The Raveonettes - Pe'ahi II

Beat Dies
VÖ: 25.04.2025
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Krach unter Palmen

The Raveonettes wissen, wie sie ihre Fans überraschen. "Pe'ahi", ihr letztes Studioalbum mit eigenem Material – das von der Band selbst als "Anti-Album" bezeichnete "2016 atomized" zählen wir mal nicht –, erschien ohne Promo-Brimborium einen Tag nach der Ankündigung. Sein Nachfolger und zweiter Teil "Pe'ahi II" bekam etwas mehr Vorlaufzeit, doch dass dieses fast elf Jahre später veröffentlichte Sequel trotz eines zwischenzeitlichen Hiatus überhaupt existiert, ist alles andere als selbstverständlich. Noch mehr erstaunt, dass Sune Rose Wagner und Sharin Foo da weitermachen, wo sie mit dem ersten Teil aufhörten. "Pe'ahi II" führt dessen abrasive, raumfüllende Textur mit noisigen und elektronischen Elementen fort und gestaltet diese mit einer eindrucksvollen Verweigerung einfacher Songstrukturen. Das dänische Duo verpackt unheimlich viele Ideen und Hakenschläge in einer guten halben Stunde Spielzeit und macht damit klar, dass es sicher nicht für den schnellen Erfolg zurückgekehrt ist.

Das nach einem hawaiianischen Surf-Spot benannte "Pe'ahi" prägte ein trauriger Hintergrund, verarbeitete Wagner dort den plötzlichen Tod seines Vaters. Thematisch soll der zweite Teil daran anknüpfen und wieder von existenzialistischen Sehnsüchten, Leben, Tod und Verletzlichkeit erzählen. "When I rise on my wave / The moon shows her face / A lonely dot at sea / A lonely girl coming straight at me" – so lauten die einzigen Textzeilen der ersten Auskopplung "Blackest", gesungen als sphärische Ruhepole inmitten weiß rauschender Riffs und anderer scharfer Gitarrenbewegungen. Von einer Hitsingle ist dieser refrainlose, kaum zu greifende Song weit entfernt. Der Opener "Strange" präsentiert sich im Vergleich merklich zugänglicher, schwebt nach einem Intro mit Sixties-Pop-Schwung in den Dreampop-Himmel, bevor Synths und ein klickender Beat in der Schlussminute das Ruder übernehmen. In dieser Verknüpfung von Zärtlichkeit und akustischer Wucht liegt weiterhin eine der größten Stärken von The Raveonettes.

In diesem Sinne versinkt die Platte trotz ihrer Inhalte nie in der Tristesse, schließlich hat Wagner es schon in der Vergangenheit regelmäßig geschafft, persönliche Beschwernisse wie Nahtoderfahrungen und Depressionen in musikalische Aufbruchsstimmung und Abenteuerlust zu verpacken. "Dissonant" koppelt zwingende Melodien mit Metal-artigen Ausbrüchen und einem Ambient-nahen Instrumental-Part, aus dem andere Bands einen ganzen Track geformt hätten. Die zweite Single "Killer" singt, na klar, von der Liebe und treibt die Kontraste mit Staubsaugerverzerrung und wunderschönen Gesangslinien auf die Spitze, ehe in der zweiten Hälfte das initial noch von Streichern begleitete Piano spricht – eine Hinwendung zu klassischen Arrangements, die bereits der erste "Pe'ahi"-Teil stellenweise auffuhr. Und auch "Lucifer" hat trotz Stakkato-Attacken keine Höllenabfahrt im Sinn, sondern findet Erlösung in gleißenden Breakbeats.

Die unvorhersehbaren Richtungswechsel halten The Raveonettes nicht das ganze Album hinweg durch. Das wavige "Speed" brettert seinem Titel entsprechend straight nach vorne, während Wagner die charakteristischen Everly-Brothers-Harmonien mit seiner Kollegin Foo über Bord wirft und alleine den Lead-Gesang übernimmt. Ähnlich verhält es sich mit "Sunday school", das zudem in Relation zum sehr hohen Gesamtniveau ein wenig skizzenhaft wirkt. Der Closer "Ulrikke" wechselt allerdings wieder virtuos zwischen verschiedenen Aggregatszuständen, inklusive Ausflügen in die Industrial-Disco. "Man kann das Leben nur rückwärts verstehen, aber leben muss man es vorwärts", wusste schon Kierkegaard, was seine Landsleute offenkundig verinnerlicht haben und äußern, indem sie ihre künstlerische Identität mit hoher Weiterentwicklungsbereitschaft fortschreiben. Bei dieser Kreativität würde es sehr wundern, wenn "Pe'ahi III" nochmal elf Jahre auf sich warten lässt.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Strange
  • Dissonant
  • Killer

Tracklist

  1. Strange
  2. Blackest
  3. Dissonant
  4. Killer
  5. Lucifer
  6. Speed
  7. Sunday school
  8. Ulrikke
Gesamtspielzeit: 31:08 min

Im Forum kommentieren

Kojiro

2025-06-16 17:47:23

Ja, typischer Discogsmove. Vermutlich dachten einige, die würde ausschließlich auf Tour verkauft werden. Dachte ich anfangs ebenfalls. Aber schön, dass dann eine gewisse Stückzahl an Record Shops oder imusic ging.

fluppeaufex

2025-06-16 17:39:06

imusic hat immer noch Exemplare auf Lager falls noch Bedarf besteht.

Beim eintragen in meiner Discogssammlung habe ich gerede gesehen dass die LP teilweise für 100 Euro wegging?! Crazy!

Kojiro

2025-06-16 17:29:04

Schön, dass hier noch einige eine Vinyl abgreifen konnten. Frage mich, ob die wirklich nur 500 x gepresst wurde.

fluppeaufex

2025-06-16 17:27:53

LP ist heute gekommen. Sehr minimalistisch aber mit einem fantastischen Klang.

ijb

2025-06-12 13:56:59

imusic hat die vinyl version für 30 euro aktuell online.

Zwischenzeitlich schon wieder gestiegen auf 32€

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