
Samia - Bloodless
Grand Jury / MembranVÖ: 25.04.2025
Die Zwischentöne
Irgendwann muss eben auch all das mal raus, was sich über Jahre so im Hintergrund ansammelt. Nicht immer angenehm? Mag sein. Wenn dann aber wie im Falle der amerikanischen Singer-Songwriterin Samia ein Erzeugnis wie "Bloodless" dabei herauskommt, zeigt sich erneut der Wert eines solchen Wagnisses. Die Ansage war im Vorfeld des dritten Studioalbums von Samia Najimy Finnerty klar: mehr zulassen von der Weirdness und und den schrägen musikalischen Versuchen, die immer mal wieder unter der Oberfläche blubberten. Ein durchaus wichtiger Schritt, waren doch die beiden Vorgänger "The baby" und "Honey" zwar beide für sich genommen gute Werke mit teils ergreifenden Geschichten – siedelten sich aber gleichermaßen auch recht komfortabel im von Phoebe Bridgers und Kolleginnen geprägten Indie-Folk-Kosmos der 2020er-Jahre an. "Bloodless" aber zelebriert nun äußerst erfolgreich den behutsamen, aber bestimmten Ausbruch.
Finnerty lässt auf ihrem dritten Studioalbum nämlich erfolgreich zuckersüße Folk-Momente und schräge, ausufernde Song-Eskapaden nahtlos koexistieren. Auf der einen Seite wären da etwa die beiden eröffnenden Tracks "Bovine excision" und "Hole in a frame" – ersteres gleitet mit "I wanna be untouchable" als Leitmotiv durch eine herrlich folkige, leicht angeweirdete Instrumentierung, verliert sich aber gleichzeitig auch nicht völlig im duseligen Midtempo. Da ist Drive, da ist Drang, da ist Dynamik. Letzteres Stück widmet sich in einem ähnlichen Klanggewand der Reminiszenz an einen Club in Tulsa, in dem einst Sid Vicious das besagte Loch in die Wand schlug – und reflektiert damit über den Clash zwischen Idealvorstellung und Realität der eigenen Persönlichkeit. Für die Heartland-Lagerfeuerromantik schickt sie derweil das verspielte, schunkelige "Fair game" ins Rennen. "Fair game / When I light up / It's a hot night / And I'm a sunbug."
Es ist jedoch die Kehrseite von "Bloodless", die hier für die größten Momente sorgt. "Lizard" gibt sich ausufernd und landet beinahe schon in Synth-Pop-Territorien – funktioniert dabei aber auch im Albumkontext ganz hervorragend und verliert sich nie im bewusst aufgedrehten Bombast der Drums und Instrumente: "It's a beautiful party / And it's not mine to ruin." Auch "Spine oil" gibt sich vollends der Freiheit hin und fliegt mit schwirrenden Synth-Passagen, echogetränkter Stimme und Lines wie "Do you wanna see the heavenly creature?" irgendwo ins schallende Nichts. Und das im besten Sinne. Den Schlusspunkt der klanglichen Katharsis bildet "Pants" – mehr als sechs Minuten, in denen Finnerty dann auch die letzten Wände und Windungen einreißt. Zerstreut, zerstückelt, aber ungemein mitreißend. Vielleicht auch eine Blaupause für neue Wege in der mittlerweile etwas gesättigten Indie-Singer-Songwriter-Bubble. "A little death goes a long way."
Highlights & Tracklist
Highlights
- Bovine excision
- Lizard
- Fair game
- Pants
Tracklist
- Biscuits intro
- Bovine excision
- Hole in a frame
- Lizard
- Dare
- Fair game
- Spine oil
- Craziest person
- Sacred
- Carousel
- Proof
- North poles
- Pants
Im Forum kommentieren
Ryker
2025-04-25 15:17:10
Was "Neues" aus der mittlerweile etwas gesättigten Indie-Singer-Songwriter-Bubble. Schneller vergessen, als man "belanglos" sagen kann.
Ganz lieb gemeinte 4/10.
MickHead
2025-04-25 10:07:47
Jetzt komplett bei Bandcamp:
https://samia.bandcamp.com/album/bloodless
Armin
2025-04-23 20:48:00- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
"Album der Woche"!
Meinungen?
MickHead
2025-04-22 21:45:42
Letzter Song vor dem Release "Carousel"
https://youtu.be/j9MBAHquVfc?si=fwMT0aQSr7x9OtZG
MickHead
2025-03-25 15:25:58
Zwei weitere Songs wurden heute geteilt:
"Hole In A Frame"
https://youtu.be/vNAle7PoiIQ?si=n3T__p4bjeTdROlZ
"Pants"
https://youtu.be/qdKwCQ3Gk4M?si=hW7GDoYyqMGR1AEj
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Referenzen
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