
Messa - The spin
Metal Blade / SonyVÖ: 11.04.2025
Zwei Schritte vor und einen zurück
Ein Jahrzehnt ist die italienische Band Messa mittlerweile aktiv. Anlass, dies auch musikalisch zu würdigen und selbst ein Jahrzehnt weiterzuspringen: Während die bisherigen Werke stark von verschiedenen Genres der 1970er-Jahre beeinflusst waren, widmet sich das Quartett nun in sieben neuen Tracks der darauffolgenden Dekade der Musikkultur. Waren heftige Doom- und Stoner-Ausflüge bislang genauso ihr Metier wie Prog-Elemente, insbesondere im ausladenden Longplayer "Close", zieht "The spin" nun die Inspiration aus ganz anderen Untiefen. Passend dazu prescht das Quartett in der ersten Single "At races" gehörig nach vorn. Zwar hatte der Einstieg "Dark horse" auf dem Vorgänger eine ähnliche Dynamik, doch dieser neue Track ist von einem ganz anderen Groove durchzogen. Der Mix aus Gothic-Rock und Post-Punk, inspiriert von The Sisters Of Mercy bis Killing Joke, steht Messa wunderbar. Dazu gibt sich Sängerin Sara B. stimmlich variabel wie nie, erinnert nicht nur in diesem Song sehr an Siouxsie Sioux.
Den eigentlichen Einstieg in "The spin" gestalten sie sogar noch außergewöhnlicher mit düsterem Synthie-Wabern. Kurz darauf setzt ein feines Gitarrensoli ein, ehe Sara B. die ersten Zeilen intoniert, welche sich sehr als Ohrwurm andienen. Erst danach legt "Void meridian" richtig los und zeigt, warum die Italiener ihren Sound selbst "Scarlet Doom" nennen. Einen düsteren, an Boy Harsher erinnernden Synthie-Einschlag bringt auch "Fire on the roof" mit, das ansonsten im Refrain Classic Rock zitiert. Nach dieser Breitseite schleicht sich "Immolation" zunächst als zarte Ballade an, ehe es so unverschämt gniedelt, als wären die Haircrime-Zeiten einiger Acts nicht längst in irgendwelchen Mottenkisten verräumt. Klingt fies, ist aber leider geil.
Ein ganz anderes Kaliber ist jedoch "The dress". Verzichteten die vier im Gegensatz zur bisherigen Diskografie auf "The spin" bis hierhin auf Longtracks, errichten Messa nun in acht Minuten ein Denkmal. Ihr bisher wohl bester Song, der eingangs noch irgendwo zwischen elegischem Gesang und feinem Gothic Rock pendelt und das große Spektakel erst nach über vier Minuten beginnen lässt. Plötzlich dringt ein Trompetensolo von Gastmusiker Michele Tedesco durch, der Track wechselt in eine jazzige Atmosphäre, nur um das Publikum dann mit einer brutalen Wall Of Sound zu beschwören. Ihre Liebe zu Bohren & Der Club Of Gore, schon vor Jahren geäußert, ist hier deutlich hörbar.
Nach dem ungewöhnlichen Lo-Fi-Intro zu "Reveal", welches in einem recht zackigen Rocksong aufgeht, ist es erneut ein Longtrack, der "The spin" beschließt. Wiederum bestimmt ein Synthie-Intro die ersten Takte, welche Sara zunächst melancholisch begleitet, um sich dann ins immer dichter werdende Gemenge von "Thicker blood" zu stürzen. Ein stetiges Auf und Ab, ehe sich die vier in einen letzten, wahrlich überraschend großen Rausch spielen. Sara B.s trotz aller Variationen durchweg im Schönklang verweilende Stimme weicht einem markerschütternden Geschrei, welches sich im Moment, in dem man die Quelle dieser Urgewalt erkennt, auch schon wieder verflüchtigt. Mit diesem ein Ausrufezeichen setzenden Ende beschließen Messa ein Album, das nach dem fantastischen "Close" als nächste Großtat empfiehlt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Void meridian
- The dress
- Thicker blood
Tracklist
- Void meridian
- At races
- Fire on the roof
- Immolation
- The dress
- Reveal
- Thicker blood
Im Forum kommentieren
boneless
2025-05-10 15:10:15
Ich komme von diesem Album nicht weg. Das ist so wahnsinnig gut geworden, da finde ich kaum Worte für. Jeder Song bringt mir Gänsehaut und auch Stücke, die während der ersten Durchgänge noch eher unscheinbar daherkamen, entfalten sich mittlerweile unglaublich prächtig. Beispiel dafür: Immolation. Eine der besten Halbballaden, die es in den letzten Jahren zu hören gab. Wenn Sarah diesen so erhabenen Refrain singt, treibt mir das wahrlich die Tränen in die Augen. Oder Thicker Blood. Was für ein Abschluss! Ich muss gestehen, dass ich durchaus Respekt vor diesem Melancholie-Monstrum habe, irgendwie ist mir so viel Intenstität fast schon unheimlich. Und wie sich die Band in jenem Stück von einem göttlichen Part zum nächsten hangelt, ist nichts weniger als umwerfend. Gerade pflügt dieser herrlich fuzzige Mittelteil von Reveal durch meinen Gehörgang und ich bin erneut wieder fällig.
Es ist noch früh, aber ich bin mir fast sicher, dass ich hier schon mein Album des Jahres gefunden habe. Wer soll das toppen können?
boneless
2025-04-28 21:35:07
*ein My weniger spannend
boneless
2025-04-28 21:31:40
So, ich hab dann tatsächlich noch aufs Vinyl gewartet, was noch bei einem Freund dank Sammelbestellung zwischenlagerte.
Heute also Erstdurchgang... und es bestätigt sich, dass Messa eines der ganz wenigen aktuellen Paradebeispiele sind, welches beweist, dass man sich als Band stetig weiter entwickeln kann, ohne dabei an Authentizität einzubüßen oder auch nur einen Müh weniger spannend zu sein. Im Gegenteil: diese Band wird einfach immer besser. Im Grunde unfassbar, was die Italiener hier mal wieder an Qualität abliefern. War Close ein sehr gelungener Abstecher in psychedelische Gefilde, so watet The Spin mindestens knietief in den 80ern und inhaliert den guten alten Gothic Metal ebenso wie den klassischen Metal, sogar Post-Punk Einflüsse sind hörbar. Und trotzdem verleugnen Messa zu keinem Zeitpunkt ihre Doom-Wurzeln.
Zudem wird ihr Songwriting von Album zu Album ausgereifter, runder, schlüssiger. The Spin ist schlussendlich der finale Schritt weg von allen anderen Doom-Bands und hebt diese Band auf eine Ebene, die keine Gruppe aus diesem Bereich aktuell erklimmen kann. Und auch, wenn man gerade eine so in sich stimmige Band wie Messa nicht zerlegen möchte, komme ich doch nicht umhin, meine Begeisterung in zweierlei Hinsicht zu äußern:
1. Sara. Ich war schon beim Erstkontakt damals auf Belfry hin und weg, mittlerweile ist sie wahrscheinlich meine liebste Sängerin einer aktiven Band überhaupt. Diese Kraft, diese Klar- und Reinheit in ihrer Stimme treibt mir die Tränen in die Augen und Schauer über den Rücken. Quasi jeder Refrain auf The Spin hat Gänsehautpotential, wie Sara Melodien trägt und damit jede Komposition zusammenhält, ist einfach einzigartig. Und dabei wird es zu keinem Zeitpunkt pathetisch oder gar kitschig, sie transportiert große Emotionen ohne dabei ins Schmalzige zu kippen und bleibt stets erhaben und auch immer ein wenig unheil- und geheimnisvoll.
2. Alberto. Ich vermute mal stark, dass er der Kopf hinter den meisten Kompositionen ist, zudem prägt sein unglaublich beseeltes Spiel das musikalische Bild der Band seit ihrem Debüt. Und auch er wird mit jedem Album noch besser, variabler und beeindruckender. Die Gitarrenlinien, Riffs und Soli auf The Spin reißen ohne Ende mit und sind stets die feste Basis, auf der Sara ihren monumentalen Gesang stellen kann.
Und jetzt kann ich eine Tour zum Album kaum abwarten. Hoffentlich kommt da bald was...
nagolny
2025-04-18 00:27:19
Vor allem Moonhorse ist toll.
manfredson
2025-04-17 21:29:13
Hör echt mal das Debüt. Die waren ja ursprünglich das Projekt von Leif Edling (Candlemass) und das hört man da auch noch sehr. Eins meiner liebsten Metal-Alben überhaupt. Danach echt bei jedem Album immer wieder leichte Enttäuschung, aber das Debüt ist richtig magisch.
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