hart – sie sind einfach hart. Wie im Live-Favoriten "Back door", der wohlarrangiert vom massiven Shuffle in einen rasanten Stakkato-Brecher umschlägt. "Lonely cowboy" macht danach melancholisch auf Unlucky Luke – das meiste Pulver haben die Isländer zu diesem Zeitpunkt aber leider schon verschossen. Das hymnische "Legacy" würde immerhin einem gekippten Rag'n'Bone Man gut zu Gesicht stehen, und das Schlaflied "Sofðu unga ástin mín" in Muttersprache ist vermutlich nicht nur Kaleo an der Wiege gesungen worden. So gesehen behält Júlíusson Recht: Auf "Mixed emotions" ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Bloodline
- USA Today
- Back door
Tracklist
- Bloodline
- USA Today
- Rock n roller
- Run no more
- Back door
- Lonely cowboy
- The good die young
- Legacy
- Memoirs
- Sofðu unga ástin mín
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Armin
2025-05-21 19:56:25- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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