
Hawksley Workman - Lover / fighter
Polydor / UniversalVÖ: 08.03.2004
Preßwerk
Wenn Ihr irgendwo lest, Hawksley Workman sei "Kanadas Indie-Wunderkind", dann zieht bitte gekonnt die Augenbrauen hoch und schmunzelt wissend. Warum? Weil das hier Mainstream-Pop ist, dem man ohne Zögern "08/15" auf die Stirn malen darf. Könnt Ihr Euch vorstellen, wie es klingt, wenn Bono in der Schwangerschaftsgymnastik "Pressen!!!" übt und dabei eine mittelmäßige U2-Nummer aus den Achtzigern zum Besten gibt? Oder wie es sich anhört, wenn man zu einem Wort wie "away" noch das Echo singt, als wäre dieses die wichtigste Zeile des Songs? Da meint es jemand mit dem Leidenschaft-in-die-Stimme-Legen zu gut und schießt nicht selten derart über das Ziel hinaus, daß man schon fast versucht ist, den Tierschutzverein anzurufen. Dabei fängt die Platte doch mit einem vielversprechend lustigen "Fuck you!" an. Aber schon der Opener mißfällt mit plump stampfendem Bierzelt-Rhythmus. Holzhammerlyrische Zeilen wie "I’d write a letter home / but I don’t know where to send it" machen das Album nicht gerade besser. Und wenn man jetzt noch weiß, daß der Kanadier im Februar Reamonn supported hat...
A propos Kanadier: "Anger as beauty" legt den Gedanken nahe, Bryan Adams suche heimlich in seiner solide schallgedämpften Garage mal so ein richtig dreckiges Riff. Immer noch so harmlos wie ein Schoßhündchen mit Milchzähnen. Über "Gott, Frauen, Alkohol" singe er, kategorisiert der Herr Songschreiber, der eigentlich Ryan Corrigan heißt. Aber die inflationäre Verwendung des Wortes "Whisky" macht eben noch keinen Rock’n’Roll. "The future language of slaves" schleppt sich monoton über 6 Minuten. Puh. Das einzig halbwegs Unterhaltsame daran sind die an Meat Loaf gerierenden Vibrato-Vocals. "Smoke baby" klingt mit seinen Tanzbodenschwitzbeats nach einem der neueren George Michael-Songs. Dieser stilistische Tapetenwechsel wirkt nur leider nicht musikalisch vielseitig, sondern schlichtweg wie ein Kohlkopf im Tulpenbeet: fehl am Platze.
Und wie ein blindes Huhn, das auch mal ein Korn findet, pickt Herr Arbeitmann zumindest mit dem Hidden Track ins Schwarze: "Addicted" swingt jazzig à la "Hit the road, Jack". Und da steppt der Kerl auch noch! Der kann also doch mehr als belanglos drittklassige Massenware! Und hat ja auch alle Instrumente auf der Platte selbst eingespielt. So ganz ohne Berechtigung wird Hawksley Workman sicher nicht seit zehn Jahren Superstar in Kanada sein. Er liebt es angeblich, "Hits" zu schreiben. Dann sei ihm empfohlen, diese aber auch zu veröffentlichen. Und bitte nicht nur als Hidden Tracks.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Addicted (Hidden track)
Tracklist
- We will still need a song
- Even an ugly man
- Wonderful and sad
- Anger as beauty
- No reason to cry out your eyes (on the highway tonight)
- Tonight romanticize the automobile
- The future language of slaves
- Smoke baby
- Autumn’s here
- Addicted (Hidden track)
Referenzen
Spotify
Threads im Forum
- Hawksley Workman (6 Beiträge / Letzter am 27.04.2004 - 22:08 Uhr)