
Destroyer - Dan's boogie
Merge / CargoVÖ: 28.03.2025
Ball Pompös
Achtung-(-tung-ung), alle an(-an-an-)schnallen(-allen-allen), jetzt geht's loooOOOs, immerwieder (wieder-ieder-der) DABEISEIN, immerwieder SPAAAASSSSS!!! [PRÖÖÖÖÖÖÖT!!!!]
Sorry, das musste sein, denn es ist Zeit für ein bisschen Kirmes-Feeling. Die neun Tracks, die Zeremonienmeister Dan Bejar und Gefolgschaft auf "Dan's boogie" ins Rennen schicken, überbieten einander nämlich geradezu mit buntem Aberwitz, Pomp, Magie und Mystizismus. Ja, es erscheint nicht völlig unmöglich, dass Bejar die mannigfaltigen Inspirationen zu diesem Album im Rahmen einer Séance erworben hat, bei der unter anderem Harald Glööckler, Sergej Rachmaninow und David Bowie in intensiven Channeling-Prozessen um Mithilfe gebeten wurden. Was für ein Ritt durch Stile, Epochen, Klangwelten und Instrumentierungen! Doch der Reihe nach.
Es ist ja schon bekannt: Minimalismus stand bei Destroyer noch nie im Pflichtenheft, im Zweifelsfall wurde auch schon bei den Vorgängeralben lieber eine Schippe (beziehungsweise Instrumentalspur) draufgelegt als eine weggenommen. "Dan's boogie" macht da keine Ausnahme. Schon der Opener "The same thing as nothing at all" ist eine kleine Rock-Oper für sich: Eine halbe Minute lang fräst sich erst einmal ein hymnisches Synthie-Thema in die Ohren, dann folgen raffiniert-janusköpfige Melodien, die mal nach links, mal nach rechts abbiegen. Nach 63 Sekunden Auftritt Conferencier: Dan Bejar erklärt zunächst kurz im exaltierten Sprechgesang die Welt, um dann wenig später seine Gesangsflügel auszubreiten, während im Hintergrund Klavier-Arpeggien perlen wie kleine Bläschen im Champagnerglas. Je weiter der Song fortschreitet, desto bunter und vielschichtiger wird das Instrumentarium, ganz am Ende fliegen Synthiesounds kreuz und quer durchs Stereopanorama – und als der Song nach fünf Minuten abbricht, sitzt man bereits reichlich durchgeschallert im Fauteuil, obwohl der Spuk gerade erst begonnen hat.
Bis auf wenige Ausnahmen hält die Band nämlich im weiteren Verlauf das Leistungsversprechen des Openers ein und produziert eine knallbunte musikalische Achterbahnfahrt, bei der es aber eben keinen Kirmes-Techno, sondern Abseitiges, Mythisches und Sonderliches zu hören gibt – irgendwo im Bermudadreieck zwischen Mercury Rev, Prefab Sprout und Future Islands. Bemerkenswert dabei ist, wie unterschiedlich Bejar seine Stimme einsetzt: Mal klingt er wie Jonathan Donahue, mal wie Neil Tennant, zum Beispiel in "Hydroplaning off the edge to the world", und mal sogar fast wie Lou Reed. Und dann wären da noch die (wenigen) Songs, in denen Destroyer den Pfad des Kunterbunten verlassen. So zeigt sich "Bologna" mit seinen delaybetonten Dub-Reggae-Rhythmen und der Gastsängerin Simone Schmidt (Fiver) schön ätherisch-fließend. Und das achtminütige "Cataract time", das an starke Momente der Band The Sea And Cake erinnert, wartet mit reduziertem Schlagzeugspiel, Harfeneinsprengseln und schön bekifft-dösigen Saxofonsounds auf. Obwohl dieser Song stolze acht Minuten andauert, ist er keine Sekunde langweilig.
Solche Verschnaufpausen braucht man jedoch auch dringend, denn ansonsten wäre die über weite Strecken recht überkandidelte Produktion kaum zu verdauen. Es ist ein bisschen wie beim großen Brunch-Buffet: Destroyer laufen immer wieder Gefahr, sich Räucherlachs und Heringssalat, Buttercroissants und Nutella, Käse und Weintrauben auf ein- und denselben Teller zu laden. Am Ende machen sie es aber doch nicht, sondern kriegen immer wieder die Kurve. Was sich in jedem Fall lohnt: Man sollte sich Zeit nehmen für "Dan's boogie". Auch wenn es hier und da zunächst nach "zu viel des Guten" riecht, schälen sich beim wiederholten Konsum des Albums immer mehr kleine Perlen, magische Momente, gewitzte Ideen und raffinierte musikalische Hakenschläge heraus. Und am Ende bleibt die Erkenntnis: Ein Kirmesbesuch kann zwar anstrengend sein, macht aber schlicht und einfach verdammt viel Spaß.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The same thing as nothing at all
- Dan's boogie
- Bologna (feat. Fiver)
- Cataract time
Tracklist
- The same thing as nothing at all
- Hydroplaning off the edge of the world
- The ignoramus of love
- Dan's boogie
- Bologna (feat. Fiver)
- I materialize
- Sun meet snow
- Cataract time
- Travel light
Im Forum kommentieren
Deaf
2025-04-23 20:21:04
18.11.2025 Aarau - Kiff
Sehr gut, wollte ich sowieso mal wieder live sehen.
MickHead
2025-04-23 20:00:12
Tour 2025
08.11.2025 Köln – Luxor
15.11.2025 Hamburg – Molotow
16.11.2025 Berlin – Lido
17.11.2025 München – Feierwerk
fakeboy
2025-04-02 11:26:00
Hmmm... Was überhöre ich? Oder ist mir Destroyer einfach verleidet? Mich spricht das Album bislang nicht besonders an... (ich mag Kaputt, Have We Met und v.a. Rubies sehr)
saihttam
2025-04-01 23:40:57
Erster Durchgang gefiel mir sehr.
Lichtgestalt
2025-03-28 17:33:07
Sehr gut.
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Destroyer - Dan's boogie (22 Beiträge / Letzter am 23.04.2025 - 20:21 Uhr)
- Destroyer - Poison season (26 Beiträge / Letzter am 02.04.2025 - 10:37 Uhr)
- Cassandra Jenkins - My light, my destroyer (29 Beiträge / Letzter am 14.11.2024 - 22:38 Uhr)
- Alana Yorke - Destroyer (3 Beiträge / Letzter am 20.05.2024 - 10:47 Uhr)
- Of Montreal - Hissing fauna, are you the destroyer? (65 Beiträge / Letzter am 17.03.2024 - 19:48 Uhr)
- Destroyer - Labyrinthitis (9 Beiträge / Letzter am 02.10.2022 - 18:30 Uhr)
- Destroyer - Have we met (10 Beiträge / Letzter am 02.03.2020 - 16:45 Uhr)
- TR/ST - The destroyer - 2 (3 Beiträge / Letzter am 08.11.2019 - 16:50 Uhr)
- Black Mountain - Destroyer (3 Beiträge / Letzter am 03.06.2019 - 11:43 Uhr)
- TR/ST - The destroyer-1 (2 Beiträge / Letzter am 11.04.2019 - 12:17 Uhr)
- Destroyer - Ken (17 Beiträge / Letzter am 14.11.2017 - 09:47 Uhr)
- Destroyer - Kaputt (85 Beiträge / Letzter am 03.07.2013 - 20:08 Uhr)
- Pig Destroyer - Book Burner (15 Beiträge / Letzter am 02.01.2013 - 17:44 Uhr)
- Suche: Ähnliche Alben wie Destroyers Kaputt? (4 Beiträge / Letzter am 13.08.2012 - 01:28 Uhr)
- Destroyer - Destroyer's rubies (45 Beiträge / Letzter am 25.05.2012 - 12:33 Uhr)
- Bester Song von Destroyer (4 Beiträge / Letzter am 09.05.2012 - 22:39 Uhr)
- Destroyer Favourite Tracks (1 Beiträge / Letzter am 09.07.2011 - 18:57 Uhr)
- Destroyer - Streethawk: A seduction (6 Beiträge / Letzter am 01.03.2011 - 07:39 Uhr)
- George Thorogood & The Destroyers (13 Beiträge / Letzter am 15.07.2009 - 02:53 Uhr)
- Pig Destroyer - Phantom limb (14 Beiträge / Letzter am 28.11.2008 - 07:34 Uhr)
- Destroyer - Trouble in dreams (6 Beiträge / Letzter am 18.04.2008 - 14:46 Uhr)
- The Meat Destroyer (1 Beiträge / Letzter am 24.08.2007 - 02:33 Uhr)
- Destroyer - Your blues (8 Beiträge / Letzter am 21.08.2006 - 16:46 Uhr)
- Zolof The Rock & Roll Destroyer (3 Beiträge / Letzter am 28.01.2006 - 19:54 Uhr)
- Low - The great destroyer (4 Beiträge / Letzter am 15.06.2005 - 11:49 Uhr)