Oklou - Choke enough

True Panther / Because / Universal
VÖ: 07.02.2025
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

In der Kürze

Nichts gegen die großartige Arbeit von Produzenten wie A. G. Cook oder Danny L Harle, aber sogenannter Hyperpop ist längst ausgelutscht. Der Zeitgeist zog sich ins Schlafzimmer zurück, mit LoFi-Samples und düsteren Synths, dort hat nun die Zeit von Hypnagogic Pop und Oklou begonnen. Diese war zuvor gut zehn Jahren lang ebenfalls als fantastische Produzentin ein Szenetipp, unter anderem durch erlesene Remix-Versionen für Caroline Polachek ("Door") oder Dua Lipa ("Fever"), jetzt feiert die Französin endlich ihr Solo-Debüt. Neben Cook und Harle war daran vor allem Co-Produzent Casey MQ in einem knapp zweieinhalbjährigen Entstehungsprozess beteiligt. Mit der Kalifornierin Underscores und SoundCloud-Rap-Schwergewicht Bladee aus Schweden bietet diese archaisch-melancholische Platte in Ihrer Kürze auch zwei starke Gastbeiträge, im Fokus steht jedoch Marylou Vanina Mayniel alias Oklou, von der nach dem 2020er-Tape "Galore" ein noch verworreneres, abstrakt-schönes Debütalbum sehnlichst erwartet wurde. Genau das ist "Choke enough" geworden: Die träumerischen Synths und durchweg himmlischen Vocals klingen wie eine Zukunftsvision, die zwar noch ungewohnt erscheint, aber von der man keine Angst haben muss.

Man kann allen Beteiligten nicht dankbar genug sein dafür, dass "Take me by the hand" Bladee wirken lässt wie zu seinen besten Zeiten. Am Ende bringt es der Mitbegründer der Drain Gang charmant auf den Punkt: "Mhm, only imperfection's enough." So auch hier, denn der Song lässt die verletzliche Melodik in Oklous zarter Stimme auf den pragmatischen Bladee-Flow treffen, was am Ende bezaubert wie ein ungleiches, aber ansehnliches Paar beim Händchenhalten. Tracks wie "Thank you for recording" und der Closer "Blade bird" überzeugen durch ihre introspektive und beruhigende Natur, generell verfällt das Album selten in Hektik und wenn, dann wie "Harvest sky" auf tanzbare, sogar noch elegantere Weise. Angenehm auch, dass der Titeltrack mit der längsten Spielzeit und dem besten, weil durchdachtesten Aufbau seiner Rolle vollends gerecht wird. Dadurch entsteht eine beinahe märchenhafte Mystik, an die sonst nur noch das leider nicht mal halb so lange "Plague dogs" heranreicht. Vermutlich ist auch dieser Effekt so gewollt, da der Song als Metapher für die kurzen Momente von erfülltem Freiheitsdrang im lähmenden Alltagsleben stehen soll – also wirklich etwas Besonderes, aber eben leicht vergänglich.

Klar, das alles hätte gern etwas länger sein dürfen und die Skits klingen zwar interessant, aber auch etwas skizzenhaft. Insgesamt jedoch zu wenig, um hier der Mystik und dem Zauber ernsthaft zu ruinieren. Allein der Opener "Endless" bietet mehr Liebe fürs Detail als ganze Alben von anderen Artists, während "ICT" bei zunehmendem Tempo mit Metaphern jongliert, als wären wir im Battle-Rap – bloß mit eskalierenden Synth-Arrangements und Elfengesang. Noch geheimnisvoller und mit jede Menge eingängiger Melodien kommt "Obvious" daher, dessen Deutung gar nicht mal so offensichtlich ist. Von Kritik an der modernen Konsumgesellschaft über einen Tagebucheintrag zu einem komischen Lover oder dem Abbau von Ressourcen bis hin zur Anti-Moral im Kapitalismus wäre jede Interpretation möglich. Solche Momente gibt es auf "Choke enough" trotz der für ein Debütalbum knapp gehaltenen Länge gefühlt endlos. Wird der Nachfolger noch etwas praller und ausführlicher, sieht die Zukunft für Oklou noch verheißungsvoller aus, doch eigentlich ist sie inzwischen viel mehr als ein Geheimtipp. Und bis diese Erkenntnis die breite Masse erreicht, können Hyperpop-Musikschaffende sich bei ihr weiterhin heimlich Inspiration holen.

(Maximilian Baran)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Obvious
  • Choke enough
  • Take me by the hand (feat. Bladee)
  • Plague dogs

Tracklist

  1. Endless
  2. Thank you for recording
  3. Family and friends
  4. Obvious
  5. ICT
  6. Choke enough
  7. (Emoji)
  8. Take me by the hand (feat. Bladee)
  9. Plague dogs
  10. Forces
  11. Harvest sky (feat. Underscores)
  12. Want to wanna come back
  13. Blade bird
Gesamtspielzeit: 35:44 min

Im Forum kommentieren

boneless

2025-03-04 21:21:47

*bei den Referenzen

boneless

2025-03-04 21:21:02

Hab ichs nur überlesen oder hat man in den Referenzen für das Album tatsächlich die offensichtlichste vergessen? Grimes ist ja wohl unüberhörbar Einfluss Nr. 1

boneless

2025-03-03 21:23:04

Hab das gerade entdeckt und find's auch ziemlich super, wüsste aber nicht, was daran "guilty" sein soll.

Ist ein persönliches Ding. Denn einen gewissen Kitsch-Faktor kann man dem Album schwer absprechen und sowas löst immer ein gewisses Unwohlsein in mir aus. :D Trotzdem geht das insgesamt schon gut rein. Schön auch, dass es hier rezensiert wurde.

Armin

2025-03-03 20:41:53- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

MickHead

2025-03-02 00:10:23

Jetzt komplett bei Bandcamp:

https://oklou.bandcamp.com/album/choke-enough

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