Destroyer - Dan's boogie

Merge / Cargo
VÖ: 28.03.2025
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Ball Pompös

Achtung-(-tung-ung), alle an(-an-an-)schnallen(-allen-allen), jetzt geht's loooOOOs, immerwieder (wieder-ieder-der) DABEISEIN, immerwieder SPAAAASSSSS!!! [PRÖÖÖÖÖÖÖT!!!!]

Sorry, das musste sein, denn es ist Zeit für ein bisschen Kirmes-Feeling. Die neun Tracks, die Zeremonienmeister Dan Bejar und Gefolgschaft auf "Dan's boogie" ins Rennen schicken, überbieten einander nämlich geradezu mit buntem Aberwitz, Pomp, Magie und Mystizismus. Ja, es erscheint nicht völlig unmöglich, dass Bejar die mannigfaltigen Inspirationen zu diesem Album im Rahmen einer Séance erworben hat, bei der unter anderem Harald Glööckler, Sergej Rachmaninow und David Bowie in intensiven Channeling-Prozessen um Mithilfe gebeten wurden. Was für ein Ritt durch Stile, Epochen, Klangwelten und Instrumentierungen! Doch der Reihe nach.

Es ist ja schon bekannt: Minimalismus stand bei Destroyer noch nie im Pflichtenheft, im Zweifelsfall wurde auch schon bei den Vorgängeralben lieber eine Schippe (beziehungsweise Instrumentalspur) draufgelegt als eine weggenommen. "Dan's boogie" macht da keine Ausnahme. Schon der Opener "The same thing as nothing at all" ist eine kleine Rock-Oper für sich: Eine halbe Minute lang fräst sich erst einmal ein hymnisches Synthie-Thema in die Ohren, dann folgen raffiniert-janusköpfige Melodien, die mal nach links, mal nach rechts abbiegen. Nach 63 Sekunden Auftritt Conferencier: Dan Bejar erklärt zunächst kurz im exaltierten Sprechgesang die Welt, um dann wenig später seine Gesangsflügel auszubreiten, während im Hintergrund Klavier-Arpeggien perlen wie kleine Bläschen im Champagnerglas. Je weiter der Song fortschreitet, desto bunter und vielschichtiger wird das Instrumentarium, ganz am Ende fliegen Synthiesounds kreuz und quer durchs Stereopanorama – und als der Song nach fünf Minuten abbricht, sitzt man bereits reichlich durchgeschallert im Fauteuil, obwohl der Spuk gerade erst begonnen hat.

Bis auf wenige Ausnahmen hält die Band nämlich im weiteren Verlauf das Leistungsversprechen des Openers ein und produziert eine knallbunte musikalische Achterbahnfahrt, bei der es aber eben keinen Kirmes-Techno, sondern Abseitiges, Mythisches und Sonderliches zu hören gibt – irgendwo im Bermudadreieck zwischen Mercury Rev, Prefab Sprout und Future Islands. Bemerkenswert dabei ist, wie unterschiedlich Bejar seine Stimme einsetzt: Mal klingt er wie Jonathan Donahue, mal wie Neil Tennant, zum Beispiel in "Hydroplaning off the edge to the world", und mal sogar fast wie Lou Reed. Und dann wären da noch die (wenigen) Songs, in denen Destroyer den Pfad des Kunterbunten verlassen. So zeigt sich "Bologna" mit seinen delaybetonten Dub-Reggae-Rhythmen und der Gastsängerin Simone Schmidt (Fiver) schön ätherisch-fließend. Und das achtminütige "Cataract time", das an starke Momente der Band The Sea And Cake erinnert, wartet mit reduziertem Schlagzeugspiel, Harfeneinsprengseln und schön bekifft-dösigen Saxofonsounds auf. Obwohl dieser Song stolze acht Minuten andauert, ist er keine Sekunde langweilig.

Solche Verschnaufpausen braucht man jedoch auch dringend, denn ansonsten wäre die über weite Strecken recht überkandidelte Produktion kaum zu verdauen. Es ist ein bisschen wie beim großen Brunch-Buffet: Destroyer laufen immer wieder Gefahr, sich Räucherlachs und Heringssalat, Buttercroissants und Nutella, Käse und Weintrauben auf ein- und denselben Teller zu laden. Am Ende machen sie es aber doch nicht, sondern kriegen immer wieder die Kurve. Was sich in jedem Fall lohnt: Man sollte sich Zeit nehmen für "Dan's boogie". Auch wenn es hier und da zunächst nach "zu viel des Guten" riecht, schälen sich beim wiederholten Konsum des Albums immer mehr kleine Perlen, magische Momente, gewitzte Ideen und raffinierte musikalische Hakenschläge heraus. Und am Ende bleibt die Erkenntnis: Ein Kirmesbesuch kann zwar anstrengend sein, macht aber schlicht und einfach verdammt viel Spaß.

(Jochen Reinecke)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The same thing as nothing at all
  • Dan's boogie
  • Bologna (feat. Fiver)
  • Cataract time

Tracklist

  1. The same thing as nothing at all
  2. Hydroplaning off the edge of the world
  3. The ignoramus of love
  4. Dan's boogie
  5. Bologna (feat. Fiver)
  6. I materialize
  7. Sun meet snow
  8. Cataract time
  9. Travel light
Gesamtspielzeit: 36:56 min

Im Forum kommentieren

Deaf

2025-04-23 20:21:04

18.11.2025 Aarau - Kiff

Sehr gut, wollte ich sowieso mal wieder live sehen.

MickHead

2025-04-23 20:00:12

Tour 2025

08.11.2025 Köln – Luxor
15.11.2025 Hamburg – Molotow
16.11.2025 Berlin – Lido
17.11.2025 München – Feierwerk

fakeboy

2025-04-02 11:26:00

Hmmm... Was überhöre ich? Oder ist mir Destroyer einfach verleidet? Mich spricht das Album bislang nicht besonders an... (ich mag Kaputt, Have We Met und v.a. Rubies sehr)

saihttam

2025-04-01 23:40:57

Erster Durchgang gefiel mir sehr.

Lichtgestalt

2025-03-28 17:33:07

Sehr gut.

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